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Unternehmensmitarbeiter darf bei Werbeanruf falschen Namen nennen

Bundesgerichtshof, Urteil vom 19.04.2018, Az. I ZR 244/16


Unternehmensmitarbeiter darf bei Werbeanruf falschen Namen nennen

Der Bundesgerichtshof entschied mit Urteil vom 19.04.2018, dass bei telefonischer Kontaktaufnahme mit einem Verbraucher der Werbeanrufer nur die Identität des Unternehmens, für das er anruft, sowie den geschäftlichen Zweck offenlegen müsse. Für die eigene Identität des Anrufers gelte dies jedoch nicht. Daher verstoße ein Mitarbeiter bei Angabe eines falschen Namens auch nicht gegen gesetzliche Informationspflichten.

Falsche Namensangabe bei Werbeanruf wettbewerbswidrig?
Klägerin und Beklagte waren im Wettbewerb stehende Stromlieferanten. Im Auftrag der Beklagten rief ein Mitarbeiter zwei Kundinnen der Klägerin an. Er sollte jeweils für einen Wechsel zur Beklagten werben. Bei den Anrufen nannte der Mitarbeiter jeweils einen falschen Namen. Die Klägerin war der Ansicht, die Nennung des falschen Namens sei wettbewerbswidrig. Daher mahnte sie die Beklagte zunächst erfolglos ab und erhob sodann Klage auf Unterlassung und Erstattung der Abmahnkosten. Das Landgericht gab der Klage bis auf einen Teil der Abmahnkosten statt. Auf die Berufung der Beklagten hin wurde die Klage abgewiesen. Mit der eingelegten Revision erstrebte die Klägerin die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Informationspflichten stellen Marktverhaltensregelung dar
Der BGH befand, dass die zugrunde liegenden gesetzlichen Informationspflichten (§ 312 a Abs. 1 BGB) als Marktverhaltensregelung im Sinne des Wettbewerbsrechts anzusehen seien. Sie setzen die Regeln zu den  notwendigen Informationen bei telefonischen Verkaufsgesprächen mit Verbrauchern um.

Keine Verletzung von Informationspflichten
Die Angabe eines falschen Namen durch den Mitarbeiter verletze nicht die gesetzlichen Informationspflichten, so das Gericht. Denn „Anrufer“ im Sinne des § 312 a Abs. 1 BGB sei nur das  Unternehmen, das den Anrufer beauftragt habe, nicht aber die tatsächlich anrufende Person. Somit müsse bei einer telefonischen Kontaktaufnahme mit einem Verbraucher nur die Identität des Unternehmens sowie der geschäftliche Zweck offengelegt werden. Die Identität des für das Unternehmen anrufenden Mitarbeiters jedoch, der selbst nicht Unternehmer ist, sei nicht vom Schutzzweck der Norm erfasst. Dies ergebe die Auslegung der zugrundeliegenden EU-Richtlinie sowie der Norm selbst. Danach solle der Unternehmer die Anonymität des Telefonats nicht dazu nutzen können, seine Identität zu verbergen. Das in der Vorschrift verkörperte Transparenzgebot solle sicherstellen, dass Verbraucher die notwendigen Basisinformationen erhalten, um eine informierte geschäftliche Entscheidung treffen zu können. Das für den Verbraucher schützenswerte Informationsinteresse ergebe sich alleinig im Hinblick auf den zukünftigen Geschäftspartner. Auch entstünden dem Verbraucher keine Nachteile, wenn ihm der Name des anrufenden Mitarbeiters nicht genannt werde. Dies gelte, solange die Identität des eigentlichen Vertragspartners offengelegt werde.

Keine Irreführung durch Identitätstäuschung
Einen Verstoß gegen das wettbewerbsrechtliche Irreführungsverbot durch falsche Angaben zur Identität (§ 5 Abs. 1 Satz 1 und 2 Nr. 3 UWG) konnte der BGH nicht erkennen. Ziel der Regelung sei es, dem Werbeadressaten Klarheit darüber zu verschaffen, mit wem er es zu tun habe. Das Verbot beziehe sich jedoch nur auf das die Werbung veranlassende Unternehmen und nicht auf die Angaben eines Mitarbeiters zur eigenen Identität. Zudem standen unwahre oder sonstige zur Täuschung geeignete Angaben über die Identität der Beklagten gerade nicht zur Debatte. Denn die Klägerin bezog sich ausschließlich auf die falsche Namensangabe des anrufenden Mitarbeiters.

Irreführende geschäftliche Handlung durch falsche Namensnennung
Allerdings habe das Berufungsgericht rechtsfehlerhaft kein unlauteres Handeln durch eine irreführende geschäftliche Handlung (§ 5 Abs. 1 Satz 1 und 2 UWG) in Betracht gezogen. Aufgrund der bisher getroffenen Feststellungen müsse ein derartiger Anspruch aber bejaht werden. Denn unlauter sei eine irreführende geschäftliche Handlung in diesem Sinne nur, wenn sie geeignet sei, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Die Angabe des falschen Namens durch den Anrufer sei unzweifelhaft zur Verbrauchertäuschung geeignet gewesen. Das Berufungsgericht habe allerdings keine Feststellungen dazu getroffen, ob die unwahre Namensangabe geeignet war, die geschäftliche Entscheidung der Kunden in irgendeiner Weise zu beeinflussen. Daher sei das Urteil aufzuheben und zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

Geschäftliche Relevanz der falschen Namensnennung ist ausschlaggebend
Im Berufungsverfahren müsse die Frage der geschäftlichen Relevanz der falschen Namensnennung untersucht werden. Eine solche sei nach der Lebenserfahrung vorliegend nicht ausgeschlossen. Dies gelte insbesondere mit Blick auf die vertragliche Rechtsdurchsetzung. Für diese könne es auf die telefonischen Angaben des Mitarbeiters und damit zu Beweiszwecken auch auf dessen wirklichen Namen ankommen. Als geschäftliche Handlung werde auch ein Verhalten vor oder bei Geschäftsabschluss erfasst, welches sich erst bei Durchführung des Vertrags auswirke. Insofern sei es unerheblich, sollte die Angabe eines falschen Namens für die Entscheidung zum Stromanbieterwechsel erst später relevant werden.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 19.04.2018, Az. I ZR 244/16


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