Prüfpflichten des Betreibers eines Bewertungsportals
Das Oberlandesgericht (OLG) in Düsseldorf hat mit seinem Urteil vom 18.12.2015 unter dem Az. I-16 U 2/15 entschieden, dass ein Betreiber einer Homepage, die eine Plattform zur Bewertung von Ärzten darstellt, nicht für die Äußerungen Dritter haftet.
Eine etwaige Verantwortlichkeit des Seitenbetreibers ergibt sich weder aus einem Zueigenmachen der Arztbewertung, noch aus der Störerhaftung durch Verletzung zumutbarer Prüfpflichten. Der Plattformbetreiber ist grundsätzlich nicht verpflichtet, die Beiträge schon vor der Veröffentlichung auf etwaige Rechtsverletzungen hin zu prüfen. Es kann jedoch der Betreiber als Störer verpflichtet werden, künftig solche Verletzungen zu verhindern, wenn ein Betroffener auf eine konkrete Verletzung seines Persönlichkeitsrechtes hinweist.
Der Kläger ist Facharzt der Urologie und begehrt Unterlassung der Verbreitung von Aussagen Dritter über seine berufliche Tätigkeit auf einem Bewertungsportal im Internet. Die Äußerungen sind aus seiner Sicht ehrverletzend.
Die Beklagte ist die Betreiberin des Portals www.sanego.de, auf dem Ärzte und anderes medizinisches Personal bewertet werden können. Jede dort aufgeführte Person hat dazu dort eine gesonderte Profilseite mit individuellen Daten, abgegebenen Bewertungen und anderen Informationen. Die Nutzer müssen sich nur auf der Webseite mit einer Mail-Adresse registrieren. Weitere Daten sind nicht erforderlich. Die Bewertungen können anonym abgegeben werden und erfolgen in einer Punkteskala von 1 (sehr schlecht) bis 10 (sehr gut). Bewertungskategorien sind: Behandlungserfolg, Beratung, Freundlichkeit des Teams, usw.
Aus den Einzelnoten wird eine Gesamtnote errechnet, die auf der Profilseite hervorgehoben wird. Auch Kommentare über den betreffenden Arzt können abgegeben werden. Die Ärzte können sich ebenfalls registrieren lassen und haben die Möglichkeit, Bewertungen zu kommentieren.
Auch der Kläger hat auf der Seite der Beklagten ein Profil, auf dem er bewertet wurde.
Am 01.12.13 gab ein Nutzer anonym eine Bewertung ab, die den Notendurchschnitt des Arztes von 9,6 auf 2,1 sinken ließ. Außerdem schrieb der Nutzer einen umfangreichen Text zu seinen Erfahrungen in Bezug auf den Kläger. Unter anderem hieß es darin, der Kläger beute die Patienten aus und treibe "Spielchen" mit ihnen.
Der Kläger ließ die Beklagte über seinen Anwalt abmahnen und auffordern, den Namen des Nutzers zu nennen und dessen Eintrag zu löschen. Das tat die Beklagte auch, nannte aber nicht den Namen des Nutzers. Der Kläger ist der Ansicht, es handele sich bei dem Eintrag um eine ruf- und geschäftsschädigende Äußerung, die die Grenze zur Schmähkritik überschreite. Die Beklagte habe sich die Äußerung zu eigen gemacht. Sie verletze damit sein Persönlichkeitsrecht und seine Geschäftsehre.
Das Landgericht wies die Klage ab. Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger sein Ziel der Unterlassung der Äußerungen vor dem OLG weiter. Doch auch die Berufung bleibt ohne Erfolg.
Dem Kläger stehe kein Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte zu, so das OLG. Es handele sich bei den Einträgen nicht um Äußerungen, die das Persönlichkeitsrecht des Klägers oder das Recht an seinem Gewerbe verletzen würden.
Es könne auch nicht von einem Zueigenmachen der Beiträge seitens des Beklagten ausgegangen werden. Auch eine Störerhaftung komme nicht in Frage, denn die Verbreiterhaftung dürfe nicht übertrieben auf Dritte ausgedehnt werden, die die Beeinträchtigung nicht vorgenommen hätten. Eine Haftung für fremde Nachrichten als Störer setze die Verletzung zumutbarer Pflichten voraus, insbesondere Prüfungspflichten. Den Betreiber der Plattform treffe im vorliegenden Fall aber keine Prüfpflicht, weil ihm die Prüfung der Wahrheit eines Beitragsinhaltes kaum bis gar nicht möglich sei und weil durch eine derartige Pflicht das Interesse des Verbrauchers an einer schnellen Information über die betreffende Praxis unberücksichtigt bleiben würde. Erst dann, wenn der Betreiber von der Verletzung eines Rechts in Kenntnis gesetzt werde, könne verlangt werden, dass er diesem Hinweis nachgehe. Auch an einer Wiederholungsgefahr fehle es im vorliegenden Fall.
OLG Düsseldorf, Urteil vom 18.12.2015, Az. I-16 U 2/15