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Filesharing-Störerhaftung auch ohne WLAN-Router möglich: 2 unterschiedliche Entscheidungen


Filesharing-Störerhaftung auch ohne WLAN-Router möglich: 2 unterschiedliche Entscheidungen

Störerhaftung erfordert im Einzelfall höhere Nachweispflichten für den Abmahnenden
Gerne gehen die Anwälte der "Content-Industrie" oder Anwälte mit Spezialgebiet "Internetnutzer-Abzocke" gegen Internetnutzer vor, die sich aus dunklen Internet-Quellen urheberrechtlich geschütztes Material beschaffen und anderen Internetnutzern überlassen. Damit kann man unter Umständen mehr Geld verdienen als mit dem Verkauf des Contents. Das Abmahnunwesen betrifft gegenwärtig besonders die Nutzung von Filesharing-Netzwerken; dort ist automatisch mit der Download-Funktion eine Upload-Funktion verknüpft, die anderen Nutzern die gerade illegal geladenen Dateien zur Verfügung stellt. Denkbar wären auch Abmahnungen für andere Urheberrechtsverletzungen, aber die Abmahn- und Content-Industrie fokussiert sich gegenwärtig noch auf die Filesharing-Netzwerke. 

Bedeutung der Nachweispflicht
Juristisch relevant ist aber immer die Frage, ob und wie die Abmahner denn das Fehlverhalten des Internetnutzers belegen können. Hierzu liegen jetzt zwei Urteile aus München vor, die unterschiedliche Kriterien bei der Nachweispflicht ansetzen. Zwar klingt die Entscheidung der oberen Instanz nutzerfreundlicher, aber eine genaue Analyse dieses Urteils zeigt, dass hier nur ganz besondere Umstände des Einzelfalls berücksichtigt wurden. An der grundsätzlichen Problematik, dass nur sehr niedrige Kriterien für die Nachweispflicht der Abmahnenden gelten, hat die Entscheidung des Langgerichts München nichts geändert.

Klärung der Grundbegriffe
Im Internet werden mit unterschiedlichen Methoden urheberrechtsgeschütze Inhalte (Content) angeboten. Urheberrechtsgeschützt ist zunächst alles, was Menschen produzieren: Bilder, Texte, Musik oder Filme. Allerdings werden solche Inhalte oft auf Internetseiten angeboten; der Websitebetreiber hat die Inhalte oft selbst produziert oder diese für Publikationszwecke erworben. Dann ist die Nutzung (ansehen oder eine Privatkopie für den eigenen Rechner erstellen) nicht unzulässig.

So kann man sich Bücher, Filme, Musik und jede Art von Material recht einfach beschaffen und weiß auch im Einzelfall nicht so ohne weiteres, ob nicht mit der Nutzung eine Urheberrechtsverletzung verbunden ist. Beispielsweise findet man komplette Fernsehserien auf YouTube und kann sich diese anschauen oder mittels Software auch auf den Rechner laden und anschließend an Freunde und Bekannte weiterverteilen. 

Diese Verteilung ist problematischer als der das Anschauen (Streaming) oder das Herunterladen zur eigenen Nutzung (Privatkopie), denn hier kann sich der Internetnutzer notfalls darauf berufen, dass er es nicht so genau gewusst habe. Verteilt er aber die Inhalte weiter, dann wird regelmäßig von einer gewerblichen Nutzung ausgegangen, selbst wenn der Internetnutzer weder Geld noch sonstige Vorteile aus der Verteilung für sich generieren kann. Viele wissen nicht, dass beim Filesharing das Bereitstellen der geladenen Inhalte für andere Nutzer standardmäßig (als Upload) vorgesehen ist und daher jede Nutzung automatisch den Nutzer zum gewerbsmäßigen "Raubkopierer" macht.

Nachweis der Filesharing-Nutzung
Der Nachweis der Filesharing-Nutzung (und damit der Nachweis des Uploads) sind für die Abmahn-Anwälte recht einfach zu führen. Dazu müssen sie lediglich die eindeutige Internet-Adresse des Nutzers (IP-Adresse) bestimmen können. Vertreter der Content- oder Abmahnindustrie müssen sich lediglich selbst an Filesharing-Netzwerken anmelden und können dann bei einen Down- oder Upload recht einfach die IP-Adressen der Privatnutzer abgreifen. Aus der IP-Adresse kann man leicht erkennen, wo der Nutzer seinen Wohnort hat und über welchen Internet-Provider er angemeldet wurde. Man übergibt die abgegriffenen IP-Adressen den Internet-Providern und diese müssen dann die Nutzerdaten herausrücken, womit dann die Namen und Adressen der Internet-Nutzer für Abmahnzwecke zur Verfügung stehen. 

Schwierige Beweislage für Internet-Nutzer
Obwohl bekannt ist, dass bei der Zuordnung von IP-Adressen zu Nutzern häufig Fehler gemacht werden, kann man sich als Nutzer nicht darauf berufen, dass man selbst zum fraglichen Zeitpunkt keinen Up- bzw. Download durchgeführt habe. Denn die Gerichte (auch das Amtsgericht München) gehen davon aus, dass die Zuordnung der IP-Adressen stets korrekt erfolgt. Der Betroffene haftet dann zwar nicht direkt für eine Urheberrechtsverletzung, aber er ist "Störer", weil aus seinem Netzwerk heraus die Urheberrechtsverletzung begangen wurde. 

Einzelentscheidung für wenige Ausnahmefälle
Im Fall einer Rentnerin ging das Amtsgericht sogar von einer Störerhaftung aus, obwohl die Rentnerin nicht über Netzwerkgeräte (Router oder Modem) und auch nicht über Rechner und schon gar nicht über Rechnerkenntnisse verfügte. Auch ihre Versicherung, dass sie zum Zeitpunkt der Urheberrechtsverletzung allein in der Wohnung war, wollte das Amtsgericht nicht berücksichtigen. Das ging dann der Berufungsinstanz zu weit. Dort ist also festgestellt worden, dass bei einem Telefonnutzer, der nicht über Internetzugangshardware verfügt, die Nachweispflicht für die Urheberrechtsverletzung wieder auf den Abmahner zurückfällt. An der Problematik des weiter zunehmenden Abmahnunwesens wird diese Einzelentscheidung nichts ändern können. Wer über Internetzugangsmöglichkeiten verfügt, der ist dafür verantwortlich, dass kein Filesharing aus seinem Netzwerk möglich ist. Er sollte also eine moderne Verschlüsselung seines Netzwerkverkehrs sicherstellen und nur vertrauenswürdigen Personen die Zugangsdaten zum Internet zur Verfügung stellen. Außerdem kann er mit Zusatzsoftware sein eigenes Netzwerkverhalten protokollieren. Ob diese Daten aber im Falle einer Abmahnung von deutschen Gerichten als Beweismittel zugelassen werden, ist gegenwärtig nicht mit Sicherheit zu beantworten.

AG München, Urteil vom 23.11.2011, AZ 142 C 2564/11

LG München, Urteil vom 22.3.2013, 21 S 28809/11 


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