Google haftet für Inhalte auf Drittseiten ab Kenntnis als Störer
Das Internet gilt als Treffpunkt für Millionen von Menschen. Da kann es durchaus zu Meinungsverschiedenheiten kommen. Es gilt jedoch auch der Grundsatz: Was einmal im virtuellen Web geschrieben wurde, lässt sich dort nicht so leicht löschen. Besonders bitter ist es daher, wenn daraus persönliche Konsequenzen für einen der Beteiligten folgen. So befasste sich das Landgericht Köln kürzlich mit einem derart gelagerten Fall. Und dessen Ergebnis lässt aufhorchen: Künftig haftet Google auch für Inhalte auf Drittseiten, die eine Persönlichkeitsrechtsverletzung hervorrufen.
Etwas bleibt aus einem Streit immer übrig
Im vorliegenden Sachverhalt geriet ein Ehepaar in einem Internetforum zwischen zwei streitende Seiten und wurde bald schon selbst mit Beleidigungen konfrontiert. Mehr noch, den beiden wurde sogar nachgesagt, Webseiten mit moralisch verwerflichen Inhalten zu betreiben. Zwar konnte der Zwist schnell geklärt werden. Doch was einmal geäußert wurde, ließ sich durch simple Suchbegriffe via Google noch immer finden. Das Paar fürchtete somit um sein privates wie berufliches Image und verklagte den Betreiber der Suchmaschine auf ein Unterlassen.
Ein neuer Suchindex soll errichtet werden
Dem Landgericht Köln lag der Fall nun vor, in dem die Kläger zweierlei verlangten. Einerseits sollte Google verpflichtet werden, sämtliche zu den Beleidigungen und falschen Aussagen führenden Links restlos zu entfernen. Andererseits wurde der Aufbau einer neuen Suchdatei gefordert, die alle mit dem Ehepaar verbundenen Begriffe und Wortfolgen beinhalten sollte. Auf diese Weise würde nach Ansicht der Kläger sichergestellt, dass auch tatsächlich jede jemals existierende unwahre Äußerung über sie getilgt werden könne. Ein erheblicher Anspruch also, der sich nicht alleine gegen den Mutterkonzern Google.com richtete, sondern zugleich auf die deutsche Tochtergesellschaft Google.de erweitert wurde.
Google war weder Täter noch Teilnehmer
Allerdings war der Sachverhalt mit dem Umstand verbunden, dass Google die in Rede stehenden Bekundungen nicht selbst getätigt und auch bei ihrer Veröffentlichung keine Hilfe geleistet hatte. Dennoch sah das Gericht den Beitrag des Suchmaschinenbetreibers darin, nach Kenntniserlangung der rechtswidrigen Inhalte – auf die er durch die Kläger zuvor hingewiesen wurde – keinerlei Maßnahmen der Verbesserung ergriffen zu haben. Das automatische Verbinden bestimmter Suchbegriffe mit den einschlägigen Links eröffnete für Google die Störerhaftung. Der Konzern hätte folglich aktiv gegen die beanstandeten Aussagen vorgehen müssen, statt diese auf der eigenen Plattform zu dulden.
Der geforderte Suchindex
Die damit einhergehende Unterstellung der verletzten Prüfungspflicht hätte Google nach Ansicht der Kläger entkräften können, indem zeitnah ein Suchindex errichtet worden wäre, der die falschen Begriffe umfasste. Hierzu stellte das Gericht jedoch fest, dass der Aufbau einer solchen Datei mit hohem zeitlichen und finanziellen Aufwand verbunden ist. Die Verhältnismäßigkeit in diesem Fall wäre damit nicht gewahrt gewesen. Zudem sei es schlicht nicht möglich, das in stetem Wachstum befindliche Internet rund um die Uhr auf rechtswidrige Inhalte zu überprüfen.
Der Klage wurde in Teilen entsprochen
Nicht ganz überraschend urteilte das Landgericht Köln in diesem Falle, dass der Suchindex nicht eingerichtet werden muss, das Aufspüren und Entfernen der bekannten Links durch Google aber sehr wohl verlangt werden darf. Ein Teilerfolg also für die Kläger, die darauf hoffen dürfen, dass sämtliche ihren Ruf beschädigende Äußerungen gelöscht werden. Gleichwohl aber auch ein Sieg des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes, der einen Beklagten nicht über Gebühr zu einem Tun oder Unterlassen zwingen darf. Das Kostenrisiko des Konzerns wurde dabei folglich mit den Persönlichkeitsrechten des klagenden Ehepaars abgewogen.
Eine Bestätigung der Rechtslage
Der Spruchkörper aus der Domstadt mag mit seinem Urteil kein juristisches Neuland betreten haben. Die Rechte der Verbraucher wurden dennoch durch die abermalige Bekräftigung der möglichen Störerhaftung für die Betreiber der Suchmaschinen gestärkt. Diese wiederum erlangten zudem Klarheit über die von ihnen zu ergreifenden Maßnahmen, um einen rechtswirksamen Suchindex aufzubauen. Das erneute Hinweisen auf die damit verbundene Verhältnismäßigkeit dürfte die Haftung von Internetkonzernen wie Google künftig also einschränken. Der Entscheid des Landgerichtes bestätigt somit die gegenwärtig herrschende Meinung in Rechtsprechung, Lehre und Theorie, wird jedoch in den kommenden Jahren inhaltlich noch präziser ausgeformt werden müssen.
LG Köln, Urteil vom 16.09.2015, Az. 28 O 14/14