Strafbares Ausspähen des privaten Lebensbereichs mittels Trojaner-Software
Wer sich widerrechtlich Aufnahmen aus dem Lebensbereich von Privatpersonen verschafft, indem er die auf dem Computer befindliche Webcam durch das Einschleusen eines Trojaners aktiviert, macht sich gemäß § 202 a StGB strafbar. Es handelt sich um das unerlaubte Ausspähen von Daten, das mit einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder einer Geldstrafe geahndet werden kann.
Das Amtsgericht Düren wirft dem Angeklagten das strafbare Ausspähen von Daten vor. Durch das Installieren einer Malware gelangte der Angeklagte an die Anmeldedaten mehrerer Nutzer des ICQ-Chats. Mit dieser Software verschaffte er sich Zugang zu den Rechnern seiner Opfer. Er chattete unter falscher Identität mit seinen neuen „Freunden“ und forderte sie auf, vermeintlich harmlose Links zu öffnen, um auf diesem Weg Trojaner auf den fremden Rechnern zu installieren. Diese aktivierten die auf dem jeweiligen Opferrechner installierte Webcam, die dem Angeklagten intime Einblicke in das Privatleben der betroffenen Personen ermöglichte. Auf diese Weise gelangte er an über drei Millionen Bilddateien.
Das Gericht beschuldigte den Angeklagten, massenhaft Daten von Nutzern ausgespäht zu haben und in den höchstpersönlichen Lebensbereich seiner Opfer eingedrungen zu sein. Die Richter stellten eine nicht unerhebliche kriminelle Energie bei der Begehung der Straftaten fest, ein sexuelles Interesse des Angeklagten an den geschädigten Opfern konnten sie jedoch nicht erkennen. Trotz der festgestellten Schwere der Tat erhielt der Angeklagte lediglich eine Bewährungsstrafe, da er geständig war, eine umfangreiche Beweisaufnahme nicht notwendig war und die Vernehmung von betroffenen Jugendlichen verhindert wurde. Die Bewährungsstrafe setzt sich aus dem Gesamtstrafmaß zusammen, das tat- und schuldangemessen ist. Die Richter sahen eine jeweils sechsmonatige Freiheitsstrafe in 12 Fällen als angemessen an. Für die restlichen 86 Fälle verhängten die Richter eine Freiheitsstrafe von jeweils fünf Monaten. Bei nochmaliger Gesamtwürdigung der Umstände war eine Gesamtfreiheitsstrafe zu bilden, die sich auf 1 Jahr und 10 Monate beläuft. Angesichts dessen, dass der Angeklagte über einen langen Zeitraum nicht mehr straffällig geworden war und nicht einschlägig vorbelastet ist, setzten die Richter die Strafe zur Bewährung aus. Nicht einschlägig vorbelastet bedeutet in dem Fall des Angeklagten, dass er zuvor zwar straffällig geworden ist, jedoch nicht aus dem Bereich der Ausspähung von Daten, sondern auf dem Gebiet der Betäubungsmittelkriminalität, Diebstahl und Verkehrsstraftaten. Diese Straftaten beging der Angeklagte zwischen 1992 und 1995.
Die meisten Internetnutzer sind sich der Gefahr, die die digitale Welt mit sich bringt nicht bewusst. Viele Rechner sind nur unzureichend geschützt und bieten Kriminellen Anlass, sich durch Schadprogramme wie Pishing, Hacking, Key-Logging-Trojaner und Sniffer Zugang zu den auf den Servern gespeicherten Daten zu verschaffen. Das Ausspähen von Daten ist strafbewehrt, da der persönliche Lebensbereich geschützt ist. Jeder hat das Recht, selbst zu entscheiden, wer Zugang zu seinen Daten und Informationen bekommt oder nicht. Internet-Nutzer müssen jedoch darauf achten, ihre Daten gegen einen Angriff von außen ausreichend zu schützen, da die Strafbewehrung sonst nicht greift. Die Anforderungen an den Schutz der Rechner werden jedoch nicht allzu hoch angesetzt, handelsübliche Schutzmaßnahmen wie Virenscanner, die Kriminellen das Eindringen in das System erschweren, reichen bereits aus. Durch diese Maßnahmen zeigt der Verfügungsberechtigte sein Geheimhaltungsinteresse gegenüber Dritten in ausreichender Weise. Diese Straftat wird jedoch nur auf Antrag (§ 205 BGB) verfolgt. Eine Ausnahme bildet das notwendige Einschreiten der Strafverfolgungsbehörden, zum Beispiel bei Hinweisen auf Terrorismus, erhöhte Gefahrenlage, Kinderpornografie und ähnlich schwere Straftaten.
Amtsgericht Düren, Urteil vom 10.12.2010, Az. 10 Ls-806 Js 644/10-275/10