die wertenden Kriterien des Mietspiegels
Das Landgericht Stuttgart hat am 10.12.2014 ein Urteil in einem unter dem Aktenzeichen 13 S 114/14 geführten Berufungsverfahren verkündet. Gestritten worden war über die Pflicht eines Mieters, dem Mieterhöhungsverlangen seines Vermieters zuzustimmen.
Die Klägerin vermietet Wohnungen, unter anderem auch an den Beklagten. Im Jahr 2012 wollte die Klägerin unter Bezugnahme auf den Mietspiegel für die Stadt Stuttgart die vom Beklagten zu zahlende Grundmiete mit Wirkung zum 01.10.2012 erhöhen. Ein von der Klägerin beauftragtes Unternehmen forderte den Beklagten deshalb mit Schreiben vom 06.07.2012 dazu auf, seine Zustimmung zur Erhöhung der Grundmiete ab dem 01.10.2012 zu erteilen. Als Begründung für die Rechtmäßigkeit der Mieterhöhung wurde auf Lage- und Ausstattungskriterien aus dem Stuttgarter Mietspiegel hingewiesen. Konkret erhielt das an den Beklagten gerichtete Schreiben folgende Hinweise:
„Lageklasse: mit Nachteilen“ und „ Ausstattungsklasse: durchschnittliche Ausstattung“
Der Beklagte verweigerte seine Zustimmung. Die Klägerin erhob bei dem zuständigen Amtsgericht in Stuttgart Klage auf Ersetzung der Zustimmung. Das Amtsgericht entschied, dass der Beklagte grundsätzlich verpflichtet gewesen wäre, einer Mieterhöhung zuzustimmen, dass diese Mieterhöhung allerdings frühestens am 01.05.2013 wirksam geworden sein könnte. Im Laufe des Verfahrens hatte die erkennende Abteilung des Amtsgerichts der Klägerin durch richterliche Verfügung mitgeteilt, dass sie die Begründung im Schreiben vom 06.07.2012 für nicht ausreichend halte. Daraufhin hatte die Klägerin ihre Angaben zu den Merkmalen der Wohnung hinsichtlich von Lage und Ausstattung konkretisiert. Der entsprechende Schriftsatz des Klägervertreters wurde dem Beklagtenvertreter durch das Gericht am 07.02.2013 zugestellt.
Die Klägerin reichte gegen das Urteil des Amtsgerichts Berufung beim Landgericht Stuttgart ein, weil der von ihr geltend gemachte Anspruch auf Zustimmung zur Mieterhöhung für den Zeitraum Oktober 2012 bis April 2013 abgewiesen worden war.
Die Richter der 13. Kammer am Landgericht Stuttgart wiesen die Berufung zurück, soweit sie nicht die Kostenentscheidung betraf. Hinsichtlich der Kostenentscheidung wurde der Berufung teilweise stattgegeben.
Das Landgericht Stuttgart begründet seine Entscheidung damit, dass die Klägerin in der Sache zwar einen Anspruch auf Zahlung einer erhöhten Grundmiete gegen den Beklagten geltend machen konnte, dass die erste Aufforderung zur Zustimmung jedoch aufgrund inhaltlicher Mängel nicht rechtmäßig gewesen sei. Aus diesem Grund sei die Klägerin anfangs auch nicht berechtigt gewesen, Klage gegen den Beklagten einzureichen. Erst nachdem auf Hinweis des Amtsgerichts eine Konkretisierung der Fakten, die zur Begründung der Mieterhöhung führen sollten, erfolgt ist, waren sowohl die Klage als auch das Mieterhöhungsverlangen berechtigt. Durch Anwaltsschriftsatz vom 07.02.2013 wurde der Beklagte nach Ansicht der Richter erstmals in die Lage versetzt, das Mieterhöhungsverlangen der Klägerin tatsächlich nachvollziehen zu können.
Die Vorschrift des § 558a BGB verpflichtet den Vermieter dazu, dem Mieter bei einer Mieterhöhung die Gründe nachvollziehbar darzulegen. Der Mieter muss dabei mindestens so umfassend informiert werden, dass eine einverständliche Regelung gefunden werden kann. Der Vermieter ist nicht generell zu einem ausholenden Tatsachenbericht verpflichtet. Das gilt besonders dann, wenn verschiedene im Zusammenhang mit Ausstattung und Lage der Wohnung wichtige Tatsachen dem Mieter selbst bereits bekannt sind. Bei auslegungsbedürftigen, allgemein gehaltenen Formulierungen im Mietspiegel müssen dem Mieter allerdings die Informationen geliefert werden, die für die Einstufung in eine bestimmte Ausstattungs- oder Lageklasse wichtig waren. Das Landgericht Stuttgart weist an dieser Stelle darauf hin, dass die Kriterien an die Darlegungspflicht auch davon abhängig sind, wie der jeweils geltende, örtliche Mietspiegel aufgebaut und formuliert ist. Der Stuttgarter Mietspiegel enthält im Gegensatz zu anderen Mietspiegeln besonders viele allgemeine Angaben, die in jedem Einzelfall konkret mit zusätzlichen Fakten ausgefüllt werden müssen, um eine für den Mieter nachvollziehbare Begründung abzugeben. Auf zusätzliche Fakteninformationen kann der Vermieter in Stuttgart nur dann verzichten, wenn er die betroffene Wohnung in die jeweils niedrigsten Ausstattungs- und Lageklassen einstuft. Eine „durchschnittliche“ Einstufung befreit nicht von der Konkretisierungsverpflichtung, weil für den Mieter nicht ohne weiteres nachvollziehbar ist, wo der Durchschnitt angesetzt wird.
LG Stuttgart, Urteil vom 10.12.2014, Aktenzeichen 13 S 114/14
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Caro Georg
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