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Individualisierung von Filesharing-Mahnbescheiden

AG Frankfurt a.M., Urteil vom 30.10.2014, Az. 32 C 2305/14


Individualisierung von Filesharing-Mahnbescheiden

Das Amtsgericht Frankfurt am Main hat mit Urteil vom 30. Oktober 2014 entschieden, dass ein Mahnbescheid keine Auswirkungen auf die Verjährungshemmung hat, wenn der Bescheid zur Geltendmachung von Kosten- und Schadensersatzforderungen aufgrund eines Verstoßes gegen das Urheberrecht erstellt wird, wobei inhaltlich kein konkreter Bezug zu der streitgegenständlichen Handlung hergestellt wird. In dem vorliegenden Rechtsstreit wurde in dem Bescheid weder das Abmahnungsdatum noch das Datum der streitgegenständlichen Urheberrechtsverletzung angeführt. Darüber hinaus lag keine Übereinstimmung zwischen dem verwendeten Aktenzeichen sowie dem Zeichen des Abmahnschreibens vor. Das Gericht entschied daher, dass die Verjährung regulär nach drei Jahren eintritt. Auf Schadensersatzforderungen finde die zehnjährige Verjährungsfrist im Sinne von § 852 Abs.2 BGB keine Anwendung, wenn es der Sache um einen Filesharing-Verstoß geht.

Bei der Klägerin handelte es sich um die Inhaberin der ausschließlichen Verwertungs- und Nutzungsrechte an einem Filmwerk. Des Weiteren ist sie die Produzentin der deutschsprachigen synchronisieren Fassung. Am 26 Februar 2010 wurde der Film zum ersten Mal veröffentlicht. Mit ihrer Klage begehrte sie Zahlung einer Schadensersatzsumme sowie die Erstattung der angefallenen Abmahnungsgebühren. Am 27. Februar 2010 ermittelte eine durch sie beauftragte Firma, dass das streitgegenständliche Filmwerk über eine Internettauschbörse zum Herunterladen angeboten worden ist. Eine entsprechende Berechtigung lag dabei nicht vor. Mit Schreiben vom 21. Juli 2010, das die Klägerin über ihren Prozessbevollmächtigten erstellen ließ, forderte sie den Beklagten dazu auf, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben. Ferner wurde der Beklagte zur Zahlung einer angemessenen Schadensersatzsumme aufgefordert. Als Datum weist das Abmahnschreiben den 19. Juli 2010 auf. Dagegen ist der Beklagte der Ansicht gewesen, dass die Ansprüche der Klägerin bereits verjährt gewesen sind. Dem hat die Klägerin entgegengehalten, dass vorliegend die Verjährungsfrist des § 852 Abs.2 BGB einschlägig sei. Am 17.12.2013 beantragte sie daher einen Mahnbescheid vor dem Amtsgericht Euskirchen, der dem Beklagten am 19. Dezember 2013 zugegangen ist.

Das Amtsgericht Frankfurt am Main hat dagegen entschieden, dass der Klägerin die von ihr beantragten Ansprüche nicht zustehen würden. Insoweit seien die Ansprüche im Sinne der §§ 97, 97a UrhG bereits verjährt. Nach Auffassung des Gerichts betrage die regelmäßige Verjährungsfrist derartige Ansprüche drei Jahre gemäß § 195 BGB. Dabei bestimmt § 199 Abs. 1 BGB den Beginn der Verjährung, der zum Schluss desjenigen Jahres entsteht, in dem auch die anspruchsbegründenden Tatsachen entstanden sind und der Schuldner Kenntnis von den Umständen erlangt hat. Auf dieser Grundlage bestimmte das Gericht sodann den Verjährungsbeginn auf den 31. Dezember 2010 um 24 Uhr. Die dreijährige Verjährungsfrist sei demgemäß am 31. Dezember 2013 abgelaufen. Es seien weiterhin keinerlei Gründe ersichtlich, weshalb die Verjährungsfrist durch besondere Umstände beeinflusst worden ist. In diesem Sinne hätten insbesondere keine relevanten Verhandlungen der Parteien stattgefunden, die die Verjährung hemmen könnten. Auch der Mahnbescheid vom 17. Dezember 2013 konnte hier die Verjährung nicht hemmen. Generell sei ein Mahnbescheid im Sinne von § 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB dazu geeignet, Auswirkungen auf die Verjährung zu nehmen. Vorliegend betreffe der vom Amtsgericht Euskirchen erstellte Bescheid jedoch einen anderen Streit zwischen den Parteien. Die Anforderungen, die an einen Mahnbescheid zu stellen sind, seien vorliegend im Hinblick von § 690 Abs. 1 Nr. 3 ZPO zu stellen. Dementsprechend sei es notwendig, dass die Ansprüche derart individualisiert werden, dass eine Abgrenzung zu anderen Ansprüchen möglich ist.

Diesen Voraussetzungen sei die Klägerin vorliegend jedoch nicht nachgekommen. In dem Mahnverfahren sei ein Vorfall genannt worden, der auf den 19. Juli 2010 datiert. Die Klägerin hatte jedoch behauptet, dass die Verletzungshandlung am 27. Februar 2010 vorgenommen worden ist. Daher fehle es bereits an individuellen Beschreibungsmerkmalen, so dass es dem Beklagten schon gar nicht möglich gewesen wäre, einen möglichen Widerspruch gegen den Bescheid zu prüfen. Es hätte ihm als Schuldner daher möglich sein müssen, eine sachgerechte Prüfung vorzunehmen.

Die zehnjährige Verjährungsfrist gemäß § 852 S. 2 BGB greife nicht ein, da der Beklagte nicht erlangt habe, was er als Schädiger herausgeben müsste, so die abschließende Meinung des Gerichts.

AG Frankfurt a.M., Urteil vom 30.10.2014, Az. 32 C 2305/14


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