Alte Spam-Mail: Kein Unterlassungsanspruch
Die Richter am Amtsgericht Blomberg sind zu dem Urteil gelangt, dass im Fall der Versendung von Spammails keine Wiederholungsgefahr besteht, wenn die letzte Zustellung bereits längere Zeit zurückliegt.
Der Kläger ist Web-Designer und erhielt am 24.10.2014 von der Beklagten ein nicht angefordertes Werbemail, in dem Rotwein und Rotweingläser beworben werden. Die Beklagte wurde am 29.10.2014 schriftlich abgemahnt. Am 15.01.2015 gab sie die klägerseitig geforderte Unterlassungserklärung ab, allerdings mit der Einschränkung der daraus resultierenden „Rechtspflicht, jedoch rechtsverbindlich“. Diese juristische Spitzfindigkeit bedeutet, dass die abgemahnte Partei der Ansicht ist, dass sie die Abmahnung als unbegründet ansieht, oder zumindest Zweifel an der Rechtmäßigkeit hegt. Allerdings hat sie nicht die Absicht, diese Frage auf dem Rechtsweg zu klären und gibt die strafbewehrte Unterlassungserklärung nach dem Motto „Du hast Recht und ich meinen Frieden“ ab. Trotz dieses Vorbehalts ist diese Unterlassungserklärung wirksam, denn die ernste Absicht dahinter wird nicht bezweifelt.
Es geht in diesem Fall mehr darum, einen teuren Rechtsstreit hinsichtlich der Frage zu vermeiden, ob der Unterlassungsanspruch tatsächlich gerechtfertigt ist. Im Fall einer Unterlassungserklärung „ohne Anerkenntnis der Rechtspflicht, jedoch rechtsverbindlich“ handelt es sich um den sogenannten „kleinen Wettbewerbsprozess“ bei dem die Verpflichtung zur Kostenerstattung gemäß § 12 UWG stark eingeschränkt wird. Der Streitwert im Kostenerstattungsverfahren richtet sich nach der Gebühr, die der Anwalt der abmahnenden Partei für die Erstellung der Abmahnung in Rechnung gestellt hat. Dadurch reduzieren sich die Kosten in nicht unerheblichen Maße. Der Abgemahnte verbindet diese Art der Unterlassungserklärung also mit der Hoffnung, der Verpflichtung zur Übernahme der Kosten, die der abmahnenden Partei entstehen, zu entgehen. In diesem verhandelten Fall hat sich die Hoffnung der Beklagten bewahrheitet hat, denn der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Der Kläger verfolgt die rechtliche Anerkennung dieser Unterlassungsverpflichtung auf dem Klagewege. Er betont, eine Einverständniserklärung zur Zusendung der besagten Spam-Mail habe er zu keinem Zeitpunkt erteilt. Die Beklagte gibt die vorliegende IP-Adresse als die des Klägers an, der diese angebliche Tatsache mit Nichtwissen bestreitet. Ferner behauptet er, keine andere Mail außer der streitgegenständlichen Spammail von der Beklagten erhalten zu haben. Die Beweisführung ist durch die Vernehmung von Zeugen erfolgt. Beide Parteien haben sich mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren einverstanden erklärt. Die Beklagte behauptet, der Kläger habe sein Einverständnis zur Zusendung von Werbemails bereits am 08.12.2008 durch seine Teilnahme an einem Gewinnspiel erteilt, daher auch die in das Beweisverfahren eingebrachte IP-Adresse des Klägers. Innerhalb eines Zeitraums von fünf Jahren seien dem Kläger durch die Beklagte etwa 1.000 Werbemails zugegangen, was der Kläger jedoch bestreitet. Die Beklagte bezieht sich zudem auf die von ihr unterzeichnete Unterlassungserklärung, die ihrerseits eingehalten werde.
Das Gericht sieht die Klage zwar als zulässig, jedoch aufgrund der fehlenden Wiederholungsgefahr als unbegründet an. Die ständige Rechtsprechung stuft Werbemails grundsätzlich als unmittelbaren Eingriff in den Gewerbebetrieb des Empfängers ein, da sie als Spammails erkannt und aussortiert werden müssen. Als Werbung wird jede Maßnahme definiert, die dazu geeignet ist, die Erbringung von Dienstleistungen im Bereich des Gewerbes, der freien Berufe, in Handel und Handwerk zu fördern. Auch die Bewerbung von Waren zum Vorzugspreis, wie in dem verhandelten Fall, fällt unter diese Definition.
Die Zusendung von Spammails ist eine rechtswidrige Handlung, die bereits mit einmaliger Zusendung eintritt. Die Gefahr einer Wiederholung dieser rechtswidrigen Handlung wird regelmäßig durch die Unterzeichnung einer strafbewehrten Unterlassungserklärung beseitigt, allerdings nur dann, wenn die darin vereinbarte Vertragsstrafe nicht unangemessen gering ist. In diesem Fall beträgt die Vertragsstrafe lediglich 350 Euro, was die Richter als unverhältnismäßig ansehen. Allerdings erledigt sich dieser Rechtsmangel durch den Zeitablauf, denn seit dem 24.10.2014 hat die Beklagte dem Kläger nachweislich keine unaufgeforderten Werbemails mehr zugeschickt. Demzufolge steht dem Kläger kein Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte aus §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 S. 2 BGB zu.
AG Blomberg, Urteil vom 11.02.2016, Az. 4 C 64/15