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verdeckte herabsetzende und unwahre Tatsachenbehauptungen

OLG Köln, 15 U 3/14


verdeckte herabsetzende und unwahre Tatsachenbehauptungen

Der Kläger ist bekannt als Wettermoderator. Ab dem Jahr 2010 hatte er Ermittlungen gegen sich u.a. wegen des Vorwurfs der Vergewaltigung zu dulden und befand sich von 20.03.10 bis 29.07.10 in Untersuchungshaft. Die Verhandlungen vor dem LG Mannheim begannen am 06.09.10. Am 31.05.11 wurde er von dem Tatvorwurf (Vergewaltigung in Tateinheit mit schwerer Körperverletzung) freigesprochen. Der Freispruch erging zum Nachteil von W.
Das Urteil ist rechtskräftig. Im Zuge des Verfahrens wurde ermittelt, dass der Kläger mehrere intime Beziehungen zu gleicher Zeit mit mehreren Frauen hatte, diese voneinander jeweils nichts wussten. Die Vorwürfe gegen den Kläger waren Gegenstand eines großen Interesses der Öffentlichkeit.

In einer am 15.12.11 veröffentlichten Ausgabe der von der Beklagten herausgegebenen Zeitschrift F, erschien unter dem Titel „Das Unwort des Jahres 2012“ ein Beitrag, der u.a. diese Textpassage enthält:

… F greift diesmal der Entscheidung voraus und verkündet hiermit schon mal ihre Unworte des Jahres, denn wir konnten uns zwischen zweien einfach nicht entscheiden. Sie lauten: „einvernehmlicher Sex“ und „Unschuldsvermutung“. Begründung? Da fragt man am besten E2 oder E oder irgendeine von den 86800 geschätzten vergewaltigten Frauen im Jahr, deren Vergewaltiger nie angezeigt, nie angeklagt oder nie verurteilt wurden.

Der Kläger hat daraufhin die Beklagten abmahnen lassen. Diese haben zwar den Artikel aus dem Internet gelöscht, aber die Abgabe einer Unterlassungserklärung abgelehnt. Daraufhin erwirkte der Kläger eine einstweilige Verfügung beim Landgericht Köln (Beschluss vom 28.02.12, Az. 28 O 96/12), die den Beklagten untersagte, mittels der oben zitierten Äußerungen den Eindruck zu vermitteln, dass der Kläger eine Vergewaltigung begangen habe.
Die Berufung der Beklagten beurteilt das OLG als unbegründet. Das LG habe neben der Verurteilung zur Zahlung von Kosten der Rechtsverfolgung zu Recht untersagt, dass die beanstandete Äußerung getätigt werde.
Auch wenn der Name des Klägers nicht in den Artikeln der Zeitschrift genannt werde und der Name der Nebenklägerin auch nur mit "E" bezeichnet worden sei, bestehe für das Verständnis der maßgeblichen Sicht des unbefangenen, durchschnittlich interessierten und informierten Leser kein ernsthafter Zweifel, dass sich die Artikel auf das Strafverfahren beziehen, dass die vermeintliche Vergewaltigung durch den Kläger zum Nachteil der Nebenklägerin zum Gegenstand hatte.

Eine Erkennbarkeit könne nicht nur aus namentlicher Erwähnung, sondern bereits aus individualisierenden Angaben folgen. Es reiche aus, dass der Kläger zumindest für sein näheres Umfeld erkennbar sei. Die Identifizierbarkeit setze eine vollständige oder abgekürzte Nennung des Namens nicht voraus. Es genüge die Übermittlung von Informationen oder Teilen von Informationen, aus welchen sich die Identität für den interessierten Leser ergebe oder sich ohne Mühe ermitteln lasse.
Eine Erkennbarkeit des Kläger sei demnach zu bejahen. Der durchschnittliche Leser könne erkennen, dass mit "E" das vermeintliche Opfer des Klägers gemeint sein soll. Auch wenn Frau E einen Allerweltsnamen habe, ergebe sich der Zusammenhang mit dem Kläger. Es stellten die Beklagten auch nicht in Abrede, dass Frau E gemeint ist. Das LG sei auch mit Recht davon ausgegangen, dass die Artikel die versteckte Behauptung enthalten, der Kläger habe Frau E vergewaltigt.
Bei der Beurteilung von Aussagen "zwischen den Zeilen" sei zwischen der Mitteilung von Fakten, aus denen der Leser Schlüsse ziehen könne und der verdeckten Aussage zu unterscheiden, mit der der Autor durch Zusammenwirken von Äußerungen eine zusätzliche Aussage mache bzw. dem Leser als unabweisliche Folgerung nahelege. Mit dem Blick auf Artikel 5 GG könne die verdeckte Aussage einer offenen gleichgestellt werden. Der Betroffene könne sich im Normalfall nicht gegen Schlussfolgerungen wehren.
Voraussetzung sei für einen Unterlassungsanspruch, dass aus den Andeutungen eine Aussage eindeutig folge.

OLG Köln, Urteil vom 27.05.14, Az. 15 U 3/14


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