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Pfändung von Vertragsansprüchen bezüglich einer Domain-Inhaberschaft

Bundesgerichtshof, Urteil vom 11.10.2018, Az. VII ZR 288/17


Pfändung von Vertragsansprüchen bezüglich einer Domain-Inhaberschaft

Mit Urteil vom 11.10.2018, Az. VII ZR 288/17 entschied der Bundesgerichtshof in Karlsruhe, dass derjenige, der infolge einer Pfändung die Gesamtheit der schuldrechtlichen Ansprüche erlangt, die dem Inhaber einer Domain gegenüber der Vergabestelle aus dem Registrierungsvertrag zukommen, die Registrierung seiner eigenen Person als Domain-Inhaber verlangen könne. In diesem Begehren liege gleichzeitig die Erklärung, mit Wirkung für die Zukunft in den gesamten Vertrag eintreten zu wollen.

Registrierungsvertrag für eine Internet-Domain
Die Parteien stritten sich in dem Verfahren um die Übertragung einer Inhaberschaft einer Internet-Domain. Der Schuldner einer Forderung hatte mit der DENIC eG (Beklagte), der zentralen Registrierungsstelle für Domains unter der Top-Level-Domain „de“, einen Registrierungsvertrag abgeschlossen. Dieser gewährte ihm einen Anspruch auf Registrierung einer Internet-Domain nach Maßgabe der DENIC-Domainbedingungen und -richtlinien und auf Aufrechterhaltung der Eintragung im Primary Nameserver als Voraussetzung für den Fortbestand der Konnektierung. Ebenso bestanden hieraus für ihn Ansprüche wie die Anpassung des Registers an seine veränderten persönlichen Daten oder ihre Zuordnung zu einem anderen Rechner durch Änderung der IP-Nummer.

Kläger begehrte Übertragung der Domain-Inhaberschaft
Der zwischen den Parteien geschlossene Registrierungsvertrag wurde jedoch von einem vom Kläger infolge eines vollstreckbaren Titels über eine Hauptforderung nebst Zinsen und weiteren Kosten in Höhe von 1.967,90 € gegen den Schuldner erwirkten Pfändungsbeschlusses beeinflusst. Durch diesen wurden die Ansprüche des Schuldners (ursprünglicher Domain-Inhaber) aus seiner mit der Beklagten (Drittschuldnerin) zustande gekommenen Vereinbarung gepfändet. Aus diesem Grund und unter Berücksichtigung des § 6 der Domainbedingungen begehrte der Kläger im Anschluss seine Registrierung als Inhaber der Domain „d...de“ von der Beklagten.

Verurteilung der Beklagten zur Registrierung des Klägers
Das Landgericht Frankfurt am Main sprach mit Urteil vom 24.08.2016, Az. 13 O 113/15 dem Kläger dahingehend Recht zu und verurteilte die Beklagte dazu, die gegenständliche Domain für diesen zu registrieren. Dies sah auch das von der Beklagten angerufene Oberlandesgericht nicht anders, weshalb es die eingelegte Berufung zurückwies (Urteil vom 09.11.2017, Az. 1 U 137/16).

Pfändung der Ansprüche aus Registrierungsvertrag ist möglich
Nach den Ausführungen des Berufungsgerichts sei die Gesamtheit der schuldrechtlichen Ansprüche, die dem Inhaber der Domain gegenüber der Vergabestelle aus dem der Domain-Registrierung zu Grunde liegenden Vertragsverhältnis zustehen, zulässiger Gegenstand einer nach § 857 Abs. 1 ZPO stattfindenden Pfändung. Die Verwertung der gepfändeten Ansprüche des Schuldners gegen die Vergabestelle habe weiterhin nach §§ 857 Abs. 1, 844 Abs. 1 ZPO durch Überweisung an Zahlungs statt zu einem Schätzwert erfolgen können, so das Oberlandesgericht. Durch die Zustellung des Beschlusses an die Beklagte sei die Überweisung an Zahlungs statt auch wirksam geworden, wodurch der Kläger die Rechtsstellung des Schuldners als Domain-Inhaber übernommen habe. Indem der Kläger gegenüber der Beklagten eine Übertragungskündigung im Hinblick auf die Person des Schuldners verbunden mit der Einsetzung seiner eigenen Person ausgesprochen hat, habe er auch dem formalen Erfordernis des § 6 Abs. 2 der Domainbedingungen entsprochen. Mithin stehe dem Kläger ein Anspruch auf die Eintragung als Domain-Inhaber zu.

Keine Berufung auf Unwirksamkeit des Pfändungsbeschlusses
Die Beklagte könne sich gerade nicht auf den Umstand berufen, dass der Überweisungsbeschluss mangels Bestimmtheit unwirksam sei, weil der Schuldner dem Kläger nur einen Betrag in Höhe von ca. 2000 € schulde, während der Pfändungsgegenstand ausweislich des Überweisungsbeschlusses einen Wert von über 5000 € vorweise. Solche Einwendungen seien laut dem Berufungsgericht dem Drittschuldner verwehrt und könnten allein vom Schuldner mit einer Vollstreckungsabwehrklage vorgebracht werden.

