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Flüchtige Kopien von Webseiten im Cache sind zulässig

Caching beeinträchtigt nicht die Rechte des Urhebers


Flüchtige Kopien von Webseiten im Cache sind zulässig

Der Europäische Gerichtshof (EuGH), hatte sich unter dem Aktenzeichen C-360/13 mit der Auslegung von Art. 5 der Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlamentes und des Rats vom 22.05.01 zum Zwecke der Harmonisierung konkreter Facetten des Urheberrechtes und verwandter Schutzrechte in der modernen Informationsgesellschaft zu beschäftigen.

Dem EuGH wurde im Rahmen eines Rechtsstreits die Frage vorgelegt, ob beim Betrachten von Seiten im Internet, wenn die Betrachtung der Seiten nur erfolgen kann, wenn Kopien der Seiten auf dem Computer des Nutzers erstellt werden, die Zustimmung der Rechteinhaber von Urheberrechten eingeholt werden müsse.

Der Gerichtshof beantwortete diese Frage mit nein. Denn aus der Richtlinie gehe hervor, dass ein Nutzer bei der Betrachtung einer Seite im Internet die erstellten Kopien auf seinem Rechner und im Festplattencache erstellen müsse und dass dieser Vorgang den Voraussetzungen von Art. 5 Abs. 5 der Richtlinie genüge.

Geklagt wurde gegen die PRCA, das ist eine Organisation aus dem Bereich Öffentlichkeitsarbeit in England. Diese Organisation nahm einen Medienbeobachtungsdienst in Anspruch, welcher von der Firmengruppe Meltwater angeboten wird. Meltwater stellt Berichte online zur Verfügung, die sich der Beobachtung von Presseartikeln widmen, welche im Internet verbreitet werden.

Die Berichte werden nach Keywörtern erstellt, die die Kunden nennen. 

Klägerin ist die NLA, das ist eine Einrichtung aus U.K. (United Kingdom), die von Zeitungsverlegern gegründet wurde, um kollektive Lizenzen zu erteilen, welche sich auf die Inhalte von Zeitungen beziehen. Die NLA war der Auffassung, dass Meltwater und auch die Kunden von Meltwater eine Zustimmung der Inhaber von Urheberrechten für das Erbringen und Inanspruchnehmen des Medienbeobachtungsdienstes einholen müssten.

Meltwater erklärte sich sogar bereit, für die Internetdaten eine Grundlizenz zu erwerben. Doch PRCA beharrte darauf, dass die Nutzung der Beobachtungsberichte für Kunden von Meltwater ohne Lizenz erfolgen könne.

Im Gegensatz dazu urteilten der High Court of Justice von England und Wales, die Chancery Division und der Court of Appeal für England und Wales, dass Mitglieder der PRCA eine Lizenz benötigen würden oder jedenfalls eine Erlaubnis von der NLA holen müssten, um die Dienste von Meltwater nutzen zu können.

Gegen diese Entscheidung legte die PRCA Rechtsmittel beim Supreme Court of the United Kingdom ein. Zur Begründung machte sie vor allem geltend, ihre Mitglieder bräuchten keine Zustimmung von Urheberrechtsinhabern, wenn sie die Berichte von Meltwater lediglich ansehen.

Die NLA hält dagegen, dass die Zustimmung der Rechteinhaber erforderlich sei, weil das Betrachten der Webseite voraussetze, dass Kopien der Seite auf dem Rechner des Nutzers gespeichert werden. Bei diesen Kopien handele es sich um Vervielfältigungen im Sinne der Richtlinie 2001/29. Diese seien nicht von der vorgesehenen Ausnahme erfasst.

Das vorlegende Gericht fragt den EuGH, ob Nutzer, die sich irgendwelche Internetseiten mit Hilfe ihres Computer ansähen, ohne dass diese downgeloaded oder ausgedruckt werden, gegen Urheberrechte verstoßen, wenn der jeweilige Rechteinhaber seine Einwilligung in die Erstellung derartiger Kopien nicht erteilt habe.

Anzumerken sei, dass die entsprechenden technischen Verfahren eine Erstellung solcher Kopien nötig machen. Die Erstellung sei eine automatische Folge der Internet-Nutzung und erfordere nichts weiter als das Aufrufen der entsprechenden Internetseite. Die Kopien blieben nur so lange im Cache, wie die Nutzung für gewöhnlich dauere. Sie würden automatisch gelöscht.

