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Gesetzliche Kündigungsfrist bei Webhosting

LG Mannheim, Urteil vom 07.12.2010, Az. 11 O 273/10


Gesetzliche Kündigungsfrist bei Webhosting

Vor dem Landgericht Mannheim ging es um die Frage, welche Kündigungsfrist für einen Internetsystemvertrag gilt. Die Klägerin, Betreiberin eines privaten Regionalsenders, hatte mit der Beklagten einen Vertrag über die Erstellung einer Internetseite geschlossen, über die Besucher einer Internet-Community sollten beitreten können. Die vertraglichen Leistungen der Beklagten umfassten Wartung, Weiterentwicklung und Gewährleistung der Sicherheit der Webseite sowie Webhosting. Die Gegenleistung der Klägerin bestand in einer einmaligen Pauschale sowie einer monatlichen Vergütung für Webhosting und Datenverkehr. Eine Kündigungsfrist enthielt der Vertrag nicht.

Im Zuge von Differenzen zwischen den Parteien hatte die Beklagte am 01.10.2010 die Kündigung des Vertrages zum 11.10.2010 ausgesprochen und die Einstellung des Betriebs der Webseite ab diesem Zeitpunkt angekündigt.

Die Klägerin hatte daraufhin bei Gericht die Verpflichtung der Beklagten zum Weiterbetrieb der Website durch einstweilige Verfügung beantragt. Sie meinte, es liege keine wirksame Kündigung zum 11.10.2010 vor. Der Vertrag unterliege dem Mietrecht und der Kündigungsfrist für Geschäftsräume. Die Nutzung der gewerblichen Webseite und der Internet-Community ähnele der Geschäftsraummiete; ein Umzug könne in beiden Fällen nicht "auf die Schnelle" durchgeführt, sondern müsse aufwändig vorbereitet werden. Bei einem unvorbereiteten Wegfall der Internetpräsenz drohten ihr neben einem Imageschaden Schadenersatzpflichten wegen Verletzung eigener vertraglicher Verpflichtungen. Sie selbst habe ihre vertraglichen Zahlungspflichten gegenüber der Beklagten stets erfüllt.

Die Beklagte war zwar ebenfalls der Meinung, dass der Vertrag nach Mietrecht zu kündigen sei, jedoch nach den Vorschriften über die Kündigung beweglicher Sachen.

Das LG Mannheim hat die beantragte einstweilige Verfügung erlassen. Es ist zugunsten der Klägerin davon ausgegangen, dass der Vertrag nicht wirksam zum 11.10.2010 gekündigt wurde und sie Anspruch auf Weiterbetrieb der Webseite bis zum 31.03.2011 hatte.

Zur Bestimmung der Kündigungsfrist hat das LG Mannheim den rechtlichen Charakter des vorliegenden Vertrages geprüft und diesen als Internetsystemvertrag eingestuft, der nach Auffassung des BGH einen Werkvertrag darstelle. Allerdings handele es sich um einen typengemischten Vertrag, bei dem einzelne Vertragsteile unter unterschiedliche Kündigungsvorschriften fallen könnten. Soweit es um die Pflicht der Beklagten zur Bereitstellung von Software und Erbringung von Wartungsleistungen gehe, seien nicht Werkvertragsrecht, sondern die gesetzlichen Kündigungsvorschriften für Mietverhältnisse anzuwenden. Da es der Klägerin darum gehe, dass die Beklagte die Internetseite nicht kurzfristig und völlig unvorbereitet sollte abschalten dürfen, liege eine analoge Anwendung der mietrechtlichen Regelungen für die ordentliche Kündigung einschließlich der entsprechenden Kündigungsfristen, hier § 580a Abs. 2 BGB, als interessen- und sachgerechte Lösung nahe.

Dabei hat das LG Mannheim darauf abgestellt, dass die noch nicht erbrachten Leistungen der Beklagten, um deren Weiternutzung es der Klägerin gehe, im Wesentlichen in der Bereitstellung von Speicherkapazitäten bestünden. Von der Interessenlage her ähnele dies eher einem Mietverhältnis über Räume als der Erstellung eines Werkes.

Die von der Beklagten geschuldete Bereitstellung von Speicherkapazitäten sei auch keine Vermietung einer beweglichen Sache, sondern komme der Überlassung (virtueller) Geschäftsräume nahe. Wie bei der Kündigung eines Vertrages über Geschäftsräume benötige auch hier der Nutzer ausreichend Zeit für die Suche nach einem neuen Anbieter. Auch sei die Öffentlichkeitswirkung des Internetauftritts der Klägerin zu berücksichtigen. Als Fernsehsender seien für sie qualitativ hochwertige Leistungen und der durchgängige Betrieb ihrer Internetseite während der Suche nach einem neuen Anbieter wesentlich. Daher erscheine die Anwendung der Frist für die Kündigung von Geschäftsräumen gerechtfertigt.

Da nach § 580a Abs. 2 BGB die Kündigung "spätestens zum dritten Werktag eines Kalendervierteljahres zum Ablauf des nächsten Kalendervierteljahres" auszusprechen sei, habe die Beklagte den Vertrag am 01.10.2010 erst zum 31.3.2011 wirksam gekündigt. Bis dahin müsse sie die vertraglich geschuldeten Speicherkapazitäten zur Verfügung stellen und den Betrieb der Internetseite fortführen.

Wegen der für die Klägerin bei Abschaltung der Internetseite drohenden Schäden und Nachteile hat das Gericht auch den für den Erlass einer einstweiligen Verfügung erforderlichen Verfügungsgrund bejaht.

LG Mannheim, Urteil vom 07.12.2010, Az. 11 O 273/10


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