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Urheberrecht auch für Datenmüll

Auch Bruchstücke eines Werks sind eigenständig geschützt


Urheberrecht auch für Datenmüll

Das AG München hat klargestellt, dass der Schutz des Urheberrechts auch für kleinste Teile eines Werks gilt. Eine Urheberrechtsverletzung könne sich auch auf Dateien beziehen, die für sich genommen nicht brauchbar sind und erst im Zusammenspiel mit anderen Rechnern ein brauchbares Gesamtwerk ergeben.

In diesem Fall ging es - wie so oft bei Internet-Abmahnungen - um ein Peer-to-Peer-Netzwerk, in dem alle beteiligten Computer gleichberechtigt sind. Über jeden beteiligten Rechner können Dienste in Anspruch genommen und zur Verfügung gestellt werden. Infolge des parallelen Downloads von Dateien können diese innerhalb kürzester Zeit in kleinste Teile zerlegt und wieder zusammengesetzt werden. Wegen dieser Art des Herunterladens ist es nicht erforderlich, dass ein Computer ein Werk als Ganzes anbietet. Der Herunterladende erhält das Gesamtwerk durch das Zusammenwirken mehrerer Rechner, die in einem Netzwerk zusammengeschlossen sind.

Gegenstand des Verfahrens war das Herunterladen von Hörbüchern aus der Reihe "Harry Potter". Über einen Internetanschluss wurden im Jahr 2007 Inhalte dieser Hörbücher zum Download angeboten – zu mehreren Zeitpunkten. Es ging im Einzelnen um die Hörbücher "Harry Potter und der Gefangene von Askaban", "Harry Potter und der Halbblutprinz", "Harry Potter und die Kammer des Schreckens" und "Harry Potter und der Orden des Phönix".

Der Anschlussinhaber wurde von dem Inhaber der Rechte an diesen Werken, einem Hörbuchverlag, abgemahnt. Mit der Abmahnung wurde der Beklagte ebenfalls aufgefordert, eine Unterlassungserklärung abzugeben. Hinzu kam die Aufforderung, Schadensersatz in Höhe von 900 Euro zu leisten sowie für die Rechtsanwaltskosten (666 Euro) aufzukommen. Der Adressat der Abmahnung gab zwar die geforderte Unterlassungserklärung ab. Er war jedoch nicht bereit, ein schuldhaftes Handeln zuzugeben und verweigerte die Zahlung des geltend gemachten Schadensersatzes und der Anwaltsgebühren. Daraufhin machte der Hörbuchverlag seine Forderungen vor dem Amtsgericht München mit einer Klage geltend.

Der beklagte Anschlussinhaber bestritt in seinem Vorbringen, dass er einen Download getätigt habe. Er gab des Weiteren an, dass – unabhängig davon, dass er keine Dateien heruntergeladen habe - lediglich kleinste Teile des Werks angeboten würden. Diese seien für sich genommen nur unbrauchbarer und wertloser "Datenmüll", an dem keine Urheberrechte bestehen könnten.

Das Amtsgericht München gab der Klägerin jedoch in vollem Umfang Recht. Der beklagte Anschlussinhaber wurde zur Zahlung von 1.566 Euro verurteilt.

In der Begründung führte die Richterin am Amtsgericht aus, dass sich die Leistungsschutzrechte der §§ 85 und 19a UrhG nicht nur auf ein Werk in seiner Gesamtheit, sondern auch auf kleinste Teile desselben bezögen. Dies ergebe sich schon daraus, dass der Sinn der Regelungen darin liege, eine generelle Unterbindung der Übernahme fremder Leistungen sicherzustellen. Wie umfangreich oder klein der fragliche Teil des Werks sei, spiele letztlich keine Rolle.

Die persönliche Verantwortlichkeit des Beklagten für die Urheberrechtsverletzungen sah die Richterin aufgrund einer tatsächlichen Vermutung als gegeben an. Das lediglich pauschale Bestreiten sei zu einer Widerlegung dieser Vermutung nicht ausreichend gewesen. Hierzu verwies das Gericht auf die bekannte Entscheidung des BGH ("Sommer unseres Lebens", Urteil vom 12.05.2010, Az. I ZR 121/08), nach der grundsätzlich von der Verantwortlichkeit des Anschlussinhabers für eine Urheberrechtsverletzung auszugehen sei.

Da der Beklagte insofern seiner (sekundären) Darlegungslast trotz Aufforderung durch das Gericht nicht nachgekommen war, sah das Gericht eine fahrlässige Verletzung der Urheberrechte als bewiesen an, für die der Beklagte einzustehen habe. Er habe sich nicht über den Umfang seiner Nutzungsberechtigung informiert und sei deshalb seiner Erkundungs- und Prüfungspflicht - bzgl. der Rechtmäßigkeit seines Handelns und der Funktionsweise einer Tauschbörse - nicht nachgekommen.

Zu der Höhe des geltend gemachten Schadensersatzanspruchs (900 Euro) führte die Richterin aus, dass sich diese im Rahmen des Angemessenen bewege. Dies sei insbesondere deswegen der Fall, weil mit jedem Herunterladen über eine Peer-to-Peer-Tauschbörse eine neue Quelle zum Download geschaffen werde.

AG München, Urteil vom 03.04.2012, Az. 161 C 19021/11


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