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“for you” muss nicht gelöscht werden

BGH, Beschluss vom 10.07.2014, Az. I ZB 81/13


“for you” muss nicht gelöscht werden

Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass die Marke „for you“ für Waren aus dem Ernährungs- und Gesundheitsbereich keine produktbeschreibende Sachaussage enthält und die nach § 8 MarkenG erforderliche Unterscheidungskraft für die angesprochenen Verkehrskreise enthält. Bereits mit seiner Entscheidung vom 15. Juli 1999 hatte der Bundesgerichtshof in der Anfangszeit des neu gestalteten und überarbeiteten Markenrechts in der Markenangelegenheit „FOR YOU“ für eine Überraschung in der Rechtsprechung gesorgt. Damals hatte er dieser Marke für Tabakerzeugnisse die nicht erwartete Unterscheidungskraft und damit das Nichtvorliegen einer warenbeschreibenden Sachaussage attestiert. Bei dem vorliegenden Schutzrechtsstreit der Markenanmeldung „for you“ wurde dem BGH jetzt im Rahmen eines Nichtigkeitsverfahrens (§ 50 MarkenG) gegen die im Jahr 2001 angemeldete Marke die Gelegenheit gegeben, zu zeigen, ob er bei seiner liberalen Auslegung des Markenrechts bleibt oder nicht.

In diesem Rechtsstreit um die Schutzrechtsanmeldung „for you“ lieferte das Bundespatentgericht als Vorinstanz die Steilvorlage für eine abweichende Rechtsprechung von der des Bundesgerichtshofes aus dem Jahr 1999. Das Bundespatentgericht hatte eine wesentlich weniger liberale Vorstellung davon, wann eine Marke die von § 8 MarkG geforderte Unterscheidungsfähigkeit besitzt und wann nicht. Entgegen dem Bundesgerichtshof ging das Bundespatentgericht davon aus, dass die angesprochenen Verkehrskreise mit dem Wortzeichen „for you“ ein Gefühl der persönlichen Ansprache und einer individuellen Behandlung assoziieren und mit den beantragten Nahrungs- und Gesundheitsartikeln ohne weiteres Nachdenken eine gewisse Beschaffenheit und Qualität sowie eine auf eine persönliche Produktanpassung gerichtete Verkehrsauffassung verbinden. Der Bundesgerichtshof hebelte die Rechtsauffassung der Vorinstanz aus, indem er feststellte, dass es ausschließlich auf die eingetragene Schreibweise des Wortzeichens ankommt. Aus diesem Grund verbietet sich eine gedankliche Assoziation mit Gattungsbezeichnungen, die einen beschreibenden Wortinhalt konstruiert, aus dem die angesprochenen Verkehrskreise schließlich eine nicht ausreichende Unterscheidungskraft folgern. Demzufolge ist festzustellen, dass die beiden Marken „For You“ und „for you“ ein gutes Beispiel der Rechtsprechung sind, dass sich aus solchen kurzen Wortbezeichnungen nicht ohne Weiteres ein warenbezogener Sachbezug herstellen lässt, was die Eintragungschancen derartiger Wortzeichen erhöht.

Die streitgegenständliche Wortmarke ist die am 20. Juni 2001 angemeldete und am 20. März 2002 eingetragene Wortmarke Nr. 301 37 508 „for you“. Eingetragen wurde sie für Gesundheits- und Nahrungsartikel. Am 24. März 2010 hat die Antragstellerin die Löschung der angegriffenen Marke aufgrund mangelnder Unterscheidungskraft und Freihaltebedürfnis beim Deutschen Patent- und Markenamt beantragt. Das DPMA hat den Löschungsantrag zurückgewiesen. Die Antragstellerin richtete sich mit dem Rechtsmittel der Beschwerde beim Bundespatentgericht gegen diese Entscheidung.

