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Irreführende Werbung: Erwartungen des Durchschnittsverbrauchers entscheidend

BGH, Urteil vom 12. 5. 2011, Az. I ZR 119/10


Irreführende Werbung: Erwartungen des Durchschnittsverbrauchers entscheidend

Der Bundesgerichtshof hat im Mai 2011 geurteilt, dass eine Anzeige für „Original Druckerpatronen innerhalb 24 Stunden“ nicht irreführend ist, wenn diese 24-Stunden-Frist vorhersehbaren Einschränkungen unterliegt – dies gilt etwa für Sonntags- oder Abendlieferungen. Allerdings müssen die Einschränkungen sich in einem Rahmen halten, der für einen durchschnittlich informierten Verbraucher zu erwarten ist.

Im vor dem BGH verhandelten Fall hatte ein Anbieter von Druckerpatronen die Lieferung innerhalb von 24 Stunden versprochen, dies aber auf Bestellungen bis 16.45 Uhr beschränkt und Lieferungen am Sonntag gänzlich ausgeschlossen. Geworben hatte das Unternehmen unter anderem bei Google in einer sogenannten Adwords-Anzeige mit den Worten „Originalpatronen innerhalb 24 Stunden“. Auf der Webseite des Anbieters wurde hervorgehoben, dass die „Lieferung in 24 Stunden durch DHL EuroPack“ erfolge. Deutlich kleiner war auf derselben Seite folgende Erläuterung zu lesen: „24 Stunden Lieferservice ohne Aufschlag – Artikel, die Sie bei uns bis 16:45h bestellen, gelangen noch am gleichen Tag zum Versand und sind in der Regel am nächsten Tag (Mo-Sa) bei Ihnen.“ Ein Konkurrenzunternehmen, dass ebenfalls über das Internet Druckerpatronen vertreibt, war der Ansicht, dass die Werbung eine Lieferung innerhalb von 24 Stunden ohne Einschränkung verspreche, weshalb hier – bei von dieser Versprechung abweichenden Lieferbedingungen – ein Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht vorliege. Zudem war den Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Unternehmens zu entnehmen, dass nach Überprüfung der Verfügbarkeit nur die Versendung innerhalb von 24 Stunden nach Eingang der Bestellung gewährleistet würde, nicht aber die Lieferung. Sowohl das Landgericht als auch die Berufungsinstanz hatten die Klage des Konkurrenten für unbegründet erachtet. Das OLG Hamm hatte die Berufung zugelassen, die nun vor dem Bundesgerichtshof verhandelt wurde.

Das Berufungsgericht hatte zwar anerkannt, dass die Formulierung der Werbung unter Umständen den Eindruck erwecken könne, als sei eine 24-Stunden-Lieferung auch am Wochenende oder abends möglich. Zugleich aber sah es das Gericht als selbstverständlich an, dass ein durchschnittlich informierter Verbraucher sich im Klaren darüber sei, dass an Sonntagen keine Postzustellung erfolge. Der durchschnittliche Verbraucher würde deshalb Einschränkungen des Lieferversprechens nicht nur erwarten, sondern auch bewusst auf der Webseite des Händlers danach suchen. Eine nachträgliche Aufklärung über die Liefermodalitäten auf derselben Webseite würde zwar eine zuvor erfolgte Irreführung nicht beseitigen. Es müsse aber davon ausgegangen werden, dass die meisten Verbraucher ohnehin mit einer Begrenzung der 24-Stunden-Lieferung rechnen würden. Eine „schlagwortmäßige Aufmerksamkeitswerbung“ oder „Blickfangwerbung“ erfordere in der Regel eine nachträgliche Präzisierung, wie es auch bei Überschriften regelmäßig der Fall sei. Dies sei dem Verbraucher üblicherweise bekannt.

Der BGH kam zu der Auffassung, dass die Begründung des OLG Hamm korrekt war und wies die Revision zurück. Ein durchschnittlicher Verbraucher würde aufgrund seiner Erfahrungen nicht von einer uneingeschränkten Lieferung innerhalb von 24 Stunden ausgehen. Ein Kunde, der die Aussage wörtlich verstehe, sei nicht Maßstab der Beurteilung. Der Durchschnittsverbraucher wird also auch nach Ansicht des BGH nicht in die Irre geführt, sondern vielmehr durch die Werbung erst dazu veranlasst, auf der Webseite des Anbieters nach den genauen Modalitäten und nach den von ihm erwarteten Einschränkungen zu suchen. Die Erläuterungen waren auf der Webseite des Unternehmens leicht zu finden, weitergehende Einschränkungen seien nicht festzustellen gewesen, weshalb das Urteil des Berufungsgerichts nicht zu beanstanden sei.

BGH, Urteil vom 12. 5. 2011, Az. I ZR 119/10


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