Links auf geschützte Werke können erlaubt sein
Die vierte Kammer des Europäischen Gerichtshofs urteilte am 13. Februar 2014, dass die Verlinkung fremder Inhalte auf Internetseiten keine Verletzung des Urheberrechts im Sinne der EU-Richtlinien darstellt, die Rechteinhaber der Inhalte also eine Verlinkung nicht unterbinden können, solange die Inhalte frei zugänglich sind.
Ausgangspunkt war ein Rechtsstreit zwischen Journalisten einer großen schwedischen Tageszeitung, die auch im Internet präsent ist und den Betreibern einer Internetseite, die Links zu fremden Inhalten auf diversen Webseiten aggregiert, deren Inhalte völlig frei zugänglich sind und diese ihren Nutzern zur Verfügung stellt. Die Journalisten klagten, dass Nutzern der Seite nicht bewusst ist, dass sie mit einem Klick auf die entsprechenden Links auf eine andere Seite weitergeleitet werden. Dies stritten die Betreiber der Internetseite ab. Auch stelle das bloße Weiterleiten auf fremde Inhalte nach Auffassung der Betreiber keine öffentliche Wiedergabe dar. In zweiter Instanz wurde das Verfahren ausgesetzt und der Europäische Gerichtshof, mit Bezug auf die EU-Richtlinie "zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft", um Klärung geboten.
Der Gerichtshof stellte zunächst fest, dass ein Link, der auf eine andere Internetseite führt, eine öffentliche Wiedergabe im Sinne der Richtlinie darstellt, die grundsätzlich die Erlaubnis der Rechteinhaber benötigt. Die zitierte EU-Richtlinie erwähnt eingangs die Notwendigkeit eines "hohen Schutzniveaus im Bereich des geistigen Eigentums" zum Wohl der europäischen Wettbewerbsfähigkeit und des wirtschaftlichen Wachstums, weshalb der Gerichtshof den Begriff "öffentliche Wiedergabe" bewusst sehr großzügig auslegt.
Die Bereitstellung anklickbarer Links, die einer Öffentlichkeit Inhalte zugänglich macht, fällt also unter diese Definition. Die "Öffentlichkeit" der Zugänglichmachung ergab sich in diesem Fall dadurch, dass die Internetseite von einer unbestimmten, aber potenziell großen Anzahl von Internetnutzern jederzeit und ohne weitere Maßnahmen aufgerufen werden kann. Da die Inhalte der Onlinepräsenz der Zeitung ebenfalls potenziell jedem Internetnutzer offen stehen, sah der Gerichtshof in der Verknüpfung jedoch keine Wiedergabe, die eine Erlaubnis der Rechteinhaber benötigt.
Diese läge nur vor, wenn die verlinkende Seite den Inhalt der Zeitung einem "neuen Publikum" zugänglich machen würde. Der Internetauftritt der Zeitung versucht nicht, den Zugang zur Hauptseite oder zu einzelnen Artikeln auf bestimmte Nutzer, wie zum Beispiel Abonnenten, einzuschränken. Erst wenn andere Seiten mit einer Verknüpfung Einschränkungen der ursprünglichen Wiedergabe umgehen, ist das Urheberrecht betroffen. Da die Zeitung und die verlinkende Seite das gleiche Publikum, eine uneingeschränkt große Öffentlichkeit, ansprechen, sieht der Gerichtshof keine Notwendigkeit, vor der Verlinkung das Einverständnis der Urheberrechtsinhaber einzuholen.
Auch die Anfrage des schwedischen Gerichts, ob einzelne EU-Mitgliedsstaaten von der Richtlinie abweichende Vorschriften zum Schutz der Urheberrechte, beispielsweise was die Ausweitung der Definition der "öffentlichen Wiedergabe" betrifft, erlassen dürfen, verneinte der Europäische Gerichtshof. Grundsätzliches Ziel der Regelung ist die Schaffung von Rechtssicherheit im europäischen Raum, was durch separate Gesetze beeinträchtigt werden kann. Ausnahmen sind lediglich für Gesetze zugelassen, welche das Funktionieren des Europäischen Binnenmarkt nicht beeinflussen. Daran ändert auch Artikel 20 der Berner Übereinkunft nichts, der Staaten das Recht einräumt, Sonderabkommen mit Bezug auf Urheberrechtsschutz zu treffen. Prinzipiell können einzelne Gesetze nur dann von geltendem EU-Recht abweichen, wenn eine weitere Regelung die Mitgliedsstaaten zur Verabschiedung eigener Gesetze verpflichtet, nicht aber wenn diese lediglich die Möglichkeit einer separaten Regelung zulassen.
EuGH, Urteil vom 13.02.2014, Az. C - 466/12