Link auf rechtswidrige Internetinhalte
Das Landgericht Braunschweig hat die bestehende Judikatur zum Thema Haftung durch Links (Linkhaftung) ergänzt. Die Landrichterinnen und Landrichter wiesen einen Antrag, der auf den Erlass einer einstweiligen Anordnung gerichtet war, zurück (LG Braunschweig, Beschluss vom 05.10.2011, Az. 9 O 1956/11). Zweck der von einem Burschenschaftler begehrten Anordnung sollte es sein, ein Linkverbot gegen das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ zu erwirken.
Leitsätze der Redaktion
1. Die durch das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ vorgenommene Einrichtung eines Hyperlinks, welcher auf das Online-Portal „indymedia“, das private E-Mails einschließlich der dazugehörigen Kontaktdaten öffentlich bekannt gibt, verweist, ist von Rechts wegen nicht zu beanstanden und damit rechtmäßig.
2. Auch unter der Annahme, dass die Erstveröffentlichung der E-Mail an sich unzulässig ist, verbleibt die weitere Setzung des Hyperlinks zulässig, weil sich der Setzer des Links die Inhalte, auf die er verweist, nicht zu eigen macht.
Sachverhalt – Die wichtigsten Fakten des Falls in Kürze
Der Kläger des Verfahrens ist Mitglied in einer deutschlandweit aktiven Burschenschaft. Er wollte mit seinem antrag auf einstweiligen Rechtsschutz gegen das bekannte Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ gerichtlich vorgehen. „Der Spiegel“ hatte auf seiner Internetseite über rechtsradikale Tendenzen von deutschen Burschenschaften berichtet. Teil dieser Berichterstattung war die Einrichtung eines Hyperlinks (d. h. einer unmittelbaren Querverbindung zu einer anderen Webseite, die durch Anklicken hergestellt wird) auf das linke Onlineangebot „indymedia“. Dieses veröffentlicht zahlreiche E-Mails und Korrespondenzen unter Angabe persönlicher Angaben. Auf indymedia fand sich auch eine E-Mail des Klägers, in welcher er unter vollem Namen genannt war.
Der Kläger wollte – nachdem er die Beklagte vergeblich darum bat, eine Unterlassungserklärung zu unterzeichnen - vor dem örtlich und sachlich zuständigen Landgericht Braunschweig im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes erwirken, dass es dem Magazin „Der Spiegel“ verboten wird, in seinem Artikel auf das Onlineangebot „indymedia“ zu verweisen, soweit es um Inhalte geht, die ihn selbst identifizieren können (E-Mail, die auf dem Portal veröffentlicht wurde).
Auszug aus den Gründen
Das Landgericht wies den Antrag als unbegründet ab. Zu ihrer Begründung führte die zuständige Zivilkammer aus, dass die Errichtung eines Hyperlinks auf das Onlineangebot „indymedia“ von Rechts wegen nicht zu beanstanden sei.
Grundsätzlich habe zwar jeder (und damit auch der Antragsteller) ein Recht darauf, selbst und eigenständig zu bestimmen, ob und in welcher Form er sich der breiten Öffentlichkeit stelle, was dementsprechend auch den Inhalt sowie die Veröffentlichung von E-Mails einschließe. Folglich könne ein Eingriff in das grundgesetzlich durch Art. 2 Abs. 2 GG in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG geschützte allgemeine Persönlichkeitsrecht auch durch die Setzung des Hyperlinks durch die Beklagte angenommen werden, weil es auf diese Weise zu einer Weiterverbreitung der E-Mail gekommen sei.
Nichtsdestotrotz ließe sich die Einrichtung eines Hyperlinks im vorliegenden Fall nicht als rechtswidrig einstufen, so das Gericht. Zu diesem Ergebnis gelangten die Richterinnen und Richter, nachdem sie eine umfassende Interessenabwägung unter Berücksichtigung des konkret zu beurteilenden Einzelfalls vornahmen. Hierbei berücksichtigte das Gericht, dass der Antragsteller im Artikel des Nachrichtenmagazins „Der Spiegel“ selbst nicht erwähnt wurde. Auch kam es sonst zu keinem Zusammenhang zwischen ihm und dem Magazin. Inhalt des Nachrichtenartikels, der auf das Angebot von „indymedia“ verlinkte, war – so das Gericht – allein die Debatte um potenziell rechtsradikale Bewegungen in deutschen Burschenschaften gewesen. Der Antragsteller wurde explizit nie genannt. Im Ergebnis konnten die Richterinnen und Richter der Zivilkammer deshalb feststellen, dass das allgemeine Persönlichkeit des Antragstellers hinter den Interessen und Rechten der Beklagten zurückbleibt. Dabei sei insbesondere irrelevant, dass die Veröffentlichung der E-Mail auf dem linken Portal „indymedia“ an sich wahrscheinlich rechtswidrig war. Denn die Antragsgegnerin habe sich durch die bloße Verlinkung nicht die Inhalte der Zielseite zu eigen gemacht, sondern vielmehr bloß hierauf verwiesen.
LG Braunschweig, Beschluss vom 05.10.2011, Az. 9 O 1956/11