Hausboote als Kunstwerke urheberrechtlich geschützt
Mit einem Urteil vom 05. Juni 2013 entschied das Landgericht Oldenburg, dass die Gestaltung eines Hausbootes urheberrechtlich geschützt ist und ein Nachbau selbst auf festem Boden zu einer Schadensersatzzahlung führen kann.
Geklagt hatte ein Unternehmen, das Hausboote vertreibt. Die beklagte Privatperson hatte auf seinem Grundstück in Oldenburg ein Wohnhaus bauen lassen, das nach Aussage der Kläger auf dem Modell eines ihrer Hausboote basierte. Die Kläger sahen große Ähnlichkeit mit dem Gebäude und einem Hausboot, bekannt als "Typ B", das seit 2006 in Hamburg zu besichtigen ist. Das klagende Unternehmen wurde unter anderem von den Architekten begründet, die das Hausboot 2002 entworfen und die Nutzungsrechte an den Betrieb übergeben haben. Mit der Begründung, der preisgekrönte Entwurf, der an die Stilrichtung des Kubismus erinnert, würde sich von durchschnittlichen Baukonzepten unterscheiden, suchten die Kläger urheberrechtlichen Schutz des architektonischen Kunstwerks. Basierend auf der HOAI, der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure, errechneten sie einen Schadensersatz von etwa 25.000 € nebst Zinsen.
Der Beklagte behauptete, dass mit Einreichung des Bauantrages 2005 die Planung des Gebäudes bereits abgeschlossen war, das zu besichtigende Boot also nicht als Vorlage gedient haben könne. Er vermutete sogar, dass sich die Kläger von seinem Gebäude inspirieren ließen. Darüber hinaus erkannte der Beklagte signifikante Unterschiede zwischen den Gebäuden und wandte ein, dass sein Haus von einem Architekten entworfen wurde, er selbst also nicht haftbar gemacht werden kann. Einen möglichen Schadensersatz begrenzte er auf maximal etwa 2.000 €.
Das Gericht erkannte zunächst das Hausboot als Werk der Baukunst und damit dem Schutz des Urheberrechts unterstehend an. Da auch einzelne Teile eines Gebäudes geschützt sein können, spielt der Untergrund, auf dem es errichtet wird, keine Rolle. Zwar wurden die Baupläne vor der Konstruktion des eigentlichen Hausbootes eingereicht, als Vorlage können laut Gericht allerdings auch Entwürfe des Bootes gedient haben, die ebenfalls urheberrechtlich geschützt sind. Ein sachverständiger Architekt bewertete bestimmte Merkmale, wie beispielsweise die "großzügige Glasfassade" oder die Seitenverkleidungen, die "Assoziationen an Schiffsplanken" erwecken, im Gesamtzusammenhang des Gebäudes als ausreichend auffällig, um einen Urheberrechtsschutz zu rechtfertigen, da diese eine "eigenpersönliche schöpferische Leistung" darstellen.
Das Gericht bezeichnete die Ähnlichkeit der beiden Gebäude als "frappierend" und deutete auf die Veröffentlichung eines Modellfotos des Hausbootes in einer überregionalen Sonntagszeitung im August 2004 als mögliche Vorlage hin. Eine zufällige Ähnlichkeit oder eine unbewusste Beeinflussung schlossen die Richter kategorisch aus.
Dafür muss der Beklagte haften, auch wenn er nicht selbst das Gebäude entworfen hat. Ein Haftungsanspruch leitet sich nach Auffassung der Richter aus der unerlaubten Nutzung und der rechtswidrigen Bereicherung an geistigem Eigentum und der Verletzung der Rechte der Beklagten ab. In solchen Fällen sieht der BGH den Eigentümer des Gebäudes als haftbar an. Der Schadensersatz ist jedoch als eine nicht gezahlte Lizenzgebühr zu verrechnen. Die Berechnung mithilfe eines fiktiven Falls, der auf Basis der Entscheidungen "vernünftiger" Parteien konstruiert wird, muss sich aber entgegen den Behauptungen der Kläger nicht an den Honorarsätzen der HOAI orientieren, da den Architekten kein Ausgleich aller Leistungsphasen zusteht, also nur der Entwurf, nicht die Umsetzung, der nachgeahmten Pläne in diesem Fall unbezahlt blieben. In Verbindung mit den Baukosten ergab sich für das Gericht ein Schadensersatz in Höhe von etwa 14.000 € plus Zinsen.
LG Oldenburg, Urteil vom 05.06.2013, Az. 5 O 3989/11