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Reichweite Meinungsfreiheit in Onlineforum - LG Augsburg, Az 1 Qs 151/13


Reichweite Meinungsfreiheit in Onlineforum - LG Augsburg, Az 1 Qs 151/13

Wie weit reicht Meinungsfreiheit? Obschon ein wichtiges Grundrecht in einer Demokratie, kann es auf Grund entgegenstehender Rechte wie dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht Dritter doch nicht grenzenlos gewährt werden. Wo diese Grenzen liegen, ist dabei immer wieder Gegenstand rechtswissenschaftlicher Diskussionen und gerichtlicher Entscheidungen, so auch im vorliegenden Fall.

Zur Vorgeschichte: Ein Internetnutzer hatte sich im Onlineforum einer Zeitung sehr negativ über die Haltung des Augsburger Ordnungsreferenten hinsichtlich einer Vergrößerung des Sperrbezirks und des Verbots alkoholischer Getränke ausgelassen. Dieser Mann, so der Nutzer, beuge das Recht und bedrohe Betreiber massiv. Auf Grund dieses Kommentars wurde Strafanzeige gegen den Nutzer erhoben. Um ihn nun aber identifizieren zu können, erwirkte die Staatsanwaltschaft auf Grundlage der §§ 103, 105 StPO einen richterlichen Durchsuchungsbeschluss für die Räume der Zeitung, die das Onlineforum betreibt, um Informationsträger beschlagnahmen zu können. So erhoffte man sich, an sachdienliche Informationen über die Identität des Nutzers zu gelangen.

Gegen diesen Beschluss hatte die Zeitung beim Amtsgericht Augsburg, welches den Beschluss erlassen hatte, Beschwerde eingelegt. Das Amtsgericht blieb bei seiner Entscheidung. Daraufhin legte die Zeitung Beschwerde beim Landesgericht ein, welches den Beschluss des Amtsgerichts für materiell und damit insgesamt für rechtswidrig erklärte.

Aus formeller Sicht, so das LG, sei der Beschluss nicht zu beanstanden. Alle erforderlichen Voraussetzungen, die an einen Durchsuchungsbefehl zu stellen sind, insb. die Angabe der Verhältnismäßigkeit der Durchsuchung im Vergleich zu anderen Maßnahmen und die konkrete Bezeichnung desjenigen, dessen Räume durchsucht würden, seien erfüllt. Der Zeitung stünde vor allen Dingen kein Zeugnisverweigerungsrecht aus § 53 Absatz 1 Nr. 5 StPO zu, weil es sich bei dem Nutzer nicht um eine Person handle, die bei Druckwerken, Rundfunksendungen, Filmberichten oder der Meinungsbildung dienenden Institutionen berufsmäßig wirke. Ein solches Recht hätte es der Staatsanwaltschaft untersagt, eine Beschlagnahmung vorzunehmen.

In materieller Hinsicht dagegen sah es das LG als erwiesen an, dass der Beschluss rechtswidrig sei. Für die Durchsuchung bedurfte es eines Anfangsverdachts, d.h. ausreichend tatsächlicher Anhaltspunkte, dass eine Straftat in Form der Beleidigung nach § 185 StGB vorliegt. Ein solcher Verdacht sei aber schon deshalb nicht anzunehmen, weil die verfassungsrechtlich gewährleistete Meinungsfreiheit die Äußerung des Users decke, auch wenn sie beleidigenden Charakter habe oder falsche Tatsachen unterstelle. Das Grundrecht auf Meinungsfreiheit in Artikel 5 des Grundgesetzes (GG) schützt die Äußerung und Verbreitung der persönlichen Meinung. Meinung wird definiert als Werturteil jeder Art, also als eine subjektive Äußerung. Erst, wenn diese einen ehrverletzenden Charakter annimmt, wird der Schutzbereich des Grundrechts verlassen. Vorliegend ging es dem Nutzer nach Ansicht des LG aber darum, das Verhalten des Referenten als solches und nicht seine Person anzugreifen. Hinzu komme, dass bei politischen Sachverhalten der Spielraum wesentlich größer sei als im privaten Bereich. Hier müsse unter Abwägung der gesamten Umstände im Zweifel das Recht auf freie Meinungsfreiheit überwiegen. Mit Blick auf diesen Gesamtzusammenhang kann dem LG Augsburg im Ergebnis zugestimmt werden.

LG Augsburg, Beschluss vom 19.03.2013, Az.: 1 Qs 151/13


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