Kosten für eine unwirksame patentrechtliche Abmahnung
Die Kosten für eine unwirksame patentrechtliche Abmahnung muss der Abgemahnte nicht tragen. Unwirksam ist eine Abmahnung, wenn der Abgemahnte anhand des Schreibens nicht feststellen kann, welches Patent er verletzt haben soll. Es besteht für ihn keine Pflicht, das verletzte Patent selbst zu ermitteln. Es gibt auch keine gesetzliche Grundlage, die ihn zwingt, selbständig die Schutzrechte seiner Wettbewerber zu recherchieren. Das hat das Landgericht Düsseldorf entschieden.
Klägerin und Beklagter stellen Kupplungen her. Die Klägerin hält ein komplexes Patent für Sicherheitskupplungen. Es besteht aus einem Anspruch und elf Unteransprüchen. Eine Überlastkupplung des Beklagten verletzte aus Sicht der Klägerin ihr Patent. Sie mahnte den Beklagten daher ab und verlangte, dass er Herstellung und Vertrieb einstellt. In dem Abmahnschreiben wurde der kennzeichnende Teil des Patents wiedergegeben. Die baulichen Unterschiede zwischen der Ausführung des patentierten Bauteils und der Überlastkupplung des Beklagten werden beschrieben. Die beauftragten Anwälte folgerten daraus, dass die Unterschiede nicht ausreichen, den Schutzbereich des Patentes zu verlassen. Die Nummer des Patents wurde nicht genannt. Als Nebenforderung wurde die Erstattung der anwaltlichen Inanspruchnahme verlangt. Der Beklagte reagierte nicht. Daraufhin erhob die Inhaberin des Patents Klage. Es kam zu einer sofortigen Anerkennung des Patentanspruchs. Das beklagte Unternehmen stellte Herstellung und Vertrieb ein. Die Erstattung der Prozesskosten und der vorgerichtlichen Kosten lehnte es aber ab. Darum ging es vor dem Landgericht Düsseldorf.
Die Klägerin wollte beiderlei Kosten ersetzt haben. Die Abmahnung sei ordnungsgemäß erfolgt, die Nummer des fraglichen Patents sei dafür nicht erforderlich gewesen. Der Beklagte beobachte das Marktverhalten seiner Wettbewerber und könne Patente selbstständig recherchieren. Außerdem sei er verpflichtet, die Schutzrechte seiner Mitbewerber zu ermitteln, bevor er mit der Herstellung beginnt. Der Beklagte widersprach. Es bestehe keine solche Beobachtungspflicht und er verfolge das Marktverhalten seiner Wettbewerber nicht. Die Schilderung der Patentmerkmale in dem Abmahnschreiben sei zusammenhanglos gewesen. Daher habe er das Patent nicht identifizieren können.
Vor Gericht setzte er sich damit durch. Einen Erstattungsanspruch gibt es nur bei einer wirksamen Abmahnung. Dafür müssen die Grundlagen des Unterlassungsanspruchs zutreffend dargestellt werden. Es muss zu erkennen sein, welche Ausführungsform gegen welches Schutzrecht verstößt. Der Klägerin wäre es möglich gewesen, das Patent zu nennen. Das wäre eine umfassende Aufklärung des Beklagten gewesen. Wegen der Komplexität des Patents ist der Verzicht auf die Nennung unverständlich. Denn so konnte der Beklagte die Sach- und Rechtslage nicht beurteilen. Es ist aber nicht seine Aufgabe, fehlende Sachverhalte eigenständig zu ermitteln. Eine solche Verwarnung verfehlt auch ihren eigentlichen Zweck, nämlich die Inanspruchnahme der Gerichte möglichst zu vermeiden. Es gibt keine gesetzliche Grundlage, die ein Unternehmen verpflichtet, vor der Fertigung etwaige Schutzrechte von Mittbewerbern zu ermitteln.
Der Klägerin unterlief ein weiterer Fehler. Sie hatte Abmahnschreiben und die beigefügte Unterlassungserklärung unterschiedlich formuliert. Darauf wies das Schreiben aber nicht hin. Daher war die Abmahnung irreführend. Auch der Hinweis, dass die Unterlassungserklärung beispielhaft sei, reicht dann nicht aus. Denn es war nicht klar, ob der Beklagte ausreichende juristische Expertise besitzt, um das zutreffend einzuordnen. Für seine juristischen Fehler wurde das Unternehmen finanziell bestraft. Die unwirksame Abmahnung gleicht in ihren Folgen einer nicht erfolgten Abmahnung. Damit gilt, dass der Beklagte keinen Anlass zur Klageerhebung gegeben hat. Prozesskosten und Anwaltskosten muss die Klägerin daher selbst tragen.
LG Düsseldorf, Urteil vom 21.08.2013, Az. 4a O 9/12 U.