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Löschung sensibler Daten durch Suchmaschinen

Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 24.09.2019, Az. C-136/17


Löschung sensibler Daten durch Suchmaschinen

Der Europäische Gerichtshof entschied am 24.09.2019, dass bei Löschungsanträgen das Grundrecht des Betroffenen auf Schutz seines Privatlebens und seiner Daten gegen das Informationsinteresse der Internetnutzer abgewogen werden müssen. Überwiege das Informationsinteresse und betreffe dieses ein Strafverfahren, müsse ein Suchmaschinenbetreiber zumindest dafür sorgen, dass die aktuelle Sach- und Rechtslage an oberster Stelle in den Suchergebnissen angezeigt werde.


Wann müssen Suchergebnisse durch Google gelöscht werden?
Vorliegen ging es um die Auslegung der Richtlinie zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr. Kläger waren mehrere französische Staatsbürger; Beklagte die französische Datenschutzkommission (CNIL). Die Beklagte weigerte sich, Google zur Löschung bestimmter Suchergebnisse aufzufordern. Die Suchergebnisse beinhalteten eine satirische Fotomontage, einen Artikel, in dem es um den Selbstmord eines Scientologen ging, einen Artikel über die Anklageerhebung gegen einen Politiker sowie einen Artikel über die Verurteilung eines anderen Betroffenen wegen sexueller Übergriffe auf Jugendliche. Hiergegen gingen die Kläger jeweils vor. Das Gericht stellte im Laufe des Verfahrens fest, dass die Klagen mehrere ernste Schwierigkeiten bei der Auslegung der zugrundeliegenden Richtlinie aufwarfen. Es beschloss daher, das Verfahren auszusetzen und dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) zur Vorabentscheidung vorzulegen.

Auch Suchmaschinen verarbeiteten Daten
Der EuGH stellte zunächst fest, dass auch Suchmaschinen Daten verarbeiten. Dies erfolge durch das automatische Indexieren, vorübergehende Speichern und Zurverfügungstellen der Suchergebnisse. Dadurch habe eine Suchmaschine maßgeblichen Anteil an der weltweiten Verbreitung personenbezogener Daten. Denn sie mache die Daten jedem Internetnutzer zugänglich. Zudem könne der Suchmaschinennutzer anhand der Suche nach bestimmten Namen einen strukturierten Überblick zur betreffenden Person erhalten. Daher sei auf einen wirksamen und umfassenden Schutz der betroffenen Person und insbesondere ihres Rechts auf Privatleben zu achten.

Sensible Daten
Weiterhin urteilte das Gericht, dass auch für Suchmaschinenbetreiber die gesetzlichen Vorgaben für die Verarbeitung besonders sensibler Daten gelten. Der Suchmaschinenbetreiber könne auch nicht aufgrund seiner Tätigkeit von seiner gesetzlichen Verpflichtung in Bezug freigestellt werden. Allerdings wirke sich seine Tätigkeit auf den Umfang der Verantwortlichkeiten und Verpflichtungen aus. Denn ein Suchmaschinenbetreiber sei nicht dafür verantwortlich, dass die sensiblen Daten im Netz vorhanden seien. Ihm obliege nur die Auflistung der Suchergebnisse sowie die Anzeige der entsprechenden Links.

Abwägung der Grundrechte der Betroffenen und des Suchmaschinenanbieters
Sodann entschied der EuGH, dass einer betroffenen Person grundsätzlich das Recht auf Löschung zustehe. Dies gelte insbesondere, wenn durch die Veröffentlichung ihr Grundrecht auf Achtung des Privatlebens oder Schutz ihrer personenbezogenen Daten betroffen sei. Zudem sei zu berücksichtigen, dass die Datenverarbeitung besonders schwerwiegend sei, wenn sensible Daten betroffen seien. Allerdings müsse auch das Grundrecht auf freie Information der Internetnutzer berücksichtigt werden. Werde also ein Löschungsantrag gestellt, der auch sensiblen Daten erfasse, sei unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände wie Schwere des Eingriffs in die Grundrechte der betroffenen Person zu prüfen, ob der Link unbedingt in den Suchergebnissen anzuzeigen sei, um die Informationsfreiheit der Internetnutzer zu schützen.

Besonderheiten bei Berichten über Strafverfahren
Bei Berichten über Strafverfahren müsse besonders sorgfältig geprüft werden, so der EuGH weiter. Grundsätzlich sei zwar anerkannt, dass die Öffentlichkeit nicht nur ein Interesse daran habe, über ein aktuelles Ereignis informiert zu werden, sondern auch Recherchen zu vergangenen Ereignissen durchführen zu können. Allerdings sei bei Strafverfahren der Umfang des öffentlichen Interesses variabel und könne sich mit der Zeit ändern. Bei Löschungsanträgen in Bezug auf Strafverfahren sei es daher Sache des Suchmaschinenbetreibers zu beurteilen, ob nach Berücksichtigung wie Art und Schwere der Straftat, Verlauf und Ausgang des Verfahrens, verstrichener Zeitraum, Rolle der betroffenen Person im öffentlichen Leben, vergangenes Verhalten der Person, Interesses der Öffentlichkeit zum Zeitpunkt des Löschantrages etc. der Person ein überwiegendes Recht zustehe, nicht mehr in Verbindung mit der Information genannt zu werden.

Aktuellsten Links an oberster Stelle
Das Gericht legte zusätzlich fest, dass der Suchmaschinenbetreiber – auch wenn er zu dem Ergebnis komme, der entsprechende Link sei absolut erforderlich – verpflichtet sei, spätestens mit Löschantrag die Ergebnisliste so auszugestalten, dass sich daraus die aktuelle Rechtslage ergebe. Denn die Rechte der betroffenen Person auf Achtung des Privatlebens und auf Schutz ihrer Daten seien mit dem interessierten Internetnutzer in Einklang zu bringen. Somit seien Links zur aktuellen Sachlage an erster Stelle gelistet werden.

Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 24.09.2019, Az. C-136/17


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