Markenverletzung bei Amazon-Suchergebnissen
Listet bei Amazon die interne Suche nach einem bestimmten, markenrechtlich geschützten Begriff eines Anbieters (hier: ORTLIEB) noch andere, konkurrierende Produkte auf, handelt es sich um eine Markenverletzung.
Zur Sache:
Die Klägerin klagt vor dem Landgericht München I wegen der Verletzung des Markenrechts, hilfsweise des Wettbewerbsrechts.
Hintergrund des Rechtsstreits ist die interne Produktsuche unter www. a….de, die in Vollmacht der Beklagten steht. Moniert wird von der Klägerin, dass diese bei der Eingabe des Buchstabens „O.“ mehrere gleichartige Produkte konkurrierender Anbieter auflistet.
Nach Ansicht der Klägerin hat die Beklagte diese Auflistung zu unterlassen.
Sie stützt ihre Klage auf die deutsche Wortmarke „O.“, die für die Herstellung von transportablen Behältern aus wasserdichtem Material seit dem Jahr 1995 geschützt ist. Ausschließlich sie sei durch Lizenzvereinbarung im Gesellschaftsvertrag autorisiert, die Marke zu vertreten. Ihr obliegen auch alle Handlungen, die den Schutz der Marke betreffen. Weiter führt die Klägerin aus, dass zwischen ihr und der Beklagten keine direkten Geschäftsbeziehungen bestehen. Vielmehr vertreibt die Klägerin ihre Produkte selektiv sowie über einen eigenen Onlineshop.
Die Beklagte bietet aber dennoch ihrerseits die Produkte der Klägerin in ihrem Onlineshop an und vereinheitlicht diese mit Artikeln anderer Hersteller. So erscheint auf ihrer Internetseite nach Eingabe des Begriffes „O.“ der Buchstabe im Menü am linken Bildschirmrand sowie als wiedergegebener Suchbegriff in der Suchzeile. Im Untermenü werden weitere sprachlich zugeordnete Begriffe, beginnend mit „O.“, aufgelistet. Dazu gehören „-fahrradtasche, -packsack und –rucksack“. Zusätzlich zu den Artikeln der Klägerin erscheinen eigene Produkte der Beklagten sowie anderer Hersteller in der Liste.
Auf diesen Sachverhalt wies die Klägerin die Beklagte im Jahr 2013 hin und forderte sie auf, derartige Produktauflistungen nach Eingabe der Wortmarke „O.“ zu unterlassen. Die Beklagte wies die Unterlassungsanzeige zurück.
Die Klägerin ist dennoch der Auffassung, dass die Beklagte Markenrechte verletzt, indem sie den Buchstaben „O.“ als „gattungsbeschreibenden Oberbegriff“ benutzt. Dieser diene ihr als Mittel der Kommunikation mit dem Kunden und bezwecke genau die Auflistung von weiteren Produkten anderer Hersteller in der Ergebnisliste. Die Kunden würden irritiert, da sie mit der Eingabe der Marke „O.“ genau die Produkte der Klägerin herausfiltern wollten. Die Anzeige weiterer Artikel schwäche die Marke. Nach Auffassung der Klägerin liegt auch deshalb eine markenrechtliche Nutzung vor, weil dem Durchschnittsverbraucher die eindeutige Zuordnung der Produkte kaum möglich sei. Vielmehr entsteht der Eindruck, dass alle gelisteten Artikel zur Marke „O.“ gehören würden.
Die Beklagte verletze durch ihr Vorgehen das Markenrecht, weil sie ohne Zustimmung der Klägerin handelt (§ 14 Abs. 2 Markengesetz). Zudem eignet sich die Marke „O.“ nicht als Oberbegriff für eine Suchanfrage (§ 23 Nr. 2 Markengesetz). Die Verwendung sei irreführend und verstoße zudem gegen die guten Sitten nach Wettbewerbsrecht (§ 5 Abs. 2 UWG). Grund der Annahme sei das willkürliche „Zusammenwerfen von Produkten“, das sowohl die Unterscheidungskraft der Marke „O.“ als auch die der anderen Hersteller schwäche.
Die Klägerin beantragt, die Beklagte zur Unterlassung zu verpflichten. Bei Eingabe des Suchbegriffs „O.“ soll das Auflisten von Produkten anderer Hersteller unterbleiben, insofern diese nicht durch sie selbst oder mit ihrer Zustimmung in Verkehr gebracht worden sind.
Die Beklagte argumentiert, dass die „Benutzung der Marke im eigentlichen Sinne“ nicht vorliege, vielmehr sie die Auflistung ein Ergebnis eines relevanzoptimierten Algorithmus. Dieser resultiere aus früherem Kundenverhalten und beantworte lediglich die Anfrage der Kunden. Selbst wenn eine Benutzung der Marke vorliegen würde, wäre diese nicht „kennzeichengemäß“. Der Durchschnittsverbraucher sehe in der Ergebnisliste keinen Hinweis auf den Hersteller, sondern bekomme lediglich eine Anzahl der Treffer, die Wiederholung des Suchbegriffs sowie die Erinnerung an die Suchkriterien. Eine Nutzung der Marke zur Beeinflussung der Trefferliste sieht die Beklagte nicht, da der Suchalgorithmus dem Suchbegriff lediglich verschiedene Treffer zuordnet. Auch wendet sich die Beklagte gegen die dem Markenrecht zugrunde liegende Gefahr der Verwechslung. Wer sich bei einem Onlineshop über Produkte informiere, wisse, dass es sich um Angebote mehrerer unterschiedlicher Hersteller handle. Zudem seien die Produktbeschreibungen eindeutig mit Marke und Firma verknüpft.
Das Landgericht München I folgt der Argumentation der Klägerin und sieht im Vorgehen der Beklagten eine Markenverletzung.
Zur Begründung heißt es:
Die Anzeige in den Suchergebnissen benutzt die Marke „O.“ markengemäß, um weitere Hersteller aufzulisten. Im Rahmen von Suchmaschinen hat der BGH mehrfach geurteilt, dass die Verwendung eines Markennamens die Auswahlliste beeinflusst. Der Kunde wird auf die Produkte eines oder mehrere Drittanbieter hingewiesen und dadurch irritiert. Vielmehr erwarte der Kunde nach Eingabe des Markennamens auch nur die Auswahl der Markenprodukte. Für eine Markenverletzung genügt es auch, wenn die gelisteten Produkte mit dem Markennamen in Verbindung gebracht werden können. Schriftzüge wie O.-fahrradtasche, O.-packsack oder O.-rucksack missbrauchen die Markenfunktion und führen Kunden zu Produkten anderer Hersteller.
LG München I, Urteil vom 18.08.2015, Az. 33 O 22637/14