Markenverletzung auch bei Echtheitszertifikaten
Das LG Frankfurt hat entschieden, dass eine strafbare Markenrechtsverletzung bereits dann vorliegt, wenn Datenträger mit Software-Echtheitszertifikaten versehen werden, ohne dass eine körperliche Verbindung vorliegt. Diese Entscheidung bedeutet, dass schon das reine Beifügen der Zertifikate eine Markenrechtsverletzung darstellt, da es sich um eine neue Zusammenstellung handelt.
Die Angeklagten erwarben gebrauchte OEM-Versionen und fügten diesen Software-Echtheitszertifikate bei. Es handelt sich um Software aus einem Lizenzvertrag des Softwareherstellers. Der Computerhersteller erwirbt das Recht, die Software auf der Grundlage dieses Lizenzvertrages in Paketen zu veräußern, indem er diese auf der von ihm hergestellten Hardware installiert. Die Angeklagten kauften die DVDs von einer Verkäuferin aus England, die Echtheitszertifikate stammten zu sechzig Prozent aus China. Allerdings war ihnen bekannt, dass der Verkäufer aus China auch mit illegaler Software handelte. Vierzig Prozent der Echtheitszertifikate kauften die Angeklagten in Deutschland und Italien zu.
Bei den Angeklagten bestand Arbeitsteilung, wobei der eine die Verwaltungs- und Büroarbeit übernahm und gelegentlich Verkäufe tätigte, während der andere die Ein- und Verkäufe tätigte. Die Angeklagten erwarben die Produkte in verschieden großen Tranchen und stellten die Software anschließend aus verschiedenen Einheiten zusammen. Neben den Einkaufsrechnungen konnten die Angeklagten keine Herkunftsnachweise oder andere Belege nachweisen und boten diese bei der Weiterveräußerung auch nicht an. Häufig wurde die Software gegen Barzahlung erworben, auch war den Angeklagten bewusst, dass die Preise für die erworbenen Produkte auffallend günstig waren, die sie ihrerseits weit unter Neupreis veräußerten. Sie hofften zwar, dass sie keine illegale und gefälschte Ware einkauften, nahmen die Möglichkeit jedoch billigend in Kauf. Auch war ihnen klar, dass für die von ihnen veräußerten Produkte Markenrechtsschutz besteht. Anschließend veräußerten sie die Software über eBay. Die Echtheitszertifikate gehörten jedoch nicht zu den veräußerten OEM-Versionen, sondern stammten von anderen Computer-Programmen.
Die Richter stuften dieses Vorgehen als strafbare Markenrechtsverletzung gemäß § 143 MarkenG ein. Juristisch gesehen haben die Angeklagten die veräußerte Computer-Software so weit verändert, dass eine neue Zusammenstellung vorliegt, da sie diese mit fremden Echtheitszertifikaten versehen haben. Dieses Vorgehen muss die betroffene Markenrechtsinhaberin nicht dulden, denn einem Markenzeichen kommt immer eine Herkunfts- und Garantiefunktion zu. Durch die neue Zusammenstellung von Datenträger und Echtheitszertifikat ist diese gesetzliche Anforderung nicht mehr erfüllt. Eine körperliche Verbindung ist nicht nötig, denn die Rechtsinhaberin hat ein großes Interesse daran, dass nur die von ihm in Verkehr gebrachten Datenträger mit den klagegegenständlichen Echtheitszertifikaten versehen werden. Durch die Beifügung der Echtheitszertifikate zu den Datenträgern entsteht der unzutreffende Eindruck, die Rechtsinhaberin habe diese Software autorisiert und zertifiziert. Durch dieses Echtheitszertifikat bringen die Verbraucher der Produkteinheit ein gesteigertes Vertrauen entgegen.
Indem die Angeklagten die streitgegenständliche Software mit fremden Echtheitszertifikaten vertrieben, haben sie ein geschütztes Zeichen in kennzeichnender Weise genutzt. Mit diesem Vorgehen haben sie die eigene Ware unberechtigterweise von gleichartigen Produkten fremder Herkunft abgegrenzt. Damit bestand nach dem Markenschutzgesetz eine Verwechslungsgefahr. Die Verwendung der geschützten Zeichen erfolgte ohne Zustimmung der Rechtsinhaberin. Da es sich um gefälschte Ware handelt, ist anzunehmen, dass die Rechtsinhaberin mutmaßlich nicht mit einer derartigen Verwendung ihres geschützten Zeichens einverstanden ist. Für die Betriebssysteme, für die die Kammer keine Fälschungen feststellen konnte, könnte theoretisch zwar im Wege des Erstvertriebes innerhalb der EU/EWG auf der Grundlage des Lizenzvertrages eine Erschöpfung des Markenrechts eingetreten sein. Jedoch ist die Rechtsinhaberin des eingetragenen Markenzeichens berechtigt, sich einer derartigen Veräußerung zu widersetzen, wenn eine Veränderung der Ware vorliegt (§ 24 MarkenG).
Ein Echtheitszertifikat hat die Funktion, die Echtheit einer Software zu garantieren und erfüllt damit eine Herkunfts- und Garantiefunktion. Daher hat die Rechtsinhaberin ein gesteigertes Interesse daran, dass ihre Microsoft-Echtheitszertifikate auch nur mit von ihr hergestellter Software in Verbindung gebracht und veräußert werden. Auf die physische Verbindung zwischen Datenträger und Echtheitszertifikat kommt es nicht an. Dass sich die Rechtsinhaberin der rechtswidrigen Verwendung ihrer Produkte widersetzt hat, belegt die gestellte Strafanzeige.
LG Frankfurt am Main, Urteil vom 12.12.2016, Az. 5/12 Kls - 7430 Js 244607/14 (5/16)