Filesharing: Eigenschaft als Tonträgerhersteller
Das Oberlandesgericht (OLG) in Frankfurt am Main hat mit seinem Urteil vom 16.12.2014 unter dem Az. 11 U 27/14 über die Frage entschieden, wie die Identität eines Herstellers von Tonträgern im Zuge eines Schadensersatzprozesses festgestellt wird. Nach Ansicht des Gerichts reicht die Vorlage des Auftragsproduzentenvertrages aus, sofern ein auf dem Tonträger befindlicher P & C-Vermerk nicht eindeutig ist. Für ein Musikstück, das sich wochenlang in den aktuellen Charts befindet, beläuft sich die Höhe des Schadensersatzes auf 200 Euro.
Die Klägerin verlangt vom Beklagten Schadensersatz wegen einer Verletzung ihrer Rechte als Herstellerin von Tonträgern. Der Beklagte habe die Musikstücke in einer Internet-Börse zum Tausch angeboten.
Es handelt sich dabei um eine Aufnahme des Stücks A der Musikgruppe B. Auf dem CD-Cover der Aufnahme befindet sich der Vermerk: „(P) & (C) 2011 … Digital, a Division of C … GmbH, under exclusive license to D1 …, a division of D … GmbH”
Per Mahnbescheid forderte die Klägerin eine Nutzungsentschädigung i.H.v. 200 Euro nebst Ersatz von Abmahnkosten. Die Klage hat sie durch einen Unterlassungsanspruch ergänzt und den Betrag der beanspruchten Nutzungsentschädigung auf 400 Euro und dann noch einmal auf 1500 Euro erhöht. Nachdem der Beklagte eine Unterlassungserklärung abgegeben hatte, wurde der Unterlassungsantrag für erledigt erklärt.
Das Landgericht hat der Klage hinsichtlich der gewünschten Nutzungsentschädigung in der Höhe von 150 Euro stattgegeben und der Klägerin Abmahnkosten in Höhe von 507,50 Euro zugesprochen. Im Übrigen hat das LG die Klage abgewiesen. Das LG habe angenommen, dass nach den §§ 85 und 10 UrhG auch bezüglich des Tonträgerherstellers die gesetzliche Vermutung einer Inhaberschaft bestehe. Der im vorliegenden Fall vorhandene so genannte P-Vermerk sei ein Hinweis auf die Klägerin. Durch das Bereitstellen des Musikstücks in einer Tauschbörse seien die Rechte der Klägerin verletzt.
Eine Nutzungsentschädigung von 150 Euro sei angemessen, da nicht festgestellt werden könne, ob der Beklagte über eine besonders lange Zeit hinweg die Tauschbörse genutzt habe, andererseits jedoch der Titel besonders aktuell gewesen sei. In ähnlichen Fällen pflege die Kammer 150 Euro zuzusprechen. Ein Grund, hiervon abzuweichen, sei nicht ersichtlich.
Gegen dieses Urteil hat die Klägerin Berufung eingelegt und verfolgt ihren Anspruch auf 1500 Euro als Nutzungsentschädigung weiter. Sie beantragt, den Beklagten auf Zahlung von insgesamt 2007,50 Euro zu verurteilen.
Nach ihrer Ansicht habe das LG bei der Bemessung der Nutzungsentschädigung ihren Vortrag zu den von Vergleichstarifen unberücksichtigt gelassen. Das pflichtgemäße Ermessen fehle deshalb. Das Landgericht habe die Schätzung aufgrund seiner fehlenden Sachkenntnis auf der Grundlage einer
vermeintlichen „Üblichkeit” vorgenommen, obwohl sie Beweise angeboten hatte. Üblich seien Vereinbarungen über Pauschalvergütungen im vier- bis sechsstelligen Bereich. Wichtige Bemessungsfaktoren seien Lizenzzeiträume von wenigstens einem Jahr, weltweite Nutzung und dass die Rechtsverletzung in der Erstverkaufsphase eines „Charthits” stattfinde, der einen hohen Marktwert besitze. Diese Umstände seien hier vorliegend und hätten vom LG berücksichtigt werden müssen.
Auch der Beklagte hat Berufung eingelegt und beantragt, die Berufung der Klägerin und die Klage insgesamt abzuweisen. Denn die Klägerin habe sich nicht ausreichend als Rechteinhaberin ausgewiesen. Mit seiner Berufung hat der Beklagte jedoch keinen Erfolg. Denn die Tonträgerherstellereigenschaft bezüglich des streitgegenständlichen Musikstückes ergebe sich aus dem Auftragsproduzentenvertrag, den die Klägerin vorgelegt habe. Hersteller von Tonträgern sei, wer in wirtschaftlicher und organisatorischer Hinsicht Verantwortung für die Aufnahme trage, insbesondere für alle Personal- und Sachverträge rund um die Produktion sowie für die Programmauswahl. Ferner auch, wer das Finanzierungsrisiko trage. Mit dem Vertrag habe sich die Klägerin ausreichend als Verantwortliche in diesem Sinne ausgewiesen.
Der Klägerin stehe jedoch kein Schadensersatz zu, der die Summe von 200 Euro übersteige. Maßgeblich seien hier die GEMA-Tarife, nicht die Methode der Lizenzanalogie, welche die Klägerin gewählt hatte.
OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 16.12.2014, Az. 11 U 27/14