AGB können urheberrechtsfähig sein
Schon geringfügige Abweichungen von Standardformulierungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) können nach Ansicht des OLG Köln ausreichen, um ein solches Sprachwerk dem Urheberrecht unterfallen zu lassen.
Das OLG Köln hatte in einem Berufungsverfahren darüber zu entscheiden, inwieweit ein Urheberrechtsverstoß gegeben sein kann, wenn die AGB eines anderen Unternehmens komplett übernommen werden und nur der Name des Verwenders der AGB ausgetauscht wird.
Der Schutz für Sprachwerke, der sich aus § 2 Abs. 1 Nr. UrhG ergibt, kann auch AGB umfassen. Dies gilt allerdings nur dann, wenn Formulierungen in solchen Regelungen als persönliche geistige Schöpfungen anzusehen sind. Denn nur solche unterfallen gemäß § 2 Abs. 2 UrhG dem Urheberrecht. Eine persönliche geistige Schöpfung liegt nach Auffassung der Kölner Richter bei AGB dann vor, wenn ein deutlicher Unterschied zu juristischen Standardformulierungen ersichtlich ist. Dabei stehen gebräuchliche Konzepte zur sprachlichen Vermittlung von Inhalten - die sich immer wieder in ABG finden - im Gegensatz zu eigenständigen gedanklichen Konzepten oder individuellen sprachlichen Fassungen. Letztere seien aber durchaus urheberrechtsfähig.
Die Grenzen des Urheberrechts an AGB-Formulierungen seien nach Auffassung des Gerichts dann erreicht, wenn es sich um knappe und zutreffende rechtliche Formulierungen handelt, die vor allem durch die sachlichen Regelungsanforderungen und die Rechtslage geprägt seien. Insofern dürfe es nicht erlaubt sein, Monopolisierungen für solche Formulierungen beanspruchen zu dürfen. Es sei letztlich jedoch eine Tatfrage, ob ABG insgesamt durch ihre Konzeption und sprachliche Formulierung als Ganzes dem Schutz des Urheberrechts unterliegen können.
Im vorliegenden Fall folgte das OLG der Vorinstanz (LG Köln, Urteil vom 17.09.2008, Az. 28 O 368/08) in der Auffassung, dass die streitbefangenen AGB insgesamt - wenn auch nur in geringem Maße - Abweichungen von häufig vorzufindenden standardisierten Formulierungen aufwiesen. Eine praktisch identische Übernahme des gesamten Regelungswerks sei jedenfalls als Verstoß gegen §§ 2, 7 und 15 ff. UrhG zu bewerten. Die Antragsgegnerin sei auch nicht gezwungen gewesen, die Formulierungen der Klägerin zu übernehmen. So hätte bei einer bestimmten Klausel schon ein Blick in das Münchener Vertragshandbuch gereicht, um eine Vielzahl anderer möglicher Formulierungen zu finden und zu verwenden. Die Antragsgegnerin konnte ebenfalls nicht darlegen, dass die Klägerin ihrerseits die Formulierungen aus fremden AGB übernommen hatte.
Im Übrigen stellten die Kölner Richter in diesem Verfahren klar, dass auch eine Wiederholungsgefahr gegeben sei, die für die Geltendmachung eines Unterlassungsanspruchs Voraussetzung ist. Die Wiederholungsgefahr ist in § 97 Abs. 1 Satz 1 UrhG als Bedingung für einen Unterlassungsanspruch genannt. Allein die Nicht-Weiterverwendung der AGB reiche nicht aus, wenn die Antragsgegnerin ihr früheres Verhalten weiter verteidigt. Die Wiederholungsgefahr wäre erst dann beseitigt gewesen, wenn die Antragsgegnerin eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben hätte.
OLG Köln, Urteil vom 27.02.2009, Az. 6 U 193/08