Bundesgerichtshof bestätigte vorinstanzliche Urteile
Letztlich kam nun auch der Bundesgerichtshof als Revisionsinstanz zu keinem abweichenden Ergebnis. Zunächst hielt dieser fest, dass das Berufungsurteil nicht gegen das verfassungsrechtlich verankerte Recht auf einen gesetzlichen Richter verstoßen habe (Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG). Der Umstand, dass in der zweiten Instanz lediglich eine Einzelrichterin mit der Sache betraut wurde, welche die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung und zur Fortbildung des Rechts zugelassen hatte, anstatt den Rechtsstreit dem Kollegium zur Entscheidung über eine Übernahme vorzulegen, rechtfertige nicht die Einlegung des Rechtsmittels der Revision. Dieses komme in Anbetracht der Entscheidung der Einzelrichterin nur in Betracht, wenn diese die Vorlage an das Kollegium willkürlich unterlassen habe. Dies werde jedoch von der Beklagten nicht vorgetragen und sei überdies auch nicht ersichtlich. Daneben tue sich auch keine wesentliche Änderung der Prozesslage auf, woraus sich die grundsätzliche Bedeutung der Zulassung der Revision ergebe und woraus eine Verpflichtung der Richterin zur Vorlage an das Kollegium resultiere (vgl. BGH, Urteil vom 11.06.2015 – IV ZR 69/14).

Übergang der Ansprüche durch Pfändung
Im Weiteren bestätigte der Bundesgerichtshof die Ausführungen der beiden Vorinstanzen. Durch die Pfändung der Ansprüche des Schuldners aus dem mit der Beklagten abgeschlossenen Registrierungsvertrag und die Überweisung der Ansprüche an Zahlungs statt zu einem Schätzwert seien alle Ansprüche und Nebenrechte des Schuldners als Domain-Inhaber gegen die Beklagte auf den Kläger übergegangen. Davon umfasst sei auch der Anspruch auf Registrierung des zutreffenden Inhabers. Der DENIC eG komme die Rolle der Drittschuldnerin zu, da die Pfändung dieser Rechte unmittelbar in das bestehende Vertragsverhältnis eingreife und mithin deren Rechtsstellung betreffe. Darüber hinaus führte das Gericht an, dass entgegen der Ansicht der Beklagten keine Anhaltspunkte dafür bestünden, dass nur ein (unbestimmter) Teil der gepfändeten Ansprüche auf den Kläger übergegangen sei, woraus mangels Bestimmtheit ein unwirksamer Überweisungsbeschluss resultiere.

Berechtigung des Klägers zur Eintragung als Domain-Inhaber
Die auf den Kläger übergegangenen Ansprüche würden diesen auch zu der Eintragung als Domain-Inhaber berechtigen, so der Bundesgerichtshof weiter. Die DENIC eG habe sich durch den Registrierungsvertrag verpflichtet, den Inhaber der Domain nach Maßgabe ihrer Domainbedingungen und Domainrichtlinien einzutragen. Es müsse also von jener derjenige registriert werden, dem die Summe dieser Ansprüche und Rechte zustehe. Dies sei durch die Pfändung und Überweisung bekanntlich der Kläger.

Registrierungsverlangen führte zu Vertragseintritt
Die Behauptung der Beklagten, dass die Registrierung des Klägers als Domain-Inhaber ausscheide, da dieser zwar der Inhaber der Ansprüche aus dem Registrierungsvertrag, nicht aber ihr Vertragspartner geworden sei, wies der Bundesgerichtshof zurück. Er hielt fest, dass mit der Überweisung an Zahlungs statt der Gläubiger sämtliche Ansprüche aus dem Vertrag übernehme und der Schuldner diese dauerhaft und endgültig verliere. Die Fortsetzung des Dauerschuldverhältnisses erfolge ausschließlich mit dem neuen Anspruchsinhaber und das spätestens dann, wenn dieser seine Registrierung verlange. Hierin liege sodann die Erklärung gegenüber der Drittschuldnerin mit Wirkung für die Zukunft in den gesamten Vertrag eintreten zu wollen. Daher bestehe für die Aufrechterhaltung der Registrierung des Schuldners als ursprünglichen Anspruchsinhaber kein sachlicher Grund. Etwas Anderes ergebe sich auch nicht aus den schutzwürdigen Interessen der DENIC eG. Aufgrund des Umstandes, dass ihr ein Recht zur Kündigung aus wichtigem Grund, etwa bei Pflichtverletzungen des Gläubigers oder bei in der Person des Gläubigers liegenden besonderen Umstände zukomme, sei sie ausreichend geschützt, so das oberste Gericht.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 11.10.2018, Az. VII ZR 288/17

von Sabrina Schmidbaur, Dipl.Jur.-Univ.


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