• Anwaltskanzlei Weiß & Partner

    Katharinenstraße 16
    73728 Esslingen

    0711 - 88 241 006
    0711 - 88 241 009
    Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

Haftung des Anschlussinhabers für Filesharing

AG Bielefeld, Urteil vom 04.09.2014, Az. 42 C 45/15


Haftung des Anschlussinhabers für Filesharing

Inhaber eines Internetanschlusses haften nicht für über selbigen Anschluss begangene Rechtsverstöße, wenn diese stattgefunden haben, als die Verbindung auch von anderen Personen genutzt wurde. Dem Inhaber des Internetanschlusses abliegt jedoch eine sekundäre Beweislast. Diese verpflichtet ihn dazu, Auskunft darüber zu geben, welche Personen den Anschluss zum Zeitpunkt des Rechtsverstoßes genutzt haben. In diesem Sinne urteilte das Amtsgericht (AG) Bielefeld am 04. September 2014 (Az. 42 C 45/15).

Die Klägerin, Inhaberin aller Verwertungs-und Nutzungsrechte des Films "MELI frisch und unverbraucht", legte dem Inhaber des Internetanschlusses mit der IP Adresse 85.181.226.6 zur Last, den Film auf einer Online-Tauschbörse illegal als Download zur Verfügung gestellt zu haben. Vor dem AG Bielefeld beantragte die Klägerin die Verurteilung des Klägers zur Zahlung von 535,00 Euro Schadensersatz plus Zinsen sowie zur Zahlung der außergerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 215,00 Euro plus Zinsen. Der Beklagte beantragte die Klage kostenpflichtig abzuweisen.

Die Klägerin ging davon aus, dass der Beklagte für die begangene Urheberrechtsverletzung haftbar zu machen sei. Ihrem Vortrag zufolge hatte der
Beklagte den Verstoß selbst begangen, da weder dessen Ehefrau noch der Sohn Zugang zu dem Internetanschluss gehabt hätten. Zudem habe der Beklagte keine ihm zumutbaren Nachforschungen über den Missbrauch angestellt.

Dem Beklagten zufolge hatte keine ordnungsgemäße Ermittlung vorgelegen. Er bestritt die ihm vorgeworfene Urheberrechtsverletzung begangen zu haben. Darüber hinaus erklärte er, dass sowohl seine Ehefrau als auch sein Sohn über eigene Computer Zugriff auf den Internetanschluss hätten. Der Beklagte erklärte weiterhin, seiner Pflicht in Bezug auf die sekundäre Beweislast nachgekommen zu sein. Nach Erhalt der Abmahnung, die die Klägerin gegen ihn angestrengt hatte, habe er die Familienmitglieder dahingehend befragt, ob sie den Film ins Netz gestellt hätten. Dies wäre von beiden verneint worden. Zudem wären die Computer seiner Angehörigen frei von Filesharing-Software gewesen.

Das Gericht erachtete die Klage zwar für zulässig, beurteilte sie aber als unbegründet. Seinem Urteil zufolge hatte die Klägerin gegenüber dem Beklagten keinen Anspruch auf Zahlung der von ihr geforderten Beträge für Schadensersatz und außergerichtliche Anwaltskosten. Eine Haftung des Beklagten war nach Auffassung des AG Bielefeld nicht gegeben. Laut Urteilsbegründung entspricht es allgemeiner Lebenserfahrung, dass in einem Mehrpersonenhaushalt der zur Verfügung stehende Internetanschluss von den Bewohnern selbstständig genutzt wird. Amtlichen Statistiken zufolge stellen Gemeinschaftsanschlüsse heutzutage den Regelfall dar. Die Annahme, dass der Inhaber für einen über seinen Internetanschluss begangenen Rechtsverstoß verantwortlich ist, kann als unbegründet angesehen werden, wenn zum Zeitpunkt des Verstoßes andere Personen Zugriff auf den Anschluss hatten. Damit obliege es der klagenden Partei, die Täterschaft des Beklagten zu beweisen.

Der Anschlussinhaber muss lediglich seiner ihm obliegenden sekundären Beweispflicht nachkommen. Dieser Pflicht genügt er, wenn er Angaben darüber macht, welche Personen zum Zeitpunkt des Rechtsverstoßes seinen Internetanschluss hatten nutzen können. Eine Überwachung seiner Familienmitglieder hinsichtlich ihrer Nutzung seiner Internetverbindung kann dem Anschlussinhaber jedoch nicht zugemutet werden. Dies würde auch dem im Grundgesetz (GG) festgelegten Schutz der Familie gemäß Artikel 6 GG widersprechen.

Nach Auffassung des Gerichts war der Beklagte seiner ihm obliegenden sekundären Beweislast nachgekommen, während die Klägerin den Beweis für seine Täterschaft schuldig geblieben war. Eine Störerhaftung des Beklagten kam für das Bielefelder AG ebenfalls nicht in Betracht, da ihm keine Verletzung der ihm obliegenden Prüfpflicht nachgewiesen werden konnte.

Mit seinem Urteil wies das AG Bielefeld die Klage ab. Die Kosten für das Verfahren wurden der Klägerin auferlegt.

AG Bielefeld, Urteil vom 04.09.2014, Az. 42 C 45/15


Ihr Ansprechpartner

Bitte Kommentar schreiben

Sie kommentieren als Gast.

E-Mail: kanzlei@ratgeberrecht.eu, Telefon: 004971188241006
Katharinenstraße 16, 73728, Esslingen, Baden-Württemberg, Deutschland