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Rauchverbot bei Wohnungseigentümerversammlung

Anspruch auf Rauchverbot bei Wohnungseigentümerversammlung


Rauchverbot bei Wohnungseigentümerversammlung

Auf einer Wohnungseigentümerversammlung fällen die Eigentümer alle Entscheidungen, die die Verwaltung und Instandhaltung der Wohnanlage betreffen. Ferner können sie Richtlinien beschließen, die das Miteinander der Bewohner regeln. So eine zufällig zusammengewürfelte Gemeinschaft unterschiedlicher Ansichten, Lebenseinstellungen und Gewohnheiten hat es mitunter nicht leicht, einen gemeinsamen Nenner zu finden.

Im vorliegenden Fall geschah folgendes:

Bei einer Wohnungseigentümerversammlung im März 2012 beantragten einige Eigentümer, dass nicht geraucht werden dürfe. Sie forderten von den Mitgliedern die Zustimmung zu einem grundsätzlichen Rauchverbot bei allen Eigentümerversammlungen. Die anderen Teilnehmer waren allerdings der Auffassung, dass kein Anspruch auf ein generelles Rauchverbot bestehe. Dieses müsse vor jeder Versammlung eigens beantragt werden. Die eingehende Diskussion des Themas endete in einer Probeabstimmung, bei der klar wurde, dass der Antrag keine Mehrheit finden würde. Für den Versammlungsleiter war damit der Fall erledigt. Eine wirkliche Abstimmung fand nicht mehr statt. Als während der Sitzung geraucht wurde, verließen die Antragsteller die Versammlung.

Im Nachhinein entfachte ein Streit darüber, ob durch die Probeabstimmung das Rauchverbot bereits per Beschluss wirksam abgelehnt worden wäre oder nicht. Die Fronten waren derart verhärtet, dass die Angelegenheit schließlich vor Gericht landete.

Das Landgericht Dortmund stellte klar, dass eine Probeabstimmung keinem Beschluss gleichzusetzen ist. Ein solcher komme nur zustande, wenn die Anwesenden ihren Willen durch eine korrekte Abstimmung kundtun. Anschließend müsse der Verwalter das Ergebnis ermitteln und offiziell verkünden. Da im vorliegenden Fall keine solche Abstimmung stattgefunden hat, gibt es folgerichtig keinen wirksamen Beschluss.

Das Gericht führte jedoch weiter aus, dass die Wohnungseigentümer einen Anspruch darauf gehabt hätten, dass die Gemeinschaft der Eigentümer ein generelles Rauchverbot für alle Eigentümerversammlungen beschließt. Von den betroffenen Eigentümern kann nicht verlangt werden, dass sie vor jeder Versammlung einen extra Antrag stellen. Dadurch liefen sie Gefahr, dass er abgelehnt wird. Da Passivrauchen aus wissenschaftlicher Sicht als gesundheitsschädlich gilt, ist es niemandem zuzumuten, sich in geschlossenen Räumen Zigarettenrauch auszusetzen. Eine Ablehnung des Rauchverbots bedeutet quasi einen Ausschluss der klagenden Antragsteller von den Versammlungen, denn der eine oder andere würde wegen des Rauchens fernbleiben. Um allen Teilnehmern gerecht zu werden und nicht die Raucher von den Sitzungen auszuschließen, sind Raucherpausen anzusetzen. Ansonsten würde wiederum mancher Raucher die Versammlungen meiden. In beiden Fällen wäre die Eigentümerversammlung unter Umständen nicht mehr beschlussfähig.

Das Landgericht verpflichtete die Eigentümer, dem Beschluss unter folgendem Wortlaut zuzustimmen:

"Die Eigentümer beschließen für die Dauer der Eigentümerversammlungen ein Rauchverbot. Die Versammlungen sind bei Bedarf auf Antrag der Raucher um jeweils fünf Minuten zu unterbrechen, um außerhalb des Versammlungsraumes rauchen zu können."

Dies ist ein Kompromiss, mit dem alle gut leben können. Aber hätte man dafür wirklich erst ein Gericht bemühen müssen? Die Situation muss wohl äußerst verfahren gewesen sein, da von Anfang an gleich von "Forderung", " Anspruch" und "generellem Verbot" die Rede war. Mit einem sachlich-freundlich vorgebrachten Vorschlag bei Beginn der Versammlung erreicht man in der Regel mehr. Mit etwas gutem Willen und der beiderseitigen Bereitschaft, auf die Interessen anderer Rücksicht zu nehmen, müsste eine Einigung auch ohne lange Prozedur von Antragstellung, Diskussion und Beschluss möglich sein.

Sich in eine Gemeinschaft einzufügen und deren Mehrheitsbeschlüssen unterzuordnen, auch wenn sie den eigenen Interessen zuwiderlaufen, fällt vielen Leuten schwer. Das gilt insbesondere dann, wenn es das persönliche Eigentum betrifft. Was in Gaststätten, Kinos oder U-Bahnen selbstverständlich ist, sollte auch unter Nachbarn durchführbar sein. Vielleicht setzen sich mal alle zusammen und rauchen ein Friedenspfeifchen …

LG Dortmund, Urteil vom 19.11.2013, Az. 1 S 296/12


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