Zur Unzulässigkeit des Auskunftsbegehrens im Rahmen einer Stufenklage
Das Landgericht Magdeburg entschied am 17.11.2022, dass eine Stufenklage unzulässig sei, wenn die begehrte Auskunft lediglich der Prüfung dient, ob überhaupt ein Anspruch besteht. Eine unzulässige Stufenklage könne aber in eine objektive Klagehäufung umgedeutet werden, sofern anzunehmen ist, dass das Auskunftsbegehren auch unabhängig von der Stufung angestrebt wird. Aus einer Umdeutung folge, dass der Zahlungsantrag unabhängig von der Auskunft beziffert werden muss.
Wann kann eine unzulässige Stufenklage umgedeutet werden?
Beklagte war eine private Krankenversicherung. Der Kläger wendete sich im Wege der Stufenklage gegen vermeintliche und tatsächliche Prämienerhöhungen. Er forderte die Beklagte auf, ihm Auskunft über alle Beitragsanpassungen zu erteilen. Danach sollte sie verurteilt werden, einen Betrag in noch zu bestimmender Höhe zu zahlen. Zudem sollte festgestellt werden, dass die Beklagte zur Herausgabe der Nutzungen verpflichtet sei. Die Beklagte hielt die Stufenklage für unzulässig.
Verknüpfung von Auskunft und unbezifferter Leistung ist unzulässig
Das Landgericht Magdeburg hielt die im Wege der Stufenklage nach § 254 ZPO vorgenommene Verknüpfung von Auskunftsbegehren und unbezifferten Leistungsantrag für unzulässig. § 254 ZPO gestatte einen unbezifferten Leistungsanspruch, wenn er mit einem darauf konkretisierten Auskunftsantrag verbunden wird. Die Besonderheit der Stufenklage bestehe damit darin, den Kläger vor allem in den Genuss der materiellen Wirkungen der Rechtshängigkeit zu bringen. Die der Stufenklage eigentümliche Verknüpfung von vorbereitendem Auskunftsausspruch und nachfolgendem Leistungsanspruch stehe nicht zur Verfügung, wenn die Auskunft keinem Bestimmungszweck für eine mögliche Leistung dient, sondern nur damit nicht in Zusammenhang stehende Informationen verschaffen soll.
Prüfung eines Anspruchs
Das vom Kläger begehrte Auskunftsbündel habe ersichtlich der Prüfung gedient, ob überhaupt ein Anspruch gegen die Beklagte besteht, so das Gericht. Daran ändere auch nichts, dass als ein Teil des Bündels Auskunft über die Höhe der Tarifanpassungen gefordert wird. Insoweit handele es sich um einen unselbstständigen Teil des Antrages. Das werde daran deutlich, dass selbst bei Kenntnis der Höhe der Anspruchsgrund weiterhin unklar bliebe. Denn auch bei Kenntnis des Erhöhungsbetrages wäre eine Prüfung der formalen Rechtshängigkeit nicht möglich.
Umdeutung der unzulässigen Stufenklage
Das LG befand, die unzulässige Stufenklage sei in eine von der Stufung unabhängige objektive Klagehäufung nach § 260 ZPO umzudeuten. Dies könne aber nur unter der Annahme erfolgen, dass das Auskunftsbegehren auch unabhängig von der Stufung verfolgt wird. Die Umdeutung habe zur Folge, dass der Kläger seinen Zahlungsantrag unabhängig von der Auskunftserteilung beziffern muss. Ansonsten sei der Antrag unzulässig.
Auskunft neben Leistungs- und Feststellungsbegehren
Das Gericht legte das klägerseitige Auskunftsbegehren aus und kam zu dem Schluss, dass die Auskunft neben der Leistungs- und der Feststellungsklage gewollt sei. Es könne nicht unterstellt werden, dass auf das Auskunftsbegehren verzichtet werde, wenn es nicht prozessual gestuft geltend gemacht werden könne. Damit sei der unbezifferte Leistungsantrag und der unkonkrete Feststellungsantrag wegen Verstoßes gegen das Bestimmtheitsgebot unzulässig.
Fehlende rechtliche Grundlage für Auskunft
Das Auskunftsbegehren sei unbegründet, entschied das LG. Dem Kläger stehe bereits keine Anspruchsgrundlage zur Seite, nach denen die Beklagte zur Informationserteilung verpflichtet wäre. Ein Anspruch aus § 660 BGB bestehe nicht, weil der Versicherungsvertrag weder ein Auftragsverhältnis noch ein Geschäftsbesorgungsvertrag darstellt. Auch der aus Treu und Glauben hergeleitete Anspruch nach § 242 BGB setze neben der vertraglichen Sonderbeziehung eine – unverschuldete – Unkenntnis des Klägers voraus. Dazu sei aber nichts vorgetragen worden. Die Auskunft lasse sich auch nicht erfolgreich auf § 15 DSGVO stützen. Dem stehe der Einwand des Rechtsmissbrauchs entgegen. Nach dem Klägerwillen solle das begehrte Auskunftsbündel ausschließlich der Verfolgung von Leistungsansprüchen dienen. Dabei handelt es sich aber um einen DSGVO-fremden Zweck. Auch § 3 VVG verhelfe dem Kläger nicht zum Erfolg. Danach könne der Versicherungsnehmer lediglich eine Ersatzausfertigung des Versicherungsscheines verlangen, wenn das Original vernichtet wurde oder der Kläger es aus einem anderen Grund verloren hat. Vorliegend sei das Verlangen auch rechtsmissbräuchlich, weil der Kläger aus dem Auskunftsbündel lediglich eine unvollständige Teilinformation bekommen würde, an der er kein Interesse hat. Auch die Vorschrift des § 3 Abs. 4 VVG führe nicht zum Ziel. Denn danach könne der Kläger grundsätzlich nur Abschriften von eigenen Erklärung verlangen, worum es hier aber nicht geht. § 808 BGB führe gleichfalls nicht zum Anspruchsziel, weil dieser nur die – hier nicht beantragte – Einsicht in Urkunden gestattet.
Landgericht Magdeburg, Urteil vom 17.11.2022, Az. 11 O 466/22