Filesharing: Vortrag der Möglichkeit der Mitnutzung reicht
Das Oberlandesgericht (OLG) in Hamburg hat mit seinem Beschluss vom 02.02.2015 unter dem Az. 5 W 47/13 entschieden, dass ein Inhaber eines Internetanschlusses, der darlegt, dass noch andere Familienmitglieder Zugang zu seinem Rechner hatten, die Vermutung für seine Täterschaft im Fall von Filesharing widerlegt.
Dem stehe auch nicht die Auskunft entgegen, die Familienmitglieder seien zeitweise nicht im Haus gewesen. Der Inhaber sei nämlich nicht verpflichtet, über die Anwesenheit seiner Familie bzw. der Nutzung des Internets Buch zu führen.
Damit wurde der Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Kostenbeschluss
des Landgerichts Hamburg stattgegeben. Nach Auffassung des OLG entspreche es billigem Ermessen, der Antragsstellerin die Kosten des für erledigt erklärten Rechtsstreits aufzuerlegen, da sie bei streitiger Fortführung unterlegen wäre. Es sei nicht erkennbar, dass die Antragsgegnerin als Täterin wegen einer Urheberrechtsverletzung durch Filesharing haften müsse. Es liege in Bezug auf sie auch keine Störerhaftung vor.
Zwar sei davon auszugehen, dass von dem Internetzugang der Antragsgegnerin die Filme „Die Insel am Ende der Zeit“ sowie „Kesselschlacht in der Normandie“ öffentlich in einer so genannten Tauschbörse bereitgestellt wurden. Der substantiierte Vortrag der Antragstellerin sei von der Antragsgegnerin nicht bestritten worden. Hiernach seien die Werke am 28., 29. und 30.07.12 vom Anschluss der Antragsegegnerin zum Download bereitgestellt gewesen.
Eine Vermutung spreche auch für eine täterschaftliche Verantwortung des Inhabers eines Anschlusses. Diesem obliege es, die Vermutung zu widerlegen.
Dazu gehöre auch die Darlegung, ob das Werk sich überhaupt auf dem Rechner des Anschlussinhabers befand, ob dieser an Tauschbörsen teilnehme und warum er seiner Meinung nach ausschließen könne, dass der Film im fraglichen Zeitraum entsprechend bereitgestellt gewesen ist.
Nach Ansicht des LG reicht der Vortrag der Antragsgegnerin nicht aus, um die Vermutung für deren Täterschaft zu widerlegen. Der Vortrag sei nicht auf den fraglichen Zeitraum bezogen gewesen. Die Antragsgegnerin hätte beantworten müssen, wie viele Rechner sie im Haushalt aufgestellt habe, wer diese Rechner nutze und in welchen Zeiträumen und wer sich im fraglichen Zeitraum im Haushalt aufhielt. Schließlich wollte das LG wissen, wie das WLAN gesichert war.
Doch dieser Fragenkatalog geht dem OLG zu weit. Die Antragsgegnerin habe vorgetragen und an Eides statt versichert, die Filme nicht zu kennen. Sie habe sie weder heruntergeladen noch bereitgestellt. Außer ihr nutze nur noch der Ehemann und gelegentlich die volljährige Tochter ihren Anschluss. Damit habe sie ausreichend glaubhaft gemacht, das Zugänglichmachen des Films nicht begangen zu haben. Ehemann und Tochter der Antragsgegnerin kämen hingegen als Täter in Betracht.
Es könne nicht verlangt werden, dass ein Anschlussinhaber genaue Auskunft darüber geben und glaubhaft machen könne, wer wann in einem Mehrpersonenhaushalt den Rechner genutzt hat. Hierin sei eine Überspannung der Darlegungslast zu sehen. In der Praxis würde dies nämlich zur Folge haben, dass eine tatsächliche Vermutung zur Täterschaft praktisch unwiderlegbar wäre. Es widerspreche der Lebenserfahrung, dass jemand einen so alltäglichen Vorgang wie die Internetnutzung nach einigen Tagen noch präzise erinnere, um eine solche Auskunft erteilen, geschweige denn beschwören zu können. Es sei auch lebensfremd zu meinen, der Anschlussinhaber müsse Buch darüber führen, wer den Rechner benutzt habe.
Das gelte zumindest dann, wenn kein Anlass zu einer gesteigerten Sorgfalt bestanden habe.
Nach alldem habe die Antragsgegnerin ausreichend dargelegt, nicht die Täterin des Filesharings gewesen zu sein. Die Kosten des Verfahrens müsse sie daher auch nicht tragen.
OLG Hamburg, Beschluss vom 02.02.2015, Az. 5 W 47/13