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Firmen müssen scharfe Kritik dulden

BGH, VI ZR 39/14


Firmen müssen scharfe Kritik dulden

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit seinem Urteil vom 16.12.2014 unter dem Az. VI ZR 39/14 entschieden, dass der § 824 BGB nicht als Schutz vor abwertenden Meinungsäußerungen dienen könne. Dies gelte auch für Äußerungen, die zum Teil Meinungen und zum Teil Tatsachenbehauptungen enthalten, wenn sie Elemente des Meinens und der Stellungnahme enthalten.

Das Recht am Gewerbebetrieb schützt den Unternehmer vor Schäden durch unrichtige Informationen und Bewertungen, die sich auf sachfremde Motive stützen oder in herabsetzender Weise formuliert sind.

Eine Kritik an der Leistung eines Unternehmens ist grundsätzlich auch dann von dem Grundrecht der Meinungsfreiheit aus Artikel 5 GG gedeckt, wenn die Kritik überzogen und scharf geäußert wird. Es gelten strenge Kriterien für die Einstufung als Schmähkritik.

Die Klägerin ist Herstellerin von Hochleistungsmagneten, die der Einsparung fossiler Brennstoffe beim Betrieb von Heizungsanlagen dienen. Sie ist Inhaberin eines eingetragenen Patents in Sachen "Anordnung zur magnetischen Ionisierung eines kohlenwasserstoffhaltigen Treibstoffs sowie deren Verwendung". Die Magnete sollen laut Patentschrift den Verbrennungswirkungsgrad des entsprechend behandelten Treibstoffs erhöhen. Der Beklagte ist Physik- und Architekturabsolvent, arbeitet als Wissenschaftsjournalist und behauptet, die Produkte der Klägerin seien wirkungslos und die Klägerin wisse das.
Diese Meinung äußerte er auch per E-Mail gegenüber einer Kundin der Klägerin und brachte die Produkte der Klägerin mit einem "groß angelegten Schwindel" in Zusammenhang. Die Kundin sei ein Opfer des Betruges und möge Stellung nehmen, ob sie durch ihre Berater zum Kauf der Magneten motiviert worden sei und wie die vermeintliche Effizienzsteigerung überhaupt gemessen wurde.

Die Klägerin mahnte den Beklagten ab und bezeichnete dessen Äußerungen als Schmähkritik. Der Beklagte teilte daraufhin mit, das Abmahnschreiben habe ihn zu dem Entschluss geführt, den Betrug auch im Usenet zu publizieren.

Das Landgericht verurteilte den Beklagten zu Unterlassung der Behauptung, die Klägerin betreibe mit ihren Produkten einen "groß angelegten Schwindel" oder einen "Betrug". Auch die Rede von "Opfern dieses Betrugs" und "Scharlatanerieprodukte" solle der Beklagte unterlassen. Auch dürfe sich der Beklagte nicht unmittelbar an Kunden wenden und müsse rund 2000 Euro Anwaltskosten bezahlen. Die daraufhin vom Beklagten eingelegte Berufung wies das OLG zurück. Die beanstandeten Äußerungen verletze die geschäftlichen Interessen der Klägerin, deren Recht am Gewerbebetrieb sowie deren Persönlichkeitsrecht. Es gehe dem Beklagten nicht vorrangig um die Auseinandersetzung mit der angeblichen Wirkungslosigkeit der Technik, die die Klägerin verwende. Es gehe nur darum, die Firma herabzusetzen.
Er stelle nämlich keinerlei Informationen zur Verfügung, die sich darauf bezögen, warum die Technik der Klägerin nicht brauchbar sein soll. Ohne Erläuterungen sei die Kundin mit dem angeblichen Betrug der Klägerin behelligt worden. Das sei nicht die Art und Weise einer sachlichen Auseinandersetzung, sondern ziele nur auf eine Herabsetzung ab.
Auch dann, wenn man seine Motive als journalistisch ansehen würde, sei an der Einstufung als Schmähkritik nichts zu ändern.
Hiergegen wendet sich der Beklagte mit seiner Revision, der der BGH zum Erfolg verhilft. Laut BGH bestehen keine Ansprüche auf Unterlassung gegen den Beklagten. Die Voraussetzungen des § 824 BGB seien nicht erfüllt, weil die Äußerungen des Beklagten keine Tatsachenbehauptungen seien. Nach dieser Vorschrift habe jemand, der wahrheitswidrig eine Tatsache behauptet, die den Kredit der betroffenen Person gefährden oder sonst für diese nachteilig sein könne, den Schaden zu ersetzen, auch wenn er die Unwahrheit nicht kenne, aber kennen müsse. Vor negativen Werturteilen hingegen biete § 824 BGB keinen Schutz. Tatsachenbehauptungen seien durch objektiven Zusammenhang zwischen Behauptung und Wirklichkeit gekennzeichnet. Werturteile hingegen seien durch subjektive Elemente charakterisiert.

Für eine Einstufung als Tatsachenbehauptung komme es daher darauf an, ob die Äußerung einer Überprüfung zugänglich ist. Das scheide bei Werturteilen aus, da in ihnen das Element der Stellungnahme vorherrsche. Wenn eine Äußerung Tatsachen und Meinungen enthalte und durch Stellungnahme geprägt sei, werde sie als Meinung von Artikel 5 GG geschützt. Wäre das tatsächliche Element ausschlaggebend, könnte der Schutz der Meinungsfreiheit verkürzt werden.

BGH, Urteil vom 16.12.2014, Az. VI ZR 39/14


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Kommentare (1)

  • JLloyd

    30 Januar 2015 um 15:47 |
    Es erstaunt mich, dass man erst vor den BGH ziehen muss um einen Esoterik-Schmarrn als solchen bezeichnen zu dürfen.

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