Eilantrag eines Hotelbetreibers gegen kritische Behauptungen auf einer Internet-Hotel-Bewertungsplattform gescheitert
Das Kammergericht Berlin entschied einen Fall, der kritische Nutzerkommentare auf einer Hotelbewertungsplattform im Internet zum Gegenstand hatte. In diesem spannenden Fall, der sich zwischen Meinungs- und Unternehmensfreiheit bewegt, erachteten die höchsten Berliner Richterinnen und Richter die Aussagen, die durch den Antragsteller im Eilverfahren beanstandet wurden, für zulässig (KG Berlin, Beschluss vom 15.07.2011, Az. 5 U 193/10).
Relevante Normen: §§ 3, 4 Nr. 8 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG), § 7 Abs. 2 des Telemediengesetzes (TMG) sowie die §§ 823 Abs. 1 und 1004 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB)
Leitsatz der Redaktion
Der Betreiber eines Bewertungsportals im Internet ist nicht dazu verpflichtete, die von den Usern des Portals eigenständig erstellten Beiträge bzw. Kommentare auf eine etwaige Rechtsverletzung hin zu überprüfen, weil der Betreiber die Plattform lediglich anbietet und dementsprechend nicht der Verfasser der Kommentare ist.
Sachverhalt – Die wichtigsten Fakten des Falls in Kürze
Antragsteller des Verfahrens war der Betreiber eines Hostels. Dieser wollte sich mit einer einstweiligen Anordnung gegen diverse negative Bewertungen wehren, die in dem von der Antragsgegnerin betriebenen Internetplattform, die die Abgabe von Hotelbewertungen ermöglicht, abgegeben wurden. Auf der Hotelbewertungsplattform der Antragsgegnerin hieß es über das Hostel des Antragstellers u. a. dass „die Zimmer verseucht“ und „die Betten mit Bettwanzen befallen“ seien. Nach Ansicht des Antragstellers muss der Hotelbewertungsportalbetreiber für derartige Äußerungen seiner Nutzer haften und die Weiterveröffentlichung dieser und ähnlicher Kommentare auch in Zukunft unterbinden. Es ging also darum, ob das Bewertungsportal eine Pflicht trifft, abgegebene Bewertungen hinsichtlich etwaiger Rechtsverletzungen zu überprüfen.
Keine Prüfungspflichten für Bewertungsportale – Auszug aus den Gründen des Beschlusses
Der Ansicht des Antragstellers schloss sich das Kammergericht nicht an. Es wies den Antrag auf einstweilige Anordnung als zulässig aber unbegründet ab.
In der Begründung des abweisenden Beschlusses heißt es, es gäbe keine Anhaltspunkte dafür, dass der Betreiber des Hotelbewertungsportals die von der Antragstellerin angegriffenen Kommentare bzw. Bewertungen selbst verfasst habe. Streitbefangen waren vorliegend die fremden Behauptungen von Nutzern des Portals, die ihre Kritik anonym durch die Verwendung eines Usernamens verfasst haben, so das Gericht.
Nach Ansicht der höchsten Berliner Richterinnen und Richter kann eine Haftung allerdings nur für eigene Äußerungen angenommen werden. Die Antragsgegnerin gäbe Nutzern jedoch nur die Möglichkeit, eigene Kommentare und Meinungen in Form von Bewertungen abzugeben. Sie schaffe damit zwar generell eine zumindest abstrakt bestehende Gefahr, da jederzeit die nicht ganz fernliegende Möglichkeit bestehe, dass sich Nutzer des Portals hinter dem Deckmantel der Anonymität versteckten und negative sowie wertende Äußerungen über einzelne Hotels abgäben. Allerdings könne aus dieser bloß bei typisierender Betrachtungsweise bestehenden Gefahr keine Pflicht gefolgert werden, Kommentare und Kritiken vor Veröffentlichung auf etwaige Rechtsverletzungen zu überprüfen. Das Portal der Antragstellerin weise außerdem in seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) darauf hin, dass nur zulässige und tatsächlich wahre Aussagen auf dem Portal veröffentlicht werden dürften.
Darüber hinaus bietet – so das Kammergericht – das Bewertungsportal der Antragsgegnerin auch die Möglichkeit an, gegen einzelne Kommentare Widerspruch zu erheben. Im Anschluss an diese Meldung in Form des Widerspruchs würde die Zulässigkeit des monierten Kommentars überprüft werden. Deshalb seien die rechtlichen Interessen der Antragstellerin gewahrt.
Kommentar
Dem Beschluss des Kammergerichts ist zuzustimmen. Er überzeugt. Denn die Betreiberin des Portals trägt den Interessen der Hoteliers in hinreichendem Maße Rechnung. Monierte Kommentare bzw. Bewertungen werden überprüft. Es kann deshalb gefolgert werden, dass den Betreiber zumindest repressive Überprüfungspflichten treffen.
Der Beschluss überzeugt darüber hinaus auch deshalb, weil das Geschäftsmodell der Antragsgegnerin durch eine vor Veröffentlichung aufgebürdete Prüfungspflicht gefährdet werden würde. Schließlich geht mit einer Vorabüberprüfung ein erheblicher personeller und damit auch finanzieller Aufwand einher.
Verbraucher bzw. Hotelgäste dürften sich über den Beschluss also freuen. Denn damit ist die Existenz von unabhängigen Hotelbewertungsportalen weitestgehend gesichert.
KG Berlin, Beschluss vom 15.07.2011, Az. 5 U 193/10