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Einstellen von Gutachtenfotos im Internet

Einstellen von Lichtbildern eines Gutachtens in eine Restwertbörse im Internet


Einstellen von Gutachtenfotos im Internet

Werden der Haftpflichtversicherung des Unfallgegners durch einen beauftragten Sachverständigen Fotoaufnahmen zugestellt, die den Schaden an dem unfallbeteiligten Fahrzeug dokumentieren sollen, darf der Haftpflichtversicherer die gutachterlichen Bildaufnahmen nicht dazu verwenden, um sie im Internet in einer Restwertbörse einzupflegen, um dadurch den vom Sachverständigen bestimmten Restwert zu überprüfen. Der Auskunftsanspruch, der sich aus § 242 BGB ergibt, kann sich über die Verletzungshandlung auch auf solche Handlungen erstrecken, die generell einen anderen Schutzbereich regeln. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass mit der Ausweitung, die Gefahr der unzulässigen Ausforschung nicht vorliegt.

Bei dem Kläger des Rechtsstreits handelte es sich um einen Sachverständigen, der auf die Begutachtung von Kfz spezialisiert gewesen ist. Er wurde von der Eigentümerin eines Pkw, der in ein Unfallgeschehen verwickelt gewesen ist, beauftragt, ein Schadensgutachten zu erstellen. Am 13. September 2006 führte er diesen Auftrag aus. Inhaltlich sollte durch das Gutachten geklärt werden, wie hoch die Kosten für die Reparatur, der Wiederbeschaffungswert sowie der Restwert waren. Zwischen ihm und der Auftraggeberin wurde sodann vereinbart, dass das Gutachten inklusive der angefertigten Lichtbilder an die Haftpflichtversicherung des Unfallgegners übersandt werden sollte. Die Lichtaufnahmen wurden von einem Mitarbeiter des Klägers angefertigt. Nachdem der Beklagte, der Haftpflichtversicherer des Unfallgegners, das Gutachten erhalten hatte, digitalisierte er die beiliegenden Fotografien. Zwischen dem 18. und 20. September 2006 stellte er die Bilder in einer Restwertbörse ein. Sinn und Zweck dieser Börse ist es, dass gewerbliche Käufer Angebote für beschädigte Fahrzeuge abgeben können. Sie wird insofern dafür genutzt, um die vom Sachverständigen festgestellten Restwerte zu überprüfen.

Der Kläger war jedoch der Ansicht, dass der Beklagte durch das Verhalten gegen sein Urheberrecht an den Bildern verstoßen habe. Dagegen hatte der Beklagte vorgetragen, dass ihm die Nutzungsrechte stillschweigend eingeräumt worden seien. Es sei zudem gängige Praxis, dass Haftpflichtversicherer die Gutachten der Sachverständigen mithilfe von Restwertbörsen vergleichen. 

Der BGH erkannte den Unterlassungsanspruch des Klägers bezüglich der Verwertung der Bilder gemäß § 97 Abs. 1 Satz 1 UrhG an. Tatbestandsvoraussetzung ist, dass der Verletzte bei einer Wiederholungsgefahr einen Unterlassungsanspruch gegenüber dem Verletzer geltend machen kann, wenn dieser das Urheberrecht bereits widerrechtlich verletzt hat. Nach Ansicht des Gerichts lagen diese Voraussetzungen in dem Rechtsstreit vor. Die Bildaufnahmen, die von dem Mitarbeiter des Klägers erstellt wurden, sind nach § 72 UrhG urheberrechtlich geschützt. Da der Beklagte die Bilder in einer Restwertbörse veröffentlicht hatte, hat er sie zugleich im Sinne von § 19a UrhG öffentlich zugänglich gemacht. Daher lag ein Eingriff in § 15 Abs. 2 Satz 1 und 2 UrhG vor. Letztendlich hätte nur der Sachverständige das Recht gehabt, die Bilder öffentlich zugänglich zu machen. Daher hat der Beklagte in dieses ausschließliche Recht eingegriffen. Dies gilt insbesondere daraus hervor, dass der Mitarbeiter, der die Bilder von dem Unfallfahrzeug erstellt hatte, dem Kläger nach Abschluss der Arbeit die Nutzungsrechte an den Fotos eingeräumt hatte.

Aufgrund des Sachverhalts ging der BGH auch nicht davon aus, dass der Kläger dem Beklagten das Recht eingeräumt hatte, die Lichtbilder öffentlich zugänglich zu machen. Entgegen der Auffassung des Beklagten hat die Übergabe des Gutachtens an den Haftpflichtversicherer vielmehr den Sinn, dass der Schaden letztendlich zeitnah kompensiert werden kann. Der Sachverständige agiert insofern als Bote bzw. Vertreter des Auftraggebers. In dieser Funktion gibt er keine eigene Willenserklärung im eigenen Namen ab. Erschwerend kam hinzu, dass der Kläger sogar der Auftraggeberin keinerlei Nutzungsrechte an seinen Bildaufnahmen eingeräumt hatte. Eine stillschweigende Vereinbarung zwischen dem Kläger und dem Beklagten konnte darüber hinaus nicht angenommen werden, da der Sachverständige ausschließlich den Auftrag der Eigentümerin abgewickelt hatte. Diese wollte ihre Schadensersatzansprüche gegenüber dem Unfallgegner durchsetzen. Um ihr Recht letztendlich durchzusetzen, war es nicht erforderlich, dass der Beklagte die Bilder in einer Restwertbörse einstellt. Daher stand dem Kläger ein Schadensersatzanspruch gegenüber dem Beklagten zu. Die Höhe richtet sich insofern an der üblichen Lizenzgebühr. Daher stand ihm auch ein Auskunftsanspruch im Hinblick auf die tatsächliche Nutzung der Bilder des Beklagten zu. Ihm war es nicht zuzumuten, dass er selbstständig recherchiert, welche Bilder letztendlich in der Restwertbörse eingestellt wurden. Derweil ist die Anzahl der öffentlich zugänglich gemachten Bildaufnahmen entscheidend, um die Schadenshöhe berechnen zu können.

BGH, Urteil vom 29.04.2010, Az. I ZR 68/08 


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