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Forenhaftung bei rechtswidrigen Kommentaren zu Drittunternehmen

OLG Frankfurt a. M., Urteil vom 10.12.2015, Az. 6 U 244/14


Forenhaftung bei rechtswidrigen Kommentaren zu Drittunternehmen

Die rechtswidrige Äußerung eines Nutzers über ein Drittunternehmen in einem Online-Forum ist keine geschäftliche Handlung des Forenbetreibers. Dem angegriffenen Unternehmen steht daher kein wettbewerbsrechtlicher Unterlassungs- und Schadensersatzanspruch gegen diesen zu. Betreiber von Online-Foren sind für die Beiträge ihrer Nutzer weder als Mittäter noch als Gehilfen verantwortlich. Sie sind auch nicht verpflichtet, Nutzerbeiträge auf Rechtswidrigkeit zu prüfen. Sofern sie einen Beitrag unverzüglich löschen, sobald sie von dessen Rechtswidrigkeit erfahren, haften sie nicht als Störer. Wer durch einen Beitrag in seinen Rechten geschädigt wird, hat keinen Anspruch gegen den Forenbetreiber auf Herausgabe der Nutzerdaten des Verfassers. Dies hat das Oberlandesgericht Frankfurt a. M. mit Urteil vom 10. Dezember 2015 entschieden (Az. 6 U 244/14).

Sachverhalt
Ein Nutzer eröffnete unter dem Titel "E: Kritiker wittern Schneeballsystem" einen Thread im User-Forum einer Finanz-Informationsplattform mit einem kritischen Beitrag über ein Immobilien- und Beteiligungsunternehmen. Nachdem das kritisierte Unternehmen die Plattformbetreiberin abgemahnt hatte, änderte diese den Titel zu "E unter Kritik" und entfernte den Begriff "Schneeballsystem" auch aus dem Beitragstext.

Dies genügte dem Immobilien- und Beteiligungsunternehmen jedoch nicht. Es reichte Unterlassungs- und Schadensersatzklage gegen die Plattformbetreiberin ein. Außerdem verlangte es die Klarnamen und Adressen aller User, die im fraglichen Thread kritische Beiträge posteten. Einer weiteren Abmahnung auf Löschung des Threads kam die Betreiberin der Finanz-Informationsplattform nach.

Das Landgericht Frankfurt a. M. wies die Klage ab, wogegen die Klägerin erfolglos Berufung an das Oberlandesgericht Frankfurt a. M. erhob.

Urteilsbegründung
Die Richter verneinen Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche aus Lauterkeitsrecht. Sie erkennen kein Wettbewerbsverhältnis zwischen dem Immobilien- und Beteiligungsunternehmen und der Finanz-Informationsplattform – auch nicht unter Berücksichtigung der neueren BGH-Rechtsprechung. Diese bejaht ein Wettbewerbsverhältnis bereits, wenn zwischen den Vorteilen durch eine Maßnahme zur Förderung des eigenen Wettbewerbs und der Beeinträchtigung des fremden Wettbewerbs eine Wechselwirkung besteht. Das Oberlandesgericht Frankfurt a. M. hält fest, eine bloße Beeinträchtigung der Absatzinteressen reiche dazu allerdings nicht. Es bedürfe eines zusätzlichen Konkurrenzmoments im Angebots- oder Nachfragewettbewerb, das hier nicht gegeben sei. Die Behauptung der Klägerin, die Informationsplattform wolle durch Veröffentlichung kritischer Nutzerkommentare über sie ihre Konkurrenten begünstigen, um diese als Werbekunden zu gewinnen, hält der Zivilsenat für substanzlos.

Aber selbst unter Annahme eines Wettbewerbsverhältnisses fehle es an einer geschäftlichen Handlung zulasten der Klägerin. Nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG sei dazu ein objektiver Zusammenhang zwischen der Handlung der Beklagten und der Absatzförderung zugunsten Dritter erforderlich. Da die Informationsplattform mit ihrem Forum unter dem Schutz der Pressefreiheit stehe, dürfe ein solcher Zusammenhang nur mit Zurückhaltung angenommen werden. Die klägerische Behauptung, die Vorstände der Plattformbetreiberin seien Geschäftsführer einer Mitbewerberin der Klägerin, ist nach Auffassung des Gerichts widerlegt.

Doch selbst in diesem Fall wäre kein Drittabsatzförderungszusammenhang gegeben, da die Beklagte lediglich ein Forum zur Verfügung stelle und sich die Beiträge der Nutzer nicht aneigne.

Ein Unterlassungsanspruch der Klägerin lasse sich ebenso wenig mit den äußerungsrechtlichen Vorschriften des BGB (§§ 823 Abs. 1, 824, 1004 BGB) begründen. Eine Mittäterschaft oder Gehilfenschaft der Beklagten komme nicht in Betracht, da es an dem dafür erforderlichen (Eventual-)Vorsatz fehle. Die Forumsbeiträge würden ohne vorherige Kenntnisnahme der Beklagten eingestellt. Die Beklagte mache sich die Beiträge auch nicht zu eigen. Darauf weise sie im Disclaimer hin. Außerdem seien die Forumsbeiträge mit dem User-Namen des Verfassers gekennzeichnet und vom redaktionellen Inhalt klar getrennt.

Auch eine Störerhaftung lehnt das Oberlandesgericht ab. Das Telemediengesetz verpflichte die Beklagte nicht, die von ihr gespeicherten Informationen auf Rechtswidrigkeit zu überprüfen (§ 7 Abs. 2 TMG). Nur wenn sie auf eine klare Rechtsverletzung in einem Beitrag hingewiesen werde, müsse sie diesen löschen. Die Beklagte sei dieser Verpflichtung nachgekommen.

Die Herausgabe der Klarnamen und Adressen der Beitragsverfasser lehnen die Richter ab. Sie berufen sich auf § 12 Abs. 2 TMG. Diese Bestimmung gestattet einem Diensteanbieter Personendaten nur dann zu einem anderen als dem vorgesehenen Zweck zu verwenden, wenn eine Gesetzesbestimmung dies erlaubt oder die betroffenen Nutzer einwilligen.

OLG Frankfurt a. M., Urteil vom 10.12.2015, Az. 6 U 244/14


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