Das Bundespatentgericht folgte dem Rechtsbegehren der Antragstellerin und gab dem Löschungsantrag statt. Die Voraussetzungen für eine Löschung lägen gemäß § 50 i. V. m. § 8 MarkenG vor. Die Antragstellerin hat am 29. August 2007 beim Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt die Gemeinschaftsmarke „for you power eiweiß“ zur Anmeldung gebracht. Die Markeninhaberin wandte sich mit der Rechtsbeschwerde vor dem Bundesgerichtshof gegen die Löschung ihrer Marke. Der Bundesgerichtshof stellt fest, dass die Marke nicht entgegen § 8 MarkenG eingetragen worden ist und gesteht ihr die geforderte Unterscheidungskraft zu. Der Löschungsantrag der Gegenpartei ist jedoch nicht alleine deshalb missbräuchlich, weil sie für sich selbst eine Marke zur Anmeldung gebracht hat, die gleichfalls die Wortfolge „for you“ enthält. Vielmehr ist es gemäß § 53 MarkenG jedermann gestattet, einen Löschungsantrag zu stellen. Daher kann das Gericht eine Treuewidrigkeit (§ 242 BGB) nicht feststellen. Die Interpretation des Bundespatentgerichtes hält der Nachprüfung durch die Beschwerdeinstanz jedoch nicht stand. Die vorzunehmende Prüfung im Nichtigkeitsverfahren, ob der Eintragung Schutzhindernisse entgegenstehen, hat sich einheitlich auf den Zeitpunkt der Anmeldung und nicht auf den der Eintragung zu richten. (§§ 8, 9, 37, 41, 50 MarkG). Ferner ist der Entscheidung das zu diesem Zeitpunkt vorliegende Verkehrsverständnis zugrunde zu legen. In diesem Fall wirkt sich dieses Versäumnis jedoch nicht aus, da beide Parteien erklärt haben, dass sich zwischen dem Zeitpunkt der Anmeldung und der Eintragung der Marke das Verkehrsverständnis nicht geändert hat.

Jede geringfügige Unterscheidungskraft ist ausreichend, um ein eventuell vorliegendes Schutzhindernis zu überwinden. Es kommt alleine darauf an, dass die angesprochenen Verkehrskreise den gekennzeichneten Waren eine Ursprungsidentität zuordnen. Sie müssen in der Lage sein, die Waren mit der Markenbezeichnung auf das entsprechende Unternehmen zurückzuführen. Der normal informierte und durchschnittlich aufmerksame Verbraucher wird die in Rede stehenden Waren so wahrnehmen, wie sie ihm entgegentreten, ohne eine weitere tiefgreifende Analyse anzustellen. Eine mangelnde Unterscheidungskraft kommt lediglich kurzen Wortfolgen, denen eine anpreisende und werbende Aussage zugrunde liegt, zu. Auch längere Wortfolgen fallen in diese Kategorie. Alle Wortprägungen, die eine gewisse Kürze, Originalität und Prägnanz besitzen, verfügen demzufolge über die geforderte Unterscheidungskraft. In Anbetracht der regulären Verkaufsform für die angemeldeten Produkte kommt eine individuelle Produktanpassung und ein auf besondere Kundenwünsche gerichtetes Verkehrsverständnis aufgrund der Wortfolge „for you“, die in der deutschen Sprache mit den persönlichen Attributen „für Dich/Sie/Euch“ und demzufolge mit einer persönlichen Ansprache verbunden wird, nicht in Frage. Entgegen der Annahme der Vorinstanz besteht kein Freihaltebedürfnis an dem Wortbestandteil „you“, wie sie das Schweizerische Bundesgericht festgestellt hat. Ferner hat das Bundespatentgericht gegen den Grundsatz, die Marke einer Gesamtbeurteilung zu unterziehen, verstoßen. Die angesprochenen Verkehrskreise verbinden die Wortfolge „for you“ entgegen der Annahme des Bundespatentgerichts nicht mit einem Kaufappell. Damit wohnt der Wortfolge keine Anpreisung und Werbeaussage inne, die einer Markeneintragung aufgrund mangelnder Unterscheidungskraft entgegenstehen. Der Bundesgerichtshof hat die Entscheidung des Bundespatentgerichts aufgehoben und die Sache gemäß § 89 MarkenG an die Vorinstanz zurückverwiesen. Das Bundespatentgericht wird die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen die Entscheidung des DPMA (Zurückweisung des Antrages auf Löschung der angegriffenen Marke) aufzuheben haben, sollten nicht letztendlich Schutzhindernisse auftreten, die einer Eintragung entgegenstehen.

BGH, Beschluss vom 10.07.2014, Az. I ZB 81/13


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