Schmerzensgeldanspruch einer Minderjährigen bei Veröffentlichung von Nacktfotos?
Mit Urteil vom 27. März 2017 hat das Landgericht Duisburg entschieden, dass einer Minderjährigen kein Schmerzensgeldanspruch zugesprochen werden kann, wenn ihre Nacktfotos veröffentlicht worden sind.
Bei dem Beklagten handelte es sich um einen Fotografen sowie Aktionskünstler. Anlässlich eines Kunstprojektes fertigte er Nacktaufnahmen von verschiedenen Menschen an, die ihre Teilnahme freiwillig erklärten. Unter diesem Personenkreis befand sich auch die zum damaligen Zeitpunkt minderjährige Klägerin. Von ihr wurde unter anderem eine Fotoaufnahme erstellt, auf der sie lediglich ein Paar Stiefel trug. Ansonsten war sie unbekleidet, wobei die Haare ihr Gesicht verdeckten. Der Beklagte nutzte das Bild, um sowohl auf seiner Homepage als auch in einem Katalog für die Ausstellung zu werben. Die Eltern erklärten ihre Einwilligung zu der Bildaufnahme nicht.
Am 7. August 2013 forderte Klägerin über ihren Anwalt die Zahlung von Schmerzensgeld. Da der Beklagte darauf keine Zahlungen leistete, erhob sie Klage. Sie behauptet, dass sie über die wirklichen Absichten der Veröffentlichung nicht hinreichend aufgeklärt worden sei. Insofern sei die Zahlung eines Schmerzensgeldes in Höhe von 2500 € angemessen.
Der Beklagte beantragt demgegenüber, die Klage abzuweisen. Er behauptet, dass die Klägerin sowohl in die Anfertigung als auch in die Veröffentlichung der gefertigten Bildaufnahmen eingewilligt habe. Sie habe auch aktiv an dem Projekt mitgewirkt, indem sie anderen Teilnehmern die vom Beklagten anvisierte Position gezeigt hat. Sie habe sich erst entkleidet als alle übrigen Mitmacher auf den ihnen zugewiesenen Plätzen standen.
Darüber hinaus habe auch die Klägerin wirksam eingewilligt. Im Hinblick auf die geistige sowie körperliche Reife der Klägerin sei ihre Minderjährigkeit nicht überprüfbar gewesen. Es liege auch eine konkludente Einwilligung der Eltern vor, da diese ihre Erlaubnis zu der Teilnahme an der Veranstaltung erteilt haben.
Das Landgericht Duisburg folgte der Ansicht der Klägerin nicht. Nach Auffassung der Richter konnte ihr die Zahlung des begehrten Schmerzensgeldes nicht zugesprochen werden. Zwar nahm das Gericht die Verletzung des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts gemäß Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG auf schwerwiegende Art und Weise an. Ein Anspruch auf Geldentschädigung im Sinne von § 823 BGB in Verbindung mit Art 1 Abs. 1; 2 Abs. 1 GG rechtfertige sich deswegen allerdings noch nicht. Zusätzlich sei nach Meinung der Kammer erforderlich, dass die Verletzung des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts nicht auf andere Art und Weise kompensiert werden kann.
Das Landgericht berücksichtigte bei seiner Entscheidung insbesondere den Umstand, dass die Klägerin freiwillig an dem Projekt teilgenommen hat. Entsprechend habe sie zwar nicht wirksam in die Erstellung der Bildaufnahmen einwilligen können. Sie habe allerdings aktiv an dem Projekt mitgewirkt. Bei der Durchführung habe sie den übrigen Teilnehmern ihre Plätze nach der Regieanweisung des Beklagten gezeigt. Außerdem habe sie das Kunstprojekt selbst beworben, um die Aufmerksamkeit deutlich zu erhöhen.
Ferner setze der Schadensersatzanspruch voraus, dass der Beklagte schuldhaft gehandelt hat. Dies war nach Auffassung des Gerichts vorliegend nicht der Fall. Außerdem handelte er auch nicht vorsätzlich oder aus besonders verwerflichen Motiven. Insofern müsse sein Recht auf Ausübung der Kunstfreiheit geschützt werden. Eine Relativierung der Beeinträchtigung ihres Allgemeinen Persönlichkeitsrechtes liege auch deswegen vor, weil die Klägerin nicht als einzelne Person, sondern mit einer Menschengruppierung abgelichtet worden ist. Zwar trage sie als einzige Stiefel, was allerdings unstreitig auf ihre eigene Initiative zurückzuführen gewesen ist.
Das Landgericht kommt damit zu dem Schluss, dass die Klägerin die Aufmerksamkeit des Bildbetrachters bewusst auf sich selbst lenken wollte. Dass sie schließlich durch das Tragen der Stiefel mehr auffällt als die anderen Teilnehmer, ist letztendlich auf ihr eigenes Verhalten zurückzuführen. Zuletzt sei auch zu berücksichtigen gewesen, dass das Gesicht der Klägerin aufgrund der Haare nicht zu erkennen gewesen ist.
Nach alledem war ihr trotz des bestehenden Unterlassungsanspruches und trotz ihres minderjährigen Alters bei Anfertigung der Bildaufnahmen darüber hinaus kein Schmerzensgeld zuzusprechen.
LG Duisburg, Urteil vom 27.03.2017, Az. 2 O 438/14