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Internetrecherche des Gerichts als Schätzgrundlage

OLG Köln, Beschluss vom 25.05.2016, Az. 1 W 6/16


Internetrecherche des Gerichts als Schätzgrundlage

Das Oberlandesgericht (OLG) Köln hat mit seinem Beschluss vom 25.05.2016 unter dem Az. 1 W 6/16 entschieden, dass das Gericht einen lückenhaftem Vortrag durch Internetrecherche ergänzen kann.

Der Antragsteller hat eine Halle des Antragsgegners in einem Gewerbegebiet gemietet und hat dort eine Firma für Kraftfahrzeugtechnik unterhalten. Der Antragsteller, der durch eine Betreuerin und einen Anwalt vertreten ist, hat sich mit schriftlicher Vereinbarung verpflichtet, das Mietobjekt mit dem zugehörigen Grundstück zu räumen. In der Vereinbarung ist eine Passage enthalten, in der es heißt, dass bei Überschreitung einer festgelegten Frist der Vermieter dazu berechtigt sei, selbst die Räumung vorzunehmen. Es treffe ihn dann auch keine Aufbewahrungspflicht hinsichtlich auf dem Grundstück vorgefundener Gegenstände. Etwaige Kosten seien dann vom Mieter zu tragen.

Der Antragsteller beantragte beim Gericht Prozesskostenhilfe für eine Klage, mit der er den Antragsgegner zu einem Schadensersatzanspruch in der Höhe von 42756 € verurteilen lassen will. Er trägt vor, der Antragsgegner hätte bereits vor der Räumungsfrist das Schloss der Halle wechseln lassen. Danach habe der Antragsteller keinen Zutritt mehr zu der Halle gehabt. Zu dem Zeitpunkt hätten sich noch Gegenstände des Antragstellers in der Halle befunden. Nachdem sich die Betreuerin mehrmals an den Antragsgegner wandte, um eine Räumung einzuleiten, habe dieser nur mitgeteilt, nichts mehr mit der Angelegenheit zu tun zu haben. Eine Räumung sei schon am Wochenende zuvor erfolgt.

Er habe keinerlei Besitz mehr an den Gegenständen des Antragstellers. Die von diesem angegebenen Werte seien überzogen, zumal er eine Gegenforderung in der Höhe von 10839 € habe, wie aus der Vereinbarung über die Räumung folge. Damit rechne er ggf. auf.

Das Landgericht lehnte das Prozesskostenhilfegesuch ab. Hiergegen richtet sich der Antragsteller mit sofortiger Beschwerde, der das Landgericht nicht abhelfen wollte.

Die Beschwerde vor dem OLG hat Erfolg.
Unzutreffend sei schon der Ausgangspunkt des Landgerichts, dass der Vortrag über die verbliebenen Gegenstände des Antragstellers zu pauschal sei. Der Antragsteller habe die Voraussetzungen bezüglich des Schadensersatzanspruchs schlüssig dargelegt. Hierzu bedürfe es keiner weiteren Substantiierung und auch keiner zusätzlichen Beweisantritte. Eine Partei genüge ihrer Darlegungslast schon damit, dass sie eine Tatsache vortrage, die sich in Kombination mit einem Rechtssatz dazu eigne, den Anspruch erscheinen zu lassen. Der Vortrag reiche nur dann nicht aus, wenn das Gericht daraus nicht beurteilen könne, ob die Voraussetzungen für die Rechtsfolgen erfüllt seien, die an eine Behauptung geknüpft sind.

Nach diesem Maßstab trage der Vortrag einen möglichen Schadensersatzanspruch, denn die Gegenstände des Antragstellers befanden sich noch in dem Mietobjekt, als das Schloss durch den Antragsgegner ausgetauscht wurde. Dieser habe kein Recht zum Besitz an den Sachen gehabt. Schon der Austausch des Schlosses sei verbotene Selbsthilfe und stelle einen Eingriff in den Besitz dar, der auch bei Zahlungsrückständen rechtswidrig sei. Auch das Selbsthilferecht zur Wahrung des Vermieterpfandrechts bestehe nur in engen Grenzen. Stets sei der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit anzuwenden. Dieser sei dann verletzt, wenn der Vermieter dem Mieter den Besitz durch Auswechseln des Schlosses entziehe.
Im Hinblick auf Besitzerwerb liege Bösgläubigkeit immer vor, wenn dem Besitzer das fehlende Recht am Besitz bekannt oder grob fahrlässig nicht bekannt war. Als Rechtsfolge müsse der Antragsgegner Schadensersatz leisten, da er die Gegenstände nicht mehr an den rechtmäßigen Besitzer herausgeben könne und dies zu vertreten habe. Wenn der Antragsteller beweisen könne, dass die Gegenstände sich noch in der Halle befanden, als das Schloss ausgetauscht wurde, obliege dem Antragsgegner zu beweisen, dass er den Untergang der Sachen nicht vertreten müsse.

Auch im Hinblick auf den Wert liegen ausreichende Anhaltspunkte vor. Selbst ein lückenhafter Vortrag führe nicht dazu, dass dem Antragssteller das Recht zu verwehren sei. Gemäß § 291 ZPO könne auch eine Internetrecherche des Gerichts als Grundlage für die Wertermittlung dienen.

OLG Köln, Beschluss vom 25.05.2016, Az. 1 W 6/16


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