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Änderung einer geographischen Herkunftsangabe

BGH, I ZB 6/12


Änderung einer geographischen Herkunftsangabe

Aufgrund der fehlenden Berücksichtigung von Argumenten eines Verfahrensbeteiligten hat der Bundesgerichtshof (kurz BGH) eine Entscheidung des Bundespatentgerichts zur Verwendung der geschützten Bezeichnung „Schwarzwälder Schinken“ aufgehoben. Der BGH wies mit dem Beschluss (Az. I ZB 6/12) das Verfahren entsprechend zur erneuten Urteilsfindung an die vorherige Instanz zurück.

Der Antragssteller als Schutzverband der Schwarzwälder Schinkenhersteller hatte dabei bereits im Jahr 2005 bei dem Deutschen Patent- und Markenamt beantragt, die Voraussetzungen für die Verwendung der lokal geschützten Bezeichnung „Schwarzwälder Schinken“ zu modifizieren. Insbesondere begehrte der Verband die Festlegung, dass zukünftig sowohl Aufschneiden als auch Verpacken der Schinkenprodukte im Sinne der Bezeichnung im Schwarzwald zu erfolgen hat.

Die Bezeichnung „Schwarzwälder Schinken“ als solche ist dabei bereits seit 1997 durch entsprechenden Antrag des Antragsstellers geschützt. Grundlage hierfür ist die Verordnung (EG) Nr. 123/97 der EU-Kommission, die geographische Angaben im Sinne von Art. 17 der Verordnung (EWG) Nr. 2081/92 zum Schutz von geographischen Angaben und Ursprungsbezeichnungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel für "Fleischerzeugnisse" geschützt.

Nachdem das Deutsche Patent- und Markenamt den Antrag zunächst abgewiesen hatte, ersuchte der Antragssteller mittels einer entsprechenden Klage vor dem Bundespatentgericht in München die beantragten Anpassungen durchzusetzen.

Gegen diese erhob zwischenzeitlich jedoch ein norddeutsches Unternehmen Einspruch. Dieses vertreibt als Geschäftsmodell Produkte unter der Bezeichnung „Schwarzwälder Schinken“, die jedoch an einem Produktionsstandort in Norddeutschland aufgeschnitten und verpackt werden. Entgegen den Ausführungen des Antragsstellers sah das einsprechende Unternehmen entsprechend keine ausreichende Begründung für die Anpassung der Voraussetzungen zur Verwendung der Bezeichnung gegeben. Insbesondere stellte es fest, dass es keinerlei produktspezifische Besonderheiten gebe, die ein Aufschneiden und Verpacken nur innerhalb der regionalen Grenzen des Schwarzwalds erforderlich machen würden.

Das Bundespatentgericht gab dennoch dem Verlangen des Antragsstellers statt und wies die Ausführungen des Einsprechenden entsprechend zurück. Dieser erhob in der Folge eine Rechtsbeschwerde gegen die Entscheidung vor dem BGH, welcher als höchste Instanz grundsätzlich das letzte Wort über Patent- und Markenrechtsstreitigkeiten hat.

Der BGH folgte dabei der Rechtsbeschwerde des Einsprechenden, da er insbesondere das Recht auf rechtliches Gehör durch die Entscheidung des Bundespatentgerichts verletzt sah. Demnach hatten die Münchener Richter nach Ansicht des BGH den Einwand hinsichtlich der fehlenden produktspezifischen Besonderheiten des „Schwarzwälder Schinken“ und der daraus resultierenden fehlenden Erfordernis zur Verarbeitung innerhalb bestimmter regionaler Grenzen bei ihrer Entscheidung gänzlich unberücksichtigt gelassen.
Da das Bundespatentgericht bei angemessener Berücksichtigung dieser Ausführungen nach Ansicht des BGH möglicherweise anders entschieden hätte, wies es das Verfahren zur Findung eines neuen Urteils entsprechend zu diesem zurück.

Mit der vorliegenden Entscheidung wurde die Streitigkeit um die Bezeichnung „Schwarzwälder Schinken“ demnach um mindestens ein weiteres Urteil verlängert. Der sich inzwischen über fast zehn Jahre hinziehende Prozess hat dabei eine besondere wirtschaftliche und politische Tragweite, die auch Signalwirkung für ähnlich gelagerte Situationen in anderen Branchen haben kann.
Während auf der einen Seite die regionalen Verbände für ihren Wirtschaftsstandort und die damit zusammenhängenden Arbeitsplätze kämpfen, steht auf der anderen Seite die freie Marktwirtschaft mit ihren grenzüberschreitenden und globalen Abläufen.

Abgesehen von wirtschaftlichen Interessen von Unternehmen und Interessenverbände ist die Entscheidung jedoch auch für Kunden relevant. Während demnach einerseits die klare Zuordnung von Produkten mit ihrer territorialen Herkunft erstrebenswert scheint, kann die Begrenzung auf einen kleineren Kreis von Produktionsstandorten auch zu einer Vereinfachung des Wettbewerbes und demnach zu Preissteigerungen führen.

Ob auch die Verarbeitung des „Schwarzwälder Schinken“ zukünftig im Schwarzwald zu erfolgen hat, wird demnach das Bundespatentgericht in einem neuen Urteil klären müssen. Mit einem solchen dürfte in Anbetracht der bisherigen Verfahrensdauer und der Komplexität des Sachverhalts nicht allzu schnell zu rechnen sein.

BGH, Beschluss vom 03.04.2014, Az. I ZB 6/12


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