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Gebrauch von Markenzeichen als Keywords

EuGH, Urteil vom 22.09.2011, Az. C-323/09


Gebrauch von Markenzeichen als Keywords

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat im September 2011 entschieden, dass die Verwendung eines fremden Markennamens als Google-Adword die Rechte des Markeninhabers verletzen und von diesem verboten werden kann, wenn damit die herkunftshinweisende Funktion der Marke beeinträchtigt wird oder weitere Umstände hinzukommen, wie etwa die Nachahmung von Waren oder Dienstleistungen. Der britische Blumenlieferdienst Interflora hatte gegen die ebenfalls britische Kaufhauskette Marks & Spencer geklagt, die bei Google das AdWord „Interflora“ registriert hatte, um Treffer für ihre Webseite zu generieren.

Die amerikanische Interflora Inc. ist ein weltweites Netzwerk von Blumenhändlern mit über 58.000 angeschlossenen Blumengeschäften in über 140 Ländern. In Großbritannien ist die Interflora British Unit Lizenznehmerin des Netzwerks, das in Deutschland und den meisten anderen europäischen Ländern als „Fleurop“ bekannt ist. Marks & Spencer (M & S) ist eine der größten Einzelhandelsketten Großbritanniens mit über 350 Geschäften (meist Kaufhäusern) im ganzen Land. Beide Unternehmen vertreiben ihre Produkte auch über das Internet, wobei M & S auch Blumen verkauft und liefert, jedoch nicht dem Interflora-Netzwerk angeschlossen ist. „AdWords“ ist ein Werbesystem des Suchmaschinenbetreibers Google. Werbetreibende können kostenpflichtig bestimmte „Keywords“ („Schlüsselwörter“) registrieren. Die Werbung wird dann nur noch bei Google-Suchen angezeigt, bei denen nach dem registrierten Keyword gesucht wurde.

Marks & Spencer hatte bei Google unter anderem auch den Begriff „Interflora“ als Schlüsselwort eingetragen, sodass Benutzern der Google-Suche bei der Suche nach einem dieser Schlüsselwörter auch die Werbung von M & S in der Rubrik „Anzeigen“ angezeigt wurde. In dieser M & S-Anzeige wurde für die Möglichkeit geworben, bei M & S online Blumen zu bestellen und bei Bestellung bis 17 Uhr am nächsten Tage die Lieferung zu erhalten. Interflora erhob deshalb Klage beim britischen High Court of Justice wegen Verletzung der Markenrechte. Das Gericht setzte das Verfahren aus, um beim EuGH einige Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen.

Der EuGH sollte klären, ob die Verwendung eines Markennamens als Google-AdWord eine „Benutzung“ des Markenzeichens im Sinne des europäischen Markenrechts ist und ob dies für Waren oder Dienstleistungen erfolge, die mit denjenigen der eingetragenen Marke identisch sind. Insbesondere wurde erfragt, nach welcher Regelung der Richtlinien 89/104 und der Verordnung Nr. 40/94 dies der Fall wäre. Vor allem aber sollte der EuGH klären, ob eine solche Benutzung geeignet wäre, Teile des Publikums zu der Annahme zu verleiten, dass M & S Teil des Interflora-Vertriebsnetzes sei.

Der EuGH stellte fest, dass es sich bei der Verwendung des AdWords „Interflora“ auch dann um eine „Benutzung“ der Marke handelt, wenn das Wort selbst nicht in der Werbeanzeige erscheint. Ein Verbot könne der Markeninhaber allerdings nur dann aussprechen, wenn die Verwendung des AdWords „eine Funktion der Marke beeinträchtigen“ könne. Eine solche Funktion ist beispielsweise der Verweis des Markenzeichens auf die Herkunft einer Marke oder ihre Nutzung zur Bindung von Verbrauchern. Es sei denkbar, dass die „herkunftshinweisende Funktion“ einer Marke beeinträchtigt wird, wenn bei Verwendung des Markennamens in einer Suchmaschine die Werbung eines Konkurrenten angezeigt wird. Dies könne insbesondere dann der Fall sein, wenn nach Eingabe einer Marke bei Google sofort die Werbung einer anderen Marke erscheine. In einer solchen Situation sei ein Irrtum über den Ursprung einer Ware oder Dienstleistung möglich. Die herkunftshinweisende Funktion der Marke sei verletzt, wenn die Anzeige beim Verbraucher den Eindruck erwecken könne, der angezeigte Anbieter stehe in einer wirtschaftlichen Verbindung mit dem Inhaber der gesuchten Marke. Ob dies im Falle Interflora / M & S der Fall sei, müsse das britische Gericht prüfen. Eine Beeinträchtigung der Werbefunktion ist durch die Verwendung von Schlüsselwörtern nach Ansicht des EuGH nicht gegeben.

Eine unlautere Nutzung der Marke Interflora kann auch vorliegen, wenn ein Dritter (hier also M & S) Nutzen aus der Bekanntheit der Marke zieht („Trittbrettfahren“). Eine Nutzung des bekannten Markennamens ist aber nach Meinung des EuGH erlaubt, wenn ohne Beeinträchtigung der Markenfunktion lediglich Alternativen zur bekannten Marke vorgeschlagen werden. Ob dies der Fall sei, müsse das britische Gericht prüfen.

EuGH, Urteil vom 22.09.2011, Az. C-323/09


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