Erben haben Anspruch auf Zugang zur iCloud eines Verstorbenen
Das Landgericht Münster hat in einem Urteil vom 16.04.2019, Az. 014 O 565/18 die Stellung von Erben im Hinblick auf den digitalen Nachlass eines Verstorbenen gestärkt. So müsse Apple den Erben eines verstorbenen iCloud-Anwenders Zugang zu dem Apple-Service gewähren.
Klage einer Erbengemeinschaft gegen Apple
Geklagt hatten die Erben eines Erblassers (Kläger) gegen die Apple Distribution International ULC mit Sitz in Irland (Beklagte), die als Betreiberin des iCloud-Dienstes fungiert. Diese begehrten den Zugang des bis zum Tod genutzten Benutzerkontos des Erblassers sowie den darin enthaltenen Inhalten. Hiergegen hatte sich die Beklagte im Vorfeld geweigert.
Landgericht gewährte Erben den Zugang zum Konto
Das Landgericht Münster kam letztlich zu dem Ergebnis, dass die Beklagte dem Begehren der Kläger auf Zugangsgewährung nachkommen müsse. Nach den Ausführungen des Gerichts ergebe sich dessen internationale und örtliche Zuständigkeit zunächst aus der zwischen den Parteien getroffenen Gerichtsstandsvereinbarung. Der Erblasser habe mit der Beklagten einen Nutzungsvertrag über den Zugang zu einem in der iCloud abrufbaren Benutzerkonto geschlossen. Hierbei hätten die Vertragsparteien die internationale sowie örtliche Zuständigkeit der Gerichte des Wohnsitzes des Nutzers vereinbart. Außerdem hätten sie das Recht des Staates des gewöhnlichen Aufenthaltes des Nutzers als anwendbares Recht gewählt.
Anspruch des Erblassers ist vererblich
Das Gericht stellte ferner fest, dass der sich grundsätzlich aus dem Nutzungsvertrag ergebende Anspruch des Erblassers auf Zugangsgewährung zu seinem Nutzungskonto vererblich ist. Dieser Annahme stünden gerade nicht das postmortale Persönlichkeitsrecht des Verstorbenen oder andere Rechte entgegen.
Orientierung an BGH-Entscheidung
Das Landgericht orientierte sich bei seiner Entscheidung an einem Urteil des Bundesgerichtshofs vom letzten Jahr. Dieser hatte in einem Urteil vom 12.07.2018, Az. III ZR 183/17 einen ähnlich gelagerten Fall zu beurteilen. In dem besagten Rechtsstreit hatten die Eltern eines verstorbenen 15-jährigen Mädchens auf den Zugang zu deren Facebook-Konto geklagt, um herauszufinden, ob deren Sturz vor eine U-Bahn auf einen Suizid oder lediglich einen Unglücksfall zurückzuführen ist.
Digitale Inhalte stehen Briefe oder Tagebücher gleich
Der Bundesgerichtshof kam im Rahmen der genannten Entscheidung zu dem Ergebnis, dass auch persönliche Inhalte im Internet den Erben zukämen. Es gebe keinen Grund, digitale Inhalte anders zu behandeln als Briefe oder Tagebücher eines Verstorbenen. Diese Rechtsprechung übertrug das Landgericht Münster auf den vorliegenden Fall und gewährte den Erben den Zugang zu einem in der iCloud abrufbaren Benutzerkonto eines Verstorbenen.
Landgericht Münster, Urteil vom 16.04.2019, Az. 014 O 565/18
von Sabrina Schmidbaur, Dipl.Jur.-Univ.