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Verkauf nachgeahmter "Le-Pliage"-Taschen unzulässig

OLG Hamm, Urteil vom 16.06.2015, Az. 4 U 32/14


Verkauf nachgeahmter "Le-Pliage"-Taschen unzulässig

Das Oberlandesgericht Hamm hat im Juni 2015 entschieden, dass Le Pliage-Taschen von Longchamp bestimmte Eigenarten aufweisen, deren Nachahmung eine Herkunftsfälschung bedeutet. Eine Herkunftsfälschung ist anzunehmen, wenn die angesprochenen Personengruppen (Verkehrskreise) die Nachahmungen mit dem Originalprodukt verwechseln können.

Geklagt hatte eine Firma, die in Deutschland Falttaschen der Marke Longchamp Le Pliage herstellt und vertreibt. Diese Taschen gelten als international bekannt und waren auch Objekt der Berichterstattung, als beispielsweise die Frau des englischen Thronfolgers Prinz William mit einer solchen Tasche fotografiert wurde. Die Betreiberin eines Einzelhandelsgeschäftes hatte Taschen verkauft, die nach Ansicht der Klägerin große Ähnlichkeit mit der Longchamp-Tasche aufwiesen. Bereits im April 2013 hatte die Klägerin die Einzelhändlerin abgemahnt und zur Abgabe einer Unterlassungserklärung aufgefordert. Die Händlerin wies die Ansprüche jedoch zurück. Daraufhin erwirkte die Taschenherstellerin ein Versäumnisurteil, das am 9. September 2013 erging. Der Beklagten wurde mit dem Urteil verboten, die Taschen in Deutschland anzubieten oder zu bewerben. Außerdem sollte sie jeden entstandenen Schaden begleichen und schriftlich über die Herkunft und den Umfang des Vertriebs der Taschen Auskunft erteilen. Gegen dieses Urteil legte die Beklagte Einspruch ein.

Die Beklagte argumentierte vor dem Landgericht Dortmund, dass derartige Falttaschen häufig auf dem Markt zu finden seien. Dazu legte die Beklagte Abbildungen einer Reihe sehr ähnlicher Taschen vor. Um wirklich mit den Longchamp-Taschen verwechselt werden zu können, müssten die Taschen noch einige weitere Merkmale aufweisen, wie etwa einen goldenen Druckknopf und weiße Sichtnähte. Dies sei aber nicht der Fall, weshalb von einer Nachahmung nicht die Rede sein könne. Laut einer Umfrage wären die Taschen von Longchamp auch nur 6 % der Bevölkerung bekannt, weshalb die Gefahr einer Verwechslung gering sei. Sie betreibe nur ein kleines Ladengeschäft und habe in den vergangenen Jahren allenfalls zwei Dutzend der Taschen verkauft.

Das Landgericht hob das Versäumnisurteil im Januar 2014 auf, weil nach seiner Sicht keine Nachahmung im Sinne des § 4 Nr. 9 UWG vorlag. Die Klägerin ging daraufhin in Berufung vor dem OLG Hamm. Insbesondere beanstandete sie die Bewertung der Ähnlichkeiten der Tasche. Das LG habe nur Details gewürdigt aber nicht den Gesamteindruck. Eine Nachahmung sei gegeben, wenn „wiedererkennbare wesentliche Elemente der Vorlage“ auch in der Kopie zu finden seien. Zudem seien die Gemeinsamkeiten der Taschen sehr viel auffälliger als die Unterschiede. Bei Betrachtung des Gesamteindrucks der beiden Taschen handele es sich jedenfalls um erkennbare Nachahmungen.

Die Beklagte legte nun Gutachten vor, die sich auf zwei Umfragen des Marktforschungsinstituts GfK bezogen. Die Taschen der Klägerin seien weitgehend unbekannt. Außerdem wiederholte sie ihr Argument, dass auch eine Reihe von Taschen anderer Hersteller sehr ähnliche Merkmale aufweisen und brachte dafür Beispiele vor.

Das Berufungsgericht erklärte die Klage in fast allen Punkten – bis auf einen Teil des geforderten Zahlungsanspruchs – für begründet. Der Unlauterkeitstatbestand des § 4 Nr. 9 a) UWG sei erfüllt, denn es würde eine vermeidbare Täuschung der Käufer herbeigeführt. Dabei hob das Gericht insbesondere auf die „wettbewerbliche Eigenart“ des Produkts ab. Eine „wettbewerbliche Eigenart“ habe ein Produkt dann, wenn es sich durch seinen Gesamteindruck so von anderen Produkten unterscheide, dass man es für ein Produkt eines bestimmten Herstellers halten könne. Diese Eigenart könne sich aus ästhetischen Merkmalen ergeben oder auch aus technischen Eigenarten. Das Gericht stellte zudem anhand einer Reihe von Details der beiden Taschen fest, dass es sich bei dem von der Beklagten vertriebenen Modell um eine erkennbare Nachahmung handelte. Maßgebend für die Beurteilung ist dabei laut Gericht die Verkehrsauffassung (BGH, WRP 2012, 1379 – Sandmalkasten), also nicht die Wahrnehmung aller Verbraucher, sondern der interessierten und beteiligten Verkehrskreise. In diesen Kreisen sei die Bekanntheit der Taschen deutlich höher, was sich etwa auch aus der Presseberichterstattung ergebe. Dass auf dem Markt eine ganze Anzahl von Nachahmungen der Tasche erhältlich sei, habe nicht dazu geführt, dass interessierte Verbraucher sie nicht mehr dem Hersteller Longchamp zuordnen würden. Die wettbewerbliche Eigenart der Taschen sei also weiterhin gegeben.

OLG Hamm, Urteil vom 16.06.2015, Az. 4 U 32/14


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