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Kein Auskunftsanspruch wegen schlechter Bewertung

Oberlandesgericht Nürnberg, Urteil vom 17.07.2019, Az. 3 W 1470/19


Kein Auskunftsanspruch wegen schlechter Bewertung

Das Oberlandesgericht Nürnberg entschied am 17.07.2019, dass kein Auskunftsanspruch aufgrund einer „Ein-Sterne-Bewertung“ auf „Google Maps“ bestehe. Denn eine solche Bewertung sei als Meinungsäußerung zu qualifizieren und aufgrund des fehlenden Schmähcharakters zulässig. Dass die schlechte Bewertung auf einer falschen Tatsache begründet sei, sei nicht ausreichend belegt worden.

Wann sind schlechte Bewertungen rechtsverletzend und zu löschen?
Antragsteller waren die Betreiber einer Zahnarztpraxis, Antragsgegner die Betreiberin von „Google Maps“. Diese bot ihren registrierten Nutzern die Möglichkeiten, Bewertungen für Unternehmen abzugeben. Die Bewertungen konnten durch Sterne oder Text abgegeben werden. Für die Antragstellerin war nur eine Ein-Sterne-Bewertung zu finden sowie die Worte „Oje. Naja“. Eine konkurrierende Praxis hatte derselbe Nutzer deutlich positiver bewertet. Das Profil des Nutzers war kurze Zeit später nicht mehr abrufbar. Jedoch wurde eine wortgleiche Bewertung publiziert, die einem anderen Nutzernamen zugeordnet war. Die Antragsteller forderten Google Maps zur Löschung der Bewertung und Auskunftserteilung auf. Die Vorinstanz lehnte das Begehren ab, da die Rechtswidrigkeit der Äußerung nicht belegt war.

Schlechte Bewertung wirkt sich abträglich aus
Das Oberlandesgericht Nürnberg entschied, dass die Äußerung „Oje. Naja“ verbunden mit nur einem Stern sich abträglich auf das Bild der Antragsteller in der Öffentlichkeit ausgewirkt habe. Denn dadurch habe der Nutzer zum Ausdruck gebracht, dass er die Praxis als unzureichend bzw. ungenügend ansehe. Nicht gelte das jedoch dafür, dass ein anderer Zahnarzt deutlich wohlwollender bewertet worden sei. Denn diese Bewertung stehe für objektive Beobachter in keinerlei Zusammenhang zu den Antragstellern und deren Tätigkeit. Damit sei eine positive Äußerung über einen Konkurrenten aus der Sicht der angesprochenen Kreise nicht geeignet, das unternehmerische Ansehen der Antragsteller in der Öffentlichkeit zu beeinträchtigen.

Bewertung ist eine Meinungsäußerung
Die angegriffene Bewertung sei als Meinungsäußerung zu qualifizieren, stellte das Gericht fest. Denn die notenmäßige Bewertung mit einem Stern sei von Elementen der Stellungnahme, des Dafürhaltens und Meinens geprägt. Gleiches gelte für die Äußerung „Oje. Naja“. Denn hierbei komme die subjektive Beziehung des sich Äußernden zum Äußerungsinhalt zum Vorschein. Zudem sei die Äußerung nicht dem Beweis zugänglich; sie lasse sich nicht auf Richtigkeit überprüfen.

Meinungsäußerung ist zulässig
Die Meinungsäußerung sei auch grundsätzlich zulässig, so das OLG weiter. Denn es fehle am Schmähcharakter. Auch werde die Bewertung nicht dadurch unzulässig, weil sie keine Begründung für die schlechte Bewertung enthalte. Denn zulässige Kritik habe nicht zur Voraussetzung, dass zugleich die Hintergründe und Umstände der entsprechenden Äußerung aufgedeckt werden müssen. Zum Recht der freien Meinungsäußerung gehöre auch, seine Meinung aussprechen zu können, ohne diese erklären zu müssen.

Beweis für unwahre Tatsache nach gelöschtem Nutzerprofil nicht mehr möglich
Die Antragsteller hätten nicht ausreichend dargelegt, dass der Meinungsäußerung eine unwahre Tatsachenbehauptung zu Grunde liegt, entscheid das Gericht. Zwar führen die Antragsteller aus, es habe niemals einen Behandlungskontakt gegeben. Allerdings sei vorliegend zu berücksichtigen, dass unstreitig das Nutzerprofil nicht mehr abrufbar ist. Daher seien die Daten des Nutzers nicht mehr überprüfbar. Vor diesem Hintergrund bleiben die Antragsteller für das Fehlen eines Behandlungskontakts darlegungs- und beweisfällig. Dabei könne auch dahinstehen, ob vorliegend die Grundsätze der sekundären Darlegungslast nicht eingreifen. Denn bei einem gelöschten Profil sei es Google Maps weder möglich noch zumutbar, vom Nutzer zusätzliche Angaben und Belege zum angeblichen Behandlungskontakt zu fordern.

Schlechte Bewertungen in Bewertungsportal muss hingenommen werden
Auch seien die Voraussetzungen für eine Auskunftserteilung nach dem Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) nicht gegeben, stellte das OLG fest. Denn die Äußerungen seien weder als Beleidigung noch als Schmähkritik anzusehen. Bei dieser Einschätzung sei die Meinungsfreiheit zu berücksichtigen. Bei Äußerungen im Internet sei regelmäßig ein großzügiger Maßstab anzulegen. Denn das Netz sein kein Ort des Höflichkeitsaustausches. Zudem sei die Internetsprache plakativ, provokativ und gerade in den sogenannten „Bewertungsportalen“ meist auf Extreme gerichtet. Die streitgegenständlichen Bewertungen seien grundsätzlich als Werturteile zu qualifizieren. Hierbei handele es sich um sozialadäquate Äußerungen eines unzufriedenen Nutzers über einen Dienstleistungsanbieter in einem dafür vorgesehenen Bewertungsportal. Denn gerade im Internet haben Anbieter von Dienstleistungen grundsätzlich negative Bewertungen - auch unbegründete – sowie inhaltliche Kritik an ihrer Tätigkeit hinzunehmen.

Oberlandesgericht Nürnberg, Urteil vom 17.07.2019, Az. 3 W 1470/19


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