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Händler auf Amazon dürfen Produktfotos anderer Händler nutzen

OLG Köln, 6 U 51/14


Händler auf Amazon dürfen Produktfotos anderer Händler nutzen

Darf ein Online-Händler bei Amazon das Produktfoto eines anderen Amazon-Händlers auf dem „Marketplace“ für sein eigenes Angebot verwenden? Ja, meint das OLG Köln, das mit der Entscheidung der Vorinstanz (LG Köln, Az. 14 O 564/12) widersprach.

Der Kläger und der Beklagte haben jeweils einen Online-Shop und wollten ein gleiches Produkt auf der Plattform www.amazon.de verkaufen. Nachdem der Kläger ein Angebot mit entsprechendem Bild online gestellt hatte, bemerkte er später, dass auch der Beklagte ein Angebot zum gleichen Produkt unter Verwendung des Fotos des Klägers auf amazon.de veröffentlicht hatte. Daraufhin erwirkte der Kläger beim LG Köln eine einstweilige Verfügung zwecks Verbotes der Vervielfältigung oder des Öffentlich-Zugänglichmachens der klägerischen Bilder.
Das LG begründete den Unterlassungsanspruch damit, dass die die Nutzung fremder Fotos regelnde AGB-Klausel von Amazon gegen das Leitbild der §§ 11, 32 UrhG verstoße, zumal das Nutzungsrecht unentgeltlich eingeräumt werde. Die Klausel lautet:

„Die Teilnehmer übertragen amazon.de ein vergütungsfreies, zeitlich unbefristetes, umfassendes Nutzungsrecht, insbesondere zur Vervielfältigung, Verbreitung, Bearbeitung an allen Werken oder Werkteilen, sowie Datenbanken oder jedem anderen Katalog oder jeden anderen Produktinformationen, die Teilnehmer im Rahmen des Online-Angebotes von amazon.de an amazon.de zu übermitteln (…), einschließlich des Rechts, diese Inhalte (…) online (…) zu publizieren, auch zu Werbezwecken.“

OLG: Klausel wirksam, da faktisch keine Unentgeltlichkeit

Das OLG Köln war der Ansicht, das LG habe das Grundprinzip des Amazon Marketplace nicht ausreichend berücksichtigt. Danach können Teilnehmer ihre Angebote an bereits bestehende des gleichen Produktes anhängen. Dadurch werde „die Attraktivität des Marketplace für den Nutzer gesteigert“, weil dieser so die Angebote gut vergleichen könne. Das sei auch für den einzelnen Teilnehmer von Vorteil. Zwar räume der Teilnehmer Amazon „und im Ergebnis auch anderen Teilnehmern“ unentgeltlich ein Nutzungsrecht an seinen Bildern ein. Allerdings habe auch er, sofern er nicht Ersteinsteller eines Angebotes ist, die Möglichkeit, auf Materialien anderer zurückzugreifen. Die Situation sei ähnlich wie die bei Peer-to-Peer-Netzwerken, bei denen die Nutzer Inhalte anderer Nutzer verwenden können. Letztlich hätten alle Teilnehmer ein Interesse an der Funktionsweise der Plattform und an einer möglichst attraktiven Ausgestaltung der Angebote, so dass eine unentgeltliche Einräumung des Nutzungsrechts gerechtfertigt erscheine. Ferner liege es in der Natur von Werbematerialien, dass mit ihnen „keine eigenständigen Einnahmen erzielt werden“.

Das OLG gab zu, dass die Rechteeinräumung „sehr weitgehend“ sei, zumal das Nutzungsrecht zeitlich unbeschränkt eingeräumt werde. Jedoch sei deshalb nicht von einer unangemessenen Benachteiligung des Betroffenen auszugehen. Zwar könne der Mitbewerber die Materialien des Ersteinstellers auch noch nach der Beendigung von dessen Angebot nutzen. Eine zeitliche Befristung der Nutzung bis zum Ende des Ersteinsteller-Angebotes führte aber dazu, dass sich wohl nicht mit Sicherheit feststellen ließe, ob die Nutzung noch von der Rechteeinräumung gedeckt oder schon rechtswidrig wäre. Zwecks Rechtssicherheit sei die unbefristete Einräumung daher in Ordnung.

Ferner könne sich – entgegen der Meinung des LG – neben Amazon auch der Beklagte auf das in den AGB verankerte Nutzungsrecht berufen. Das ergebe sich unter anderem aus der Funktionsweise des Marketplace-Systems: Die Teilnehmer könnten gerade wegen der zugrunde liegenden Nutzungseinräumung die Materialien verwenden. Amazon erteile deshalb „zumindest konkludent“ den Teilnehmern das Recht zur eigenen Nutzung jener Materialien, an denen Amazon die Nutzungsrechte übertragen worden sind.

Der Kläger habe daher im Ergebnis keinen Unterlassungsanspruch; die fragliche AGB-Klausel ist nicht gemäß §§ 310 Abs. 1, 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam.

OLG Köln, Urteil vom 19.12.2014, Az. 6 U 51/14


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