OLG Köln stärkt abgemahnte Anschlussinhaber
Sind Eltern immer für das Verhalten ihrer Kinder im Internet verantwortlich - auch wenn diese erwachsen sind? Das Oberlandesgericht Köln hat in einem aktuellen Fall eine internetnutzerfreundliche Entscheidung getroffen und Inhabern von Internetanschlüssen von vor zu hohen Anforderungen befreit.
Widerlegbare Vermutung, dass der Anschlussinhaber verantwortlich ist
Die Beklagte ist Inhaberin eines Internetanschlusses. Als Elternteil mit zwei erwachsenen Kindern, die bei ihr wohnten, hat auch ihr Nachwuchs über den häuslichen Anschluss Zugriff auf das Internet. Im Internet erschienen vor einigen Jahren urheberrechtlich geschützte Werke, die ohne Zustimmung des Rechteinhabers veröffentlicht wurden. Recherchen zeigten, dass der Anschluss, über den die Dateien ins Internet hochgeladen wurden, der der Beklagten sein soll. Die Beklagte aber stritt vehement ab, die Dateien hochgeladen zu haben. Während das Landgericht Köln der Ausführungen der Beklagten kein Glauben schenken wollte, änderte das Oberlandesgericht, dem die Beschwerde der Beklagten vorgelegt wurde, den Beschluss der Vorinstanz ab.
Die Beklagte führte an, dass zu dem Zeitpunkt, in dem die angebliche Rechtsverletzung stattgefunden haben soll, ihre zwei erwachsenen Kinder bei ihr gewohnt haben. Diese hätten ohne Weiteres die Möglichkeit gehabt, im Internet zu surfen - und möglicherweise auch die streitgegenständliche urheberrechtswidrige Veröffentlichung der Dateien begangen zu haben. Das Oberlandesgericht Köln berief sich indes auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, wonach die Verantwortlichkeit des Anschlussinhabers vermuten werden solle, wenn ein urheberrechtlich geschütztes Werk der Öffentlichkeit von der IP-Adresse des Anschlussinhabers aus zugänglich gemacht wird. Allerdings schränkt der Bundesgerichtshof noch selbst ein, dass die Vermutung entkräftet werden könne. Und zwar dann, wenn "die ernsthafte Möglichkeit besteht, dass allein ein Dritter und nicht auch der Anschlussinhaber den Internetzugang für die behauptete Rechtsverletzung genutzt hat".
Auch die Kinder hatten Zugriff auf den Internetanschluss - sind sie die Täter?
Im vorliegenden Fall sind die Kinder der Beklagte jene "Dritte", die den Upload der Dateien und damit die Rechtsverletzung vorgenommen haben könnten. Und solange diese Möglichkeit besteht, könne nicht zwingend davon ausgegangen werden, dass die Beklagte als Anschlussinhaberin verantwortlich sein muss. Ferner genüge diese Möglichkeit auch ohne eine weitere Substanziierung. Immerhin könne von der Beklagten nicht erwartet werden, dass "sie - fünf Jahre nach der behaupteten Rechtsverletzung - noch Angaben dazu machen kann, ob eines ihrer Kinder an einem bestimmten Tag zu einer bestimmten Uhrzeit Zugriff auf das Internet hatte".
Die Klägerinnen, die weiter von einer Verantwortlichkeit der Beklagten überzeugt sind, müssten nach Ansicht des Oberlandesgerichts beweisen, dass nicht die Kinder, sondern die Beklagte selbst verantwortlich gewesen sein soll. Sollte diese Behauptung der Klägerinnen "zutreffen, würde damit die ernsthafte Möglichkeit eines anderweitigen Geschehensablaufs entfallen, und die Klägerinnen könnten sich wieder auf die tatsächliche Vermutung der Täterschaft der Beklagten berufen. Die Frage wird daher im Rahmen einer Beweisaufnahme zu klären sein".
OLG Köln, Beschluss vom 28.5.13, Az. 6 W 60/13