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OLG München: Aufgabe der sog. Doppelten-40-Euro-Klausel für Widerrufsfälle im Fernabsatz

OLG München, Beschluss vom 07.02.2012, Az. 29 W 212/12


Das OLG München hatte in einem Antragsverfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung darüber zu entscheiden, ob der Antragsgegner zur Verweigerung der Annahme einer Rücksendung berechtigt war.

Der Antragsgegner war Inhaber eines Internet-Shops. Der Antragsteller hatte im Wege eines Testkaufs Waren bei dem Antragsgegner bestellt, die dem Wert nach unter 40,00 € lagen und sie anschließend an den Antragsgegner zurückgesandt. Der Grund für die Rücksendung war kein Fehler der Ware, sondern nur die Berufung auf das dem Verbraucher zustehende Widerrufsrecht.

Über das Recht zum Widerruf des Vertrages und über die Folgen des Widerrufes belehrte der gewerblich tätige Verkäufer durch Aufnahme einer fernabsatzrechtlichen Widerrufsbelehrung in die von ihm verwendeten Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB).

Der Käufer sandte die erhaltene Ware unfrei an die Adresse des Verkäufers und Antragsgegners zurück, obwohl dieser in seiner Widerrufsbelehrung darum gebeten hatte „von unfreien Rücksendungen abzusehen“.

Durch die darauf folgende Annahmeverweigerung von Seiten des Verkäufers sah sich der Käufer und Antragsteller in der Ausübung seines Widerrufsrechts durch Rücksendung der Ware beeinträchtigt.

Die Voraussetzungen einer Abwälzung von Rücksendekosten auf den Verbraucher nach der sogenannten „40 €-Klausel“ gemäß § 357 Abs. 2 Satz 3 BGB lagen hier unstreitig vor. Der Wert der zurückzugebenden Ware lag unter 40,00 €. Zu entscheiden blieb die rechtliche Streitfrage, ob die Erklärung in der Widerrufsbelehrung ausreicht, um die laut Gesetzestext notwendige „vertragliche Vereinbarung“ zu begründen.

Das Oberlandesgericht München entschied mit Beschluss vom 07.02.2012, Az. 29 W 212/12, dass die Erklärung in der Standard-Widerrufsbelehrung gemeinsam mit dem Hinweis darauf, dass unfreie Rücksendung zu unterlassen seien, ausreichende Hinweise auf das Bestehen einer Vereinbarung zwischen den Parteien ist. Aus diesem Grunde sei der Antragsgegner hier nicht dazu verpflichtet gewesen, die unfreie Sendung auf eigene Kosten anzunehmen.

Die Entscheidung des OLG München ist auf großes öffentliches Interesse gestoßen, da sie im Gegensatz zu den in den letzten Jahren getroffenen Entscheidungen einiger anderer Oberlandesgerichte in Deutschland steht.

Nachdem das OLG Hamm, das OLG Hamburg und das OLG Stuttgart in fortgesetzter Rechtsprechung entschieden haben, dass eine Erwähnung der Widerrufsbelehrung bzw. vielmehr der in der Widerrufsbelehrung enthaltenen sog. 40-Euro-Klausel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) keinen Abschluss einer Vereinbarung im Sinne des § 357 Absatz 2 BGB darstellt, hatte sich die Praxis der „doppelten 40-Euro-Klausel“ bei Fernabsatzgeschäften durchgesetzt. Die Vereinbarung darüber, dass der Käufer nach Widerruf Rücksendekosten zu übernehmen hat, wenn der Warenwert 40,00 € nicht übersteigt, wird dann sowohl im Text der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) als auch in der Widerrufsbelehrung erwähnt.

Die Entscheidung des OLG München stützt sich nunmehr auf die Argumentation, dass der Verbraucher beim Lesen der Widerrufsbelehrung erkennen müsse, dass diese ein einseitiges Vereinbarungsangebot über die Rücksendungskostenverteilung enthalte. Die Gegenargumentation, dass eine Belehrung nur Informationen zu bestehenden Rechten enthalten sollte, so dass der Verbraucher dabei nicht mit gestaltenden Klauseln rechnen müsse, stützt sich auf das Verbot überraschender Klauseln in AGB-Formularen. Verbindet der Verkäufer seine Widerrufsbelehrung mit den von ihm herangezogenen AGB, dann müsste er auch hier auf Überraschungen verzichten.

Die Entscheidung des OLG München vom 07.02.12 stößt auf Kritik bei Verbraucherschützern, aber auch bei Juristen, die einen Verstoß gegen den Gesetzeswortlaut sehen, der eine „vertragliche Vereinbarung“ vorsieht. Die Diskussion über die Voraussetzungen für eine Abwälzung von Rücksendekosten auf Verbraucher, die Bestellungen von Waren mit einem Wert von unter 40,00 € widerrufen, wird allerdings nur noch von kurzer Dauer sein: Im Jahr 2013 soll dazu eine EU-Verbraucherrichtlinie umgesetzt werden, die auf den Abschluss einer gesonderten vertraglichen Vereinbarung verzichtet und ein schlichter Hinweis auf die Regelung genügen lässt.

Insoweit könnte der Beschluss des OLG München zum Aktenzeichen 29 W 212/12 derzeit noch als zukunftsweisend bezeichnet werden, jedoch aufgrund der allgemeinen Schnelllebigkeit der für Onlinehändler geltenden gesetzlichen Grundlagen schon bald überholt sein.


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