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Google-Auto-Complete-Funktion ist nicht rechtswidrig

OLG Köln, Urteil vom 08. April 2014, Az. 15 U 199/11


Google-Auto-Complete-Funktion ist nicht rechtswidrig

Die Autocomplete-Funktion der Suchmaschine Google ist dazu geeignet, die Persönlichkeitsrechte der Betroffenen zu verletzen. So lautet ein Grundsatzurteil des BGH, dem auch das OLG Köln nach Zurückverweisungsbeschluss gefolgt ist.

Die Autocomplete-Funktion ergänzt die Suchanfrage von Internetnutzern automatisch um bestimmte Wörter, die häufig in Verbindung mit dem eingegebenen Suchbegriff abgefragt werden. Sie soll die Suchanfragen der Google-Nutzer effizienter gestalten. Auch die Frau des ehemaligen Bundespräsidenten Christian Wulff, Bettina Wulff, musste unangenehme Erfahrungen mit dieser Ergänzungsfunktion machen, da ihr Name regelmäßig mit dem Rotlichtmilieu in Verbindung gebracht wurde.

Die Klägerin im vorliegenden Rechtsstreit ist eine Aktiengesellschaft, die im Direktvertrieb von Kosmetika und Nahrungsergänzungsmitteln tätig ist. Bei Eingabe der Unternehmensbezeichnung in die Suchmaschine Google erhält der Internetnutzer zusätzliche Hinweise auf die umstrittene Sekte Scientology. Auch das Wort Betrug erscheint in der Suchkombination. Gegen diese Wortkombinationen wehrte sich das Unternehmen und forderte Google durch seinen Anwalt auf, die streitgegenständlichen Wortkombinationen aus der Suchmaschine zu entfernen. Anschließend leitete das Unternehmen das einstweilige Verfügungsverfahren ein. Dem Antrag wurde stattgegeben und der Beklagten untersagt, in der Suchmaschine weiterhin die Begriffe „Scientology“ und „Betrug“ im Zusammenhang mit dem klägerischen Unternehmen vorzuschlagen.

Im Hauptklageverfahren wurde der durch den vorläufigen Rechtsschutz geltend gemachte Schadenersatz behandelt. Diese finanzielle Leistung beinhaltet die vorprozessualen Anwaltskosten und eine Geldentschädigung. Die Richter weisen die Klage auf Schadenersatz jedoch ab, da sie keine Verletzung des Persönlichkeitsrechts erkennen können. Sie werten die Autocomplete-Funktion als technischen Vorgang, der den Internetnutzern die Suche im Netz erleichtern soll, indem sie aus häufig eingegebenen Suchbegriffen Wortkombinationen zusammenstellt und diese dem Suchenden vorschlägt. Die Richter gehen davon aus, dass sich verständige Nutzer im Klaren darüber sind, dass diese Funktion keine inhaltlichen Aussagen macht und nicht das Ergebnis einer sinnhaften Qualitätsüberprüfung ist. Die streitgegenständliche Funktion soll die Suchanfragen der Nutzer effizienter gestalten. Sie stellt das Ergebnis kombinierter Suchvariablen dar. Nach Meinung der Richter verbietet sich eine gedankliche Vorwegnahme der Suchergebnisse. Auch ist diese nicht als tatsächliche und wahrhafte Aussage Dritter zu werten. Aus diesem Grund kommt eine Verbreiterhaftung der Beklagten nicht in Frage. Eine gezielte Manipulation durch Mitbewerber ist nicht zu erkennen. Die Klägerin hatte ihre Mitbewerber in Verdacht, die Suchmaschine durch gezielte Eingabe falscher Suchbegriffe manipuliert zu haben, da sie weder mit der Sekte Scientology verbunden und nicht in ein Betrugsverfahren verwickelt ist. Die Klägerin legte gegen das Urteil Berufung ein.

Der BGH wertet die Rechtslage nicht ganz so einfach wie das Berufungsgericht. Er ist der Auffassung, das OLG hätte ein Sachverständigengutachten in Form einer Verkehrsbefragung in Auftrag geben müssen, um herauszufinden, wie der durchschnittlich verständige Internetnutzer wirklich über die Autocomplete-Funktion denkt. Der BGH wertet das Ergebnis der Suchanfrage als mehrdeutigen Aussageinhalt und unwahre Tatsachenbehauptung, die nahelegt, dass die Klägerin Mitglied bei Scientology und in einen Betrug verwickelt ist. Der Begriff Betrug stellt für den durchschnittlich informierten Internetnutzer zumindest ein sittlich verwerfliches Handeln und ein gezieltes, niederträchtiges Übervorteilen von Mitmenschen dar. Sie verbinden mit den angezeigten Suchvorschlägen im Rahmen ihrer Recherche durchaus inhaltliche Aussagen und halten es zumindest für möglich, dass die Klägerin mit Scientology und einem Betrugsverfahren in Verbindung steht. Durch die automatische Vorschlagfunktion ist den Internetnutzern klar, dass auch Dritte sich bereits mit dieser Angelegenheit beschäftigt haben und gleichfalls die Wortkombinationen „Betrug“ und „Scientology“ benutzt haben. Es handelt sich um negativ konnotierte Ergänzungssuchbegriffe.

Nachdem der BGH den Rechtsstreit zurück an die Berufungsinstanz verwiesen hatte, änderte das OLG das Berufungsurteil ab und gestand der Klägerin einen Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte zu. Den klägerischen Anspruch auf Zahlung einer Geldentschädigung lehnte das Gericht jedoch ab, da Google lediglich eine minder schwere Rechtsverletzung begangen hat. Die Klägerin kann lediglich Aufwandskosten im vorgerichtlichen Verfahren in Höhe von 703,80 Euro geltend machen.

OLG Köln, Urteil vom 08. April 2014, Az. 15 U 199/11


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