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Falsche Darstellung der Rechtsprechung

Ein Vergleich, der durch eine Täuschung über die geltende Rechtslage abgeschlossen wird, ist unwirksam


Falsche Darstellung der Rechtsprechung

Ein im Hinblick auf die immer noch andauernde Flut von Abmahnungen interessantes Urteil hat das Amtsgericht Düsseldorf am 08.10.2013 gefällt.

Die Klägerin vertrat insgesamt vier große Tonträgerhersteller und mahnte die Beklagte mit Schreiben vom 09.09.2009 ab, da von ihrem Internetanschluss aus am 04.08.2008 insgesamt 537 Musikdateien zum Herunterladen angeboten worden seien.

In dem Abmahnschreiben führten die klägerischen Rechtsanwälte aus, dass es unerheblich sei, ob die Beklagte die Urheberrechtsverletzung selbst begangen habe. Jedenfalls müsse sie für die Kosten der Rechtsverfolgung aufkommen. Von den Gerichten werde hier regelmäßig ein Streitwert von 10.000.- € pro angebotenem Lied zu Grunde gelegt. Sie legten eine Beispielsabrechnung bei, bei der für zehn zum Download angebotenen Liedern Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von knapp 3000.- € berechnet wurden. Unter diesen Voraussetzungen boten sie der Beklagten den Abschluss eines Vergleichs in Höhe von 4.000.- € zur Abgeltung aller Ansprüche aus der Urheberrechtsverletzung an, den die Beklagte auch unterzeichnete.

Nachdem die Beklagte den Vergleichsbetrag nicht bezahlte, reichte die Klägerin Klage beim AG Düsseldorf ein. Dieses entschied jedoch, dass die Beklagte nicht bezahlen müsse, da der außergerichtliche Vergleich durch eine arglistige Täuschung zustande gekommen sei.

Das Amtsgericht Düsseldorf sah in den Rechtsausführungen im Abmahnschreiben der klägerischen Rechtsanwälte eine absichtliche Täuschung über die geltende Rechtslage. Gerade bei außergerichtlichen Vergleichen, bei denen nur eine Partei anwaltlich vertreten sei, müssten Rechtsanwälte als Organe der Rechtspflege darauf hinweisen, wenn die von ihnen vertretene Rechtsauffassung nicht mit der obergerichtlichen Rechtsprechung im Einklang stehe. Die klägerischen Rechtsanwälte hätten jedoch in ihrem Abmahnschreiben den Eindruck erweckt, dass bei insgesamt 537 abgemahnten Musiktiteln auch ein Streitwert in Höhe von 537.000 € zu Grunde zu legen und daher mit immensen Rechtsanwaltskosten zu rechnen sei. Weiter werde in der Abmahnung der Eindruck erweckt, als hafte der Anschlussinhaber unabhängig von einer Täterschaft stets für Urheberrechtsverletzungen, die über seinen Anschluss begangen würden. Beides sei jedoch nicht mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu vereinbaren. So habe der BGH bereits 2009 anerkannt, dass die Haftung eines Anschlussinhabers die Verletzung von Prüfpflichten voraussetze. Darüber hinaus sei es ständige Rechtsprechung, dass im Falle der Störerhaftung geringere Streitwerte anzusetzen seien und sich auch beim Upload mehrerer Musiktitel der Gegenstandswert sich nicht linear a 10.000.- € pro Titel multipliziere. Die Klägerin habe der Beklagten damit eine unzutreffende, auswegslose Rechtslage vorgespiegelt und damit den außergerichtlichen Vergleich durch eine betrügerische Handlung herbeigeführt.

Das Gericht erachtete die Vergleichsvereinbarung jedoch auch wegen unangemessener Benachteiligung der Beklagten gemäß § 307 I BGB als unwirksam. Nach Ansicht des Gerichts stellten vorformulierte Vergleichsvereinbarungen allgemeine Geschäftsbedingungen dar. Da sich die Zahlung von 4.000.- € laut dem Vergleichstext nur auf die Lieder beziehe, die an einem bestimmten Tag zu einer sekundengenau angegebenen Uhrzeit von der Beklagten zum Download zur Verfügung gestellt worden seien, sei die Zahlung unangemessen hoch. Es sei nämlich nach dem Wortlaut der Vereinbarung nicht ausgeschlossen, dass die Klägerin weitere Schadensersatzansprüche bezüglich derselben Musiktitel geltend mache, die wenige Sekunden oder Minuten davor oder danach zum Download bereit gestellt worden seien.

Ein begrüßenswertes Urteil, das zeigt, dass auch die Justiz inzwischen erkannt hat, dass der Schutz der Urheber immer mehr zur Gelddruckmaschine für Abmahnkanzleien verkommt.

AG Düsseldorf, Urteil vom 08.10.2013, Az. 57 C 6993/13


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