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Fliegendem Gerichtsstand in Urheberrechtsstreitigkeiten

Rechtsmissbräuchliche Auswahl eines Gerichts bei fliegendem Gerichtsstand in Urheberrechtsstreitigkeiten


Fliegendem Gerichtsstand in Urheberrechtsstreitigkeiten

Für Urheberrechtsstreitigkeiten gilt grundsätzlich der fliegende Gerichtsstand. Da die Rechtsverletzung durch Upload eines urheberrechtlich geschützten Werkes deutschlandweit geschieht, können sich die Abmahnkanzleien heraussuchen, bei welchem Gericht sie Klage einreichen. Oft sind dies natürlich die Gerichte, von denen bekannt ist, dass sie sehr urheberrechtsfreundlich sind. Mit der Frage, wann die Wahl eines solchen Gerichtsstands rechtsmissbräuchlich ist, befasst sich der Beschluss des OLG Schleswig Holstein vom 13.09.2013. 

Der in Hessen wohnende Beklagte hatte in einer Tauschbörse ein Spiel zum Upload angeboten, an dem die in Österreich ansässige Klägerin die Urheberrechte hatte. Die Klägerin reichte daher beim Amtsgericht Wedding einen Mahnbescheid auf Ersatz der Abmahnkosten und des Schadens ein und gab dabei als zuständiges Gericht das Amtsgericht Norderstedt an. Nachdem der Beklagte Widerspruch einlegte, verwies das Amtsgericht Wedding den Rechtsstreit zur Entscheidung an das Amtsgericht Norderstedt. 

Dieses gestand der Klägerin zwar zu, dass in Filesharingfällen gemäß § 32 ZPO grundsätzlich jedes deutsche Gericht örtlich zuständig sei. Dies gelte jedoch dann nicht, wenn die Wahl des Gerichts rechtsmissbräuchlich sei, weil kein nachvollziehbarer Grund für die Auswahl des Gerichts vorliege. Da im konkreten Fall keiner der Prozessbeteiligten seinen Sitz in Norderstedt hatte, ging das Amtsgericht davon aus, dass die Wahl des Gerichtes hauptsächlich dem Ziel diene, die Verteidigung des Beklagten zu erschweren und zu schikanieren. Dies gelte umso mehr, als die Prozessbevollmächtigten des Klägers ihren Sitz in Hamburg und daher nur wenige Fußminuten zum AG Hamburg hätten, während sie zum AG Norderstedt einfach 45 Minuten Fahrtzeit hätten. Es erklärte sich deshalb für örtlich unzuständig und verwies den Rechtsstreit an das AG Hamburg. Dieses erklärte sich ebenfalls für örtlich unzuständig, so dass der Fall dann beim OLG Schleswig Holstein landete.

Das OLG Schleswig Holstein pflichtete zunächst dem AG Norderstedt bezüglich dessen Ausführungen zum fliegenden Gerichtsstand bei. Das streitgegenständliche Spiel sei vom Beklagten deutschlandweit zum Upload angeboten worden - damit sei die Rechtsverletzung ebenso in Norderstedt, wie auch in Hamburg begangen worden. Gründe für eine größere Sachnähe des einen wie des anderen Gerichtes gebe es nicht. 

Gemäß § 35 ZPO könne die Klägerin unter den zuständigen Gerichten auswählen. Dabei stände es ihr frei, Rechtsprechungsunterschiede zwischen den zuständigen Gerichten auszunutzen und aus taktischen Gründen ein bestimmtes Gericht auszuwählen. Allerdings gelte dies nicht grenzenlos. Eine missbräuchliche Ausnutzung des fliegenden Gerichtsstands liege dann vor, wenn dies aus sachfremden Gründen erfolge, insbesondere um die Gegenseite zu schädigen. Eine solche Schädigungsabsicht erkannte das OLG Schleswig Holstein jedoch nicht. Eine Schädigungsabsicht liegt nach Auffassung des OLG Schleswig Holstein immer dann nahe, wenn ein besonders entlegenes Gericht ausgewählt wird, in der Hoffnung, der Beklagte werde die Kosten und den Reiseaufwand eines Rechtsstreits scheuen. Dies war vorliegend nicht der Fall, da das AG Norderstedt keinesfalls abgelegen ist, sondern dem Großraum Hamburg angehört. Die Richter betonten, dass es der Klägerin somit freistehe, im näheren Umfeld ihrer Prozessbevollmächtigten auszutesten, welches Gericht zeitnah und am ehesten in ihrem Interesse entscheide. Rechtsmissbräuchlich sei dies jedenfalls nicht.

Ein interessanter Beschluss, der relativ deutlich und sehr konkret die Grenzen zum Rechtsmissbrauch aufzeigt. 

OLG Schleswig Holstein, Beschluss vom 13.09.2013, Az. 2 AR 28/13 


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