Haftung eines Online-Bewertungsportals für falsche Einträge
Das Landgericht (LG) in Frankfurt am Main hat mit seinem Urteil vom 05.03.2015 unter dem Az. 2-03 O 188/14 entschieden, dass ein Bewertungsportal, auf dem Ärzte bewertet werden können, als Störer für Verletzungen des Persönlichkeitsrecht haftet, die auf der Veröffentlichung von Behauptungen beruhen, welche nicht den Tatsachen entsprechen. Eine Beanstandung einer angeblich verletzten Person müsse dazu führen, dass der Betreiber Tatsachen vortragen lässt, auf die sich der Verletzte prozessual einlassen und die Behauptung ggf. widerlegen kann. Das sei im vorliegenden Fall nicht ausreichend geschehen. Streitig war die folgende Äußerung: “Behandlungsbedarf an der Stirne lag vor. Wurde nicht empfohlen.”. Diese wertete das Gericht als eine Tatsachenbehauptung. Die Klägerin konnte sich an keine Behandlung erinnern, auf die eine solche Bewertung hätte zutreffen können. Weil der Betreiber den Wahrheitsgehalt nicht belegen konnte, lag eine Verletzung der Klägerin vor.
Das Gericht hat die Beklagte zur Unterlassung im Hinblick auf die zitierte Bewertung verurteilt. Außerdem muss die Beklagte rund 900 Euro an die Klägerin zahlen.
Die Klägerin ist eine niedergelassene Hautärztin. Die Beklagte ist eine Firma aus München, die unter der Internetadresse www.xyz.de ein Portal betreibt, auf dem Verbrauchermeinungen über Ärzte veröffentlicht werden. Nach ihren eigenen Worten handele es sich dabei um das größte Bewertungsportal für Ärzte in Deutschland. Die Nutzer können sich dort zu ihrem Arztbesuch äußern und Schulnoten vergeben.
Am 18.12.13 wurde dort eine Bewertung über die Klägerin unter der Überschrift "Hautkrebsvorsorge Termin. 10 Min. flüchtige…" veröffentlicht.
Es folgt der Text: „… Ansehung des Körpers. 48 € kassiert und Tschüss. Wie später erfahren. Behandlungsbedarf an der Stirne lag vor. Wurde nicht empfohlen.” Notenbewertung dieses Patienten: Behandlung 6, Aufklärung 6, Vertrauensverhältnis 6, Genommene Zeit 6, Freundlichkeit 4″. Als "Gesamtnote" wurde der Wert 5,6 eingetragen.
Am 23.12.13 wandte sich die Klägerin an die Beklagte mit der Bitte, die nach ihrer Ansicht falsche Bewertung zu löschen. Sie äußerte den Verdacht, die Bewertung sei von einem Konkurrenten erstellt worden. Mit Schreiben vom 03.01.14 teilte die Beklagte mit, der Autor der Bewertung habe die Behandlung bestätigt. Diesbezüglich bezog sich die Beklagte auf ein z.T. geschwärztes Schreiben vom 24.12.13, das vom Autor der Bewertung stammen soll. Dort heißt es: „Genauso wie beschrieben. war der Ablauf…., dass dies einer Behandlung bedarf. Habe mir bei einem anderen Hautarzt im neuen Jahr ein Termin geholt.”. Nach Ansicht der Beklagten bestehen keine Zweifel im Hinblick auf die Authentizität dieser Bewertung.
Mit Anwaltsschreiben vom 04.02.14 forderte die Klägerin erneut zur Löschung der Bewertung auf. Die Beklagte erklärte, sie habe einen Beleg erhalten, der die Authentizität der Bewertung wahrscheinlich mache. Mit Schreiben vom 28.04.14 ließ die Klägerin die Beklagte abmahnen und zur Abgabe einer Unterlassungsklärung auffordern. Die Beklagte wies das zurück.
Die Klägerin behauptet, dass die Bewertung sei erfunden. Sie bestreitet mit Nichtwissen, dass die Beklagte eine Stellungnahme vom Autor der Bewertung angefordert habe.
Nach ihrer Ansicht stehe ihr ein Anspruch auf Unterlassung aus den §§ 1004 und 823 BGB zu. Die Bewertung stelle einen Eingriff in ihr Persönlichkeitsrecht dar. Die Beklagte habe im Gegensatz zu ihr keine schützenswerten Interessen. Zu befürchten sei, dass Verbraucher aus der Bewertung den Schluss zögen, ein Hautkrebs eines Patienten sei von der Klägerin nicht erkannt worden. Eine Verbreitung einer solchen Bewertung könne zur Folge haben, dass viele Patienten sich künftig einen anderen Arzt suchen würden.
Die Beklagte behauptet, im Besitz einer ärztlichen Rechnung zu sein, aus der die Behandlung einer Hautkrebsvorsorgeuntersuchung bei der Klägerin hervorgehe. Der Klägerin stehe daher kein Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte zu. Es handele sich bei der Bewertung nicht um eine Tatsachenbehauptung, sondern eine Meinungsäußerung.
Das sieht das Gericht jedoch anders. Es handele sich bei der Bewertung um eine Tatsachenbehauptung. Diese sei jedoch anhand der geschwärzten Rechnung nicht ausreichend belegt worden. Daher hafte die Beklagte.
LG Frankfurt am Main, Urteil vom 05.03.2015, Az. 2-03 O 188/14