Eine Vertragsstrafe bei elf Fotos
Wer bei einer eBay-Auktion fremde Produktbilder einstellt, muss mit einer teuren Abmahnung wegen Verletzung des Urheberrechts rechnen. Doch was ist, wenn der Abgemahnte die Bilder trotz Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung nicht löscht, weil er fälschlicherweise davon ausgeht, dass diese nach Abschluss der Auktion nicht mehr öffentlich zugänglich wären?
In vorliegendem Streitfall hatte ein Online-Händler bei insgesamt elf Onlineauktionen unautorisiert die Produktfotos eines anderen verwendet. Wegen der daraus folgenden Abmahnung hatte er gegenüber dem Rechteinhaber eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben und sich im Fall der schuldhaften Zuwiderhandlung zur Entrichtung einer Vertragsstrafe von bis zu 5.000 Euro verpflichtet. Unerfreulicherweise konnten die betreffenden Fotografien nach Abgabe der Unterlassungserklärung noch immer abgerufen werden.
Zwar hatte der Händler die Bilder nicht weiter verwendet - die Online-Auktionen waren inzwischen abgelaufen - allerdings hatte er auch nicht dafür gesorgt, dass sie zukünftig nicht mehr in Zusammenhang mit seinen Angeboten einsehbar sind. Hierauf folgten eine erneute Abmahnung durch den Berechtigten sowie dessen Forderung nach einer Vertragsstrafe von 55.000 Euro zuzüglich Anwaltskosten. Der Rechteinhaber hatte hierzu für jedes der elf abrufbaren Angebote die vorher vereinbarte Vertragsstrafe von 5.000 Euro berechnet und für jedes der Bilder eine Verletzungshandlung zugrunde gelegt. Da der Beklagte jedoch lediglich die für die zweite Abmahnung fälligen 5.000 Euro bezahlte, verklagte er ihn letztendlich auf die Zahlung einer Vertragsstrafe von 50.000 Euro und die Begleichung außergerichtlicher Anwaltskosten von 1.780,22 Euro.
Der 11. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt/Mail beurteilte den Sachverhalt indes anders. Das OLG ging nicht von den elf eingestellten Fotos aus, sondern sah in dem Fehlverhalten einen einheitlichen Vorgang und die Fortsetzung eines bereits bestehenden rechtswidrigen Zustands. Der Onlinehändler hat nur eine einzige Handlung unterlassen, die zur Abstellung der rechtsverletzenden Situation notwendig gewesen wäre. Er hätte den Plattformbetreiber auffordern müssen, sämtliche streitgegenständlichen Fotografien aus den Online-Auktionen zu entfernen. Den hierfür einmalig nötigen Willensentschluss hatte der Onlinehändler aus fahrlässiger Unkenntnis des Sachverhaltes nicht getroffen. „Elf Vertragsstrafen wären nur dann verwirkt, wenn elf Zuwiderhandlungen vorlägen, für die es elf verschiedener Handlungsentschlüsse bedurft hätte (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 18.9.2012, 4 U 105/12 – zitiert nach Juris).“
Dem beklagten Internethändler konnte lediglich zur Last gelegt werden, dass er es versäumte, sich rechtzeitig über den Fortbestand der Auktionen und deren Einsehbarkeit nach ihrem Abschluss zu erkundigen. Hieraus ergibt sich jedoch nur eine einzige Zuwiderhandlung gegen die Vertragsstrafenvereinbarung und nicht, wie durch den Rechteinhaber eingeklagt, elf.
Solche Streitigkeiten sind am besten zu vermeiden, wenn die unberechtigte Nutzung von Produktfotos von vornherein unterlassen wird. Wer dennoch in die Lage kommt, infolge einer Abmahnung eine strafbewährte Unterlassungsklage abzugeben, sollte sich vergewissern, dass die damit in Zusammenhang stehenden Fotos im Nachhinein wirklich nicht mehr abgerufen werden können. Zwar musste der Händler in diesem Fall keine elfmalige Vertragsstrafe zahlen, um die Zahlung der einmaligen Strafe von 5.000 Euro kam er jedoch nicht herum.
OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 10.07.2013, Az. 11 U 28/12