Der Cache sei ein gängiger Bestandteil der Technik des Internets, ohne die dieses nicht richtig funktionieren würde. Das Erzeugen von Cachekopien sei für ein Funktionieren der für die Internetnutzung nötigen technischen Prozesse unumgänglich.

Schließlich gehe es dem Nutzer auch nicht darum, eine Kopie der jeweiligen Seite zu erstellen. Er wolle nur betrachten. Die Cachekopien seien nur eine Nebenwirkung der Betrachtung einer Seite im Internet.

Daher ist das vorlegende Gericht der Auffassung, die in Rede stehenden Cachekopien genügen den Voraussetzungen der Richtlinie 2001/29. Doch es hält eine Vorlage an den Europäischen Gerichtshof für sinnvoll, um die einheitliche Anwendung innerhalb der EU sicherzustellen.

Das Gericht führt hierzu aus, es bestünden seinerseits Zweifel, ob die Kopien vorübergehender Natur seien und ob sie wesentlicher Teil des technischen Verfahrens seien. Die Kopien erfüllen hingegen notwendigerweise die sonstigen Voraussetzungen von Art. 5 der Richtlinie.

Zu seiner Entscheidung führt der EuGH aus, dass die im Cache verbleibenden Kopien der Richtlinie genügen. Denn die Vervielfältigungshandlungen würden vollständig im Rahmen eines technischen Verfahrens durchgeführt und seien notwendig, weil das betreffende technische Verfahren ansonsten nicht einwandfrei funktionieren könne. 

Die Löschungen fänden automatisch statt, es sei auch unerheblich, dass das technische Verfahren durch den Nutzer eingeleitet werde. Nach der Richtlinie 2001/29 sei nicht näher bestimmt, wann d.h. in welchem Stadium die (vorübergehenden) Vervielfältigungshandlungen stattfinden müssen. Auch der Rechtsprechung zu diesem Thema sei nicht zu entnehmen, dass das technische Verfahren durch überhaupt kein menschliches Eingreifen veranlasst werden dürfe. Daher seien die Cachekopien und Kopien auf dem Bildschirm als ein integraler Bestandteil des technischen Verfahrens anzusehen.

Unbestritten sei es, dass die Technik bei ihrem aktuellen Stand die Kopien erforderlich mache, damit eine Funktionsfähigkeit des Browsens im Internet überhaupt gewährleistet sei. Daher seien die Kopien ein wesentlicher Teil des technischen Verfahrens.

Somit erfüllen die Kopien die dritte der Voraussetzungen, die in Artikel 5 Absatz 1 der Richtlinie 2001/29 genannt sind.

Die zweite Voraussetzung sehe als Alternative vor, dass die Vervielfältigungshandlung flüchtig oder begleitend sein müsse.

Flüchtig sei sie dann, wenn die "Lebensdauer" auf das für einwandfreies Funktionieren nötige Verfahren beschränkt ist. Dabei müsse dieses Verfahren so automatisiert sein, dass diese Handlung ohne menschliches Eingreifen, also automatisch, gelöscht werde, sobald die Durchführung des Verfahrens erfüllt sei. Die Erforderlichkeit einer automatischen Löschung schließe es jedoch nicht aus, dass im Zuge dieser Löschung auch ein menschliches Eingreifen vorkomme, um das Verfahren zu beenden. Es sei nämlich zulässig, dass das Verfahren manuell gestartet und auch gestoppt werde, ohne dass dies an der Flüchtigkeit der Kopie etwas ändere. Es sei auch ohne Bedeutung, dass die Kopie zur Betrachtung gespeichert bleibe, bis der Browser geschlossen werde. Die Kopien seien daher als "flüchtig" anzusehen.

Für die Cache-Kopien gelte dies nicht. Doch der Nutzer könne sie nicht außerhalb des technischen Verfahrens erstellen. Sie seien daher als begleitend anzusehen. Somit erfüllen beide Kopienarten die Bestimmungen der Richtlinie.

Europäischer Gerichtshof (EuGH), Aktenzeichen C-360/13, Urteil vom 5. Juni 2014


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