Mieter muss keine Erstellung von Fotos für Online-Inserat dulden
Ein Mieter muss nicht dulden, dass vom Vermieter in seiner Wohnung Fotos angefertigt werden, die dann für Anzeigen im Internet verwendet werden sollen. Zu diesem Urteil (Az. C 987/13) kam das Amtsgericht Steinfurt am 10.04.2014. Aus der Sicht des Gerichts steht die Privatsphäre des Mieters über den Interessen des Vermieters.
Die Vermieterin (Klägerin) hatte die Absicht, ihre vermietete Eigentumswohnung zu verkaufen. Um die Wohnung mit Internetanzeigen anbieten zu können, wollte die Klägerin die Innenräume ihrer Wohnung fotografieren. Nach Auffassung der Klägerin hätte der beklagte Mieter dieses Begehren dulden müssen. Die Klägerin behauptete vor Gericht, dass ein Verkauf der Wohnung „ohne die Lichtbilder in zeitgemäßer Weise“ nicht möglich sei. Der Mieter verwahrte sich dagegen und sah in der Anfertigung von Fotos in seinen Innenräumen einen Eingriff in seine Privatsphäre.
Das AG Steinfurt erkannte auf der einen Seite das im Grundgesetz in Art. 14 GG verbürgte Recht der Vermieterin an ihrem Eigentum. Auf der Seite des Mieters sah das Gericht ebenfalls einen berechtigten Besitz, der gleichfalls von Art. 14 GG gedeckt ist. Des Weiteren beeinträchtigt aus der Sicht des AG Steinfurt das Anfertigen und Veröffentlichungen von Bildern aus der Wohnung des Mieters das Persönlichkeitsrecht. Das Gericht leitete diese Argumentation aus Art. 2 Abs. 1,1 GG ab. Auch die Unverletzlichkeit der Wohnung, die in Art. 13 GG begründet ist, spielte bei der Urteilsfindung eine Rolle. Demnach wäre der Eingriff in die Privatsphäre des Beklagten durch eine Veröffentlichung der Fotos der Innenräume seiner Wohnung nicht „unerheblich“, da diese einer großen Zahl von Betrachtern zugänglich gemacht würde. Das Interesse der Vermieterin am Verwertungsrecht ihres Eigentums sah das Gericht dagegen als geringer an. Nach Abwägung beider Interessen hat die Klägerin sich nach Auffassung des Gerichts „durch die Vermietung der Wohnung des unmittelbaren Besitzes freiwillig“ begeben. Der Beklagte zahlt für diese Nutzung eine Miete und darf nach dieser freiwilligen Entscheidung der Klägerin seine Wohnung „grundsätzlich ungestört“ nutzen. Die Veröffentlichung der Bilder im Internet würde einer Vielzahl von Menschen einen Einblick der Wohnung des Mieters und seiner Familie ermöglichen. Für das AG Steinfurt ist die Wohnung ein Rückzugsraum, der grundrechtlich geschützt ist.
Auch wenn es heute üblich ist, dass eine Wohnung per Internet angeboten und veräußert wird, konnte das Gericht sich nicht dem Standpunkt der Klägerin anschließen, dass der Verkauf ohne die entsprechenden Fotos nahezu unmöglich sei. Dazu widerlegte sich die Klägerin selbst, denn sie räumte ein, dass durchaus Kaufinteressenten vorhanden waren, die allerdings durch den Miteigentümer der Wohnung „verschreckt“ worden seien. Über einen Hilfsantrag versuchte die Klägerin zu erreichen, wenigstens einzelne Räume der Wohnung fotografieren zu dürfen. Auch diesem Anliegen schoben die Richter einen Riegel vor. Die in dem Hilfsantrag genannten Räume wie das Bad würden im Internet ebenfalls einen Einblick in die Privatsphäre des Mieters ermöglichen. Sie zählen daher wie alle anderen Räume zu der grundrechtlich geschützten Wohnung.
AG Steinfurt, Urteil vom 10.04.2014, Az. 21 C 987/13