Veröffentlichung von Infos über Prominententochter
BGH entscheidet, dass das allgemeine Persönlichkeitsrecht einer minderjährigen Prominententochter hinter dem öffentlichen Informationsinteresse und dem Recht auf Meinungs- und Medienfreiheit zurücksteht.
Der Bundesgerichtshof befasste sich mit einem Fall, in dem die der „Regenbogenpresse“ zuzuordnende Zeitschrift F. eine Meldung über die Adoptivtochter des prominenten TV-Moderators J. veröffentlicht hatte. In dem im Juli 2011 erschienenen Artikel war über einen Auftritt des Moderators in Frankfurt/Main berichtet worden. Dabei wurden unter anderem Vorname und Alter des damals 14-jährigen Mädchens K. sowie dessen Verwandtschaftsverhältnis zu dem Prominenten erwähnt. K. war 1997 vom dem Moderator und dessen Ehefrau adoptiert worden.
Gegen die Veröffentlichung dieser Tatsachen beklagte die betroffene Minderjährige den verantwortlichen Zeitschriften-Verlag auf Unterlassung. Es sollte unterlassen werden, zu veröffentlichen, in welchem Verwandtschaftsverhältnis K. zu J. steht. In erster Instanz beim Landgericht Hamburg sowohl in der Berufungsverhandlung vor dem Hanseatischen Oberlandesgericht in Hamburg wurde ein Unterlassungsanspruch der Klägerin anerkannt. Das HansOLG war der Überzeugung, dass die Information, in welchem Verwandtschaftsverhältnis K. zu J. steht, wenn auch nicht zur engsten Privatsphäre, so doch zur ebenfalls schützenwerten Sozialsphäre der Klägerin gehört. Unter besonderer Berücksichtigung des Alters der Klägerin und der entsprechenden möglichen negativen Folgen für ihre Entwicklung durch öffentliches Bekanntmachen ihrer persönlichen Verhältnisse sah das Gericht ein erhöhtes Schutzinteresse der Klägerin in Verbindung mit ihrem durch Art. 6 GG (Schutz der Ehe und Familie) zusätzlich geschützten Persönlichkeitsrecht für gegeben an. Und zwar in einem Umfang, der das Interesse der Öffentlichkeit an Informationen, das wiederum auch unter grundgesetzlichem Schutz steht, überwiegt. Für diese Einschätzung war mitentscheidend, dass das Interesse der Öffentlichkeit an dem Verwandtschaftsverhältnis einer 14-jährigen zu ihrem prominenten Adoptivvater für sich gesehen bestenfalls mit banaler Neugierde in Verbindung zu bringen ist und nur geringes Schutzinteresse begründet.
Der als Revisionsinstanz angerufene BGH entschied anders als die Vorinstanzen.
Bei ihrer das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Klägerin mit dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit abwägenden Entscheidung stellten die Bundesrichter den Aspekt der Anonymität in den Vordergrund. Nach Ansicht der Bundesrichter sei der Bericht der Zeitschrift aus dem Jahr 2011 nur dann als relevanter Eingriff in das Persönlichkeitsrecht der Klägerin zu werten, wenn dadurch die Anonymität der Klägerin durch Mitteilung bis dahin öffentlich nicht bekannter Fakten aufgehoben worden wäre. Das sei hier aber nicht der Fall gewesen.
Wie in der ersten Instanz bereits festgestellt, habe es zwischen 2000 und 2011 zwölf Berichte in auflagenstarken Pressemedien gegeben, die K.s Vorname, ihr Alter und ihr Verwandtschaftsverhältnis zu J. genannt hätten. Da also der Öffentlichkeit die entsprechenden Fakten lange bekannt waren, sei durch die neuerliche Berichterstattung in der Zeitschrift F. kein eigenständiger Verletzungssachverhalt entstanden.
Der Aspekt, dass die Veröffentlichung lediglich Unterhaltungswert hat, schließt, so das BGH, keinesfalls das Vorhandensein eines rechtlich relevanten Informationsinteresses aus. Unter Berücksichtigung der Natur der Meinungs- und Pressefreiheit stufte der BGH das Schutzinteresse der Presse in diesem Fall höher ein als das Schutzinteresse der Klägerin und wies deren Klage ab.
BGH, Urteil v. 29.04.2014, Az. VI ZR 